Der Zitronengarten

  • Diana
  • Erschienen: Januar 2014
  • 1
  • Diana, 2014, Titel: 'Der Zitronengarten', Originalausgabe
Der Zitronengarten
Der Zitronengarten
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Rita Dell'Agnese
781001

Histo-Couch Rezension vonMai 2014

Nicht alle Fragen werden geklärt

Luisa Montanari ist völlig geschockt: Nicht nur, dass ihr kürzlich verstorbener Vater den verschollenen Bruder als Haupterben des erfolgreichen Handelsunternehmens eingesetzt hat – er verfügte auch, dass bis zur Rückkehr von Roberto ausgerechnet ihr Onkel das Unternehmen führen soll. Und das, obwohl Luisa die letzten Jahren alles getan hat, um ihrem Vater zu beweisen, dass sie in der Lage ist, in seine Fußstapfen zu treten, auch wenn sie eine Frau ist. Mitte des 18. Jahrhunderts hat sie jedoch schlechte Karten. Wenigstens die Hälfte der alten Mühle, die der Vater vor einiger Zeit gekauft hat, soll gemäß dem Testament Luisa gehören. Das Schlimmste für Luisa aber ist, dass die andere Hälfte Francesca zugedacht ist – einer Tochter ihres Vaters, von der die Familie bis dahin keine Ahnung hatte. Francesca ist indes mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Als Frau eines Rebellen in Sardinien kann sie sich erst in letzter Minute aus einer gefährlichen Situation retten – verliert dabei aber den Kontakt zu ihrem Mann und weiß nicht, ob er überlebt hat. Zusammen mit ihrer Tochter Graziella macht sich Francesca auf den Weg nach Frankfurt am Main, um bei der Familie ihres Vaters Unterschlupf zu finden. Tatsächlich erreicht sie die Stadt – wird aber von Luisa nicht gerade herzlich empfangen. Erschöpft von den Ereignissen und verbittert über die Unfreundlichkeit ihrer Schwester genießt es Francesca, dass wenigstens der Cousin, der mittlerweile von seinem Vater mit der Führung der Geschäfte betraut war, freundlich zu ihr ist. Als Graziella entführt wird, wächst Francesca über sich hinaus, um ihre Tochter wieder zu finden.

Starke Schwarz-Weiß-Zeichnung

Das Autorinnenduo, das sich unter dem Namen Helena Marten zusammen gefunden hat, hat ein Faible für Erzählungen. So ist die Geschichte recht lebendig aufgebaut und vermag es durchaus, die Leserinnen und Leser schnell in den Bann zu ziehen. Allerdings wird mancher von ihnen schon nach kurzer Zeit etwas Tiefe vermissen. Mit ihrem Plot bleiben die Autorinnen eher an der Oberfläche. Sie zeichnen stark schwarz-weiß und verzichten weitgehend auf eine facettenreiche Gestaltung der Figuren oder Handlungen. Gerade bei den Figuren gibt es zudem einige Entwicklungen, die nicht ganz zu überzeugen vermögen. So etwa diejenige Luisas. Zu Beginn ist die junge Frau zwar eine tüchtige Geschäftsfrau, aber sie kann sich nicht durchsetzen – selbst als ihr Cousin sie auf eine schäbige Art und Weise aus dem Büro verbannt, zeigt sie sich eher als graues Mäuschen. Als die kluge Geschäftsfrau, als die das Autorenpaar Luisa schildert, müsste sie hier etwas mehr Durchsetzungskraft haben. Diese gewinnt die junge Frau zwar im Laufe der Geschichte, jedoch auf eine ganz andere Art, als es die meisten Leserinnen und Leser erwarten dürften. Ähnlich verhält es sich mit Francesca, die sich einerseits als umsichtige Kämpferin erweist, andererseits aber eher eine zögernde junge Frau ist.

Nicht ganz schlüssig

Obwohl die Autorinnen eine durchaus spannende Geschichte und ein unerwartetes Familiengeheimnis bieten, gibt es den einen oder anderen Punkt, in dem sie dem Publikum eine Antwort schuldig bleiben. So etwa wird nicht geklärt, was den geschickten Kaufmann Domenico Montanari bewogen haben könnte, nicht nur seine Frau, sondern auch seine beiden Töchter im Testament so schlecht zu stellen und dafür seinem Bruder freie Hand zu lassen, von dem er wusste, dass er wenig Gutes in den Betrieb bringen würde. Wer genau hinsieht, wird zwar den einen oder anderen Hinweis finden, was zu diesem Testament geführt haben könnte, doch scheint die Interpretation denn doch sehr gewagt. Schön ist hingegen, dass es immer wieder zu unerwarteten Entwicklungen kommt, die dem Roman letztlich doch eine gewisse Würze verleihen.

Schöne Bilder

Muss man bei der Handlung den einen oder anderen Abstrich machen, so bleibt doch ein Roman, der von einer dichten Atmosphäre zu leben vermag. Die beiden Autorinnen zeichnen schöne Bilder und nehmen die Leserschaft somit auf eine spannende Entdeckungsreise durch vergangene Zeiten mit. Sehr schön zeigen die Autorinnen auf, wie zu jener Zeit die Handelsunternehmungen funktionierten und wie sich die Gesellschaft entwickelte. Das alles kommt sehr leichtfüßig daher und ist ein geglückter Ausflug in die Geschichte, ohne dass es schulmeisterlich wirken könnte.

Der Zitronengarten ist ein solider historischer Roman, der das Publikum zu unterhalten weiß und einen interessanten Einblick in die Welt der Handelsunternehmungen im 18. Jahrhundert bietet. Auch wenn es ihm etwas an Tiefe fehlt, so erfüllt er dennoch die wichtigsten Kriterien, die einen Roman zum Erlebnis machen.

Der Zitronengarten

Helena Marten, Diana

Der Zitronengarten

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