Mona Lisas dunkles Lächeln
- Styria Premium
- Erschienen: Januar 2014
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- Styria Premium, 2014, Titel: 'Mona Lisas dunkles Lächeln', Originalausgabe
Ein Denkmal für die Mutigen
Im März 1945 befinden sich die vielleicht größten Schätze der Menschheit im Salzkammergut. Dort, in der Saline Altaussee, hat Hitler alle jene Kunstschätze einlagern lassen, die für sein in Linz geplantes "Führermuseum" in allen besetzten Ländern zusammengeraubt wurden. Tausende Gemälde, Skulpturen und Bücher befinden sich bombensicher geschützt in dem Salzbergwerk tief unter den Felsen der Alpen. Zu dieser Zeit kommt die junge Dresdner Restauratorin Anna Ahlrich nach Altaussee. Im Auftrag des Kunstbeauftragten Dr. von Hummel soll sie die Kunstschätze im Bergwerk sichern. Dort aber stellt sie fest, dass Gauleiter Eigruber offenbar eigene Pläne mit den Kunstschätzen hat. Kein Bild, keine Skulptur, kein Buch soll den Alliierten in die Hände fallen. Darum hat Eigruber Fliegerbomben in der Saline einlagern lassen. Diese Bomben sollen vor dem Einmarsch der Amerikaner gesprengt werden und die größten Kunstschätze Europas unwiederbringlich zerstören.
Anna versucht, diese Katastrophe zu verhindern. Aber Salinendirektor Pöchmüller hat keinen Einfluß auf den schier größenwahnsinnigen Eigruber. Weder die Tatsache, dass einmalige Kunstschätze zerstört würden, noch der Fakt, dass die Salinenarbeiter nach der Zerstörung des Bergwerkes keinen Arbeitsplatz mehr hätten, interessieren den Gauleiter. Anna hat es schwer, in dieser Atmosphäre von Angst und Duckmäusertum Verbündete zu finden, die sich gegen Eigrubers Pläne stellen. Erst als es ihr gelingt, den jungen Ingenieur Alfred Hauser auf ihre Seite zu ziehen, kann sie wieder Hoffnung schöpfen.
Wettlauf gegen die eigene Angst
Gerhard Rekel und Dodo Kresse haben mit ihrem Buch all jenen ein Denkmal gesetzt, die in den letzten Kriegstagen den Mut fanden, sich gegen Willkür und Gewalt zu stellen. Dabei haben sich die Autoren weitgehend an den historisch belegten Tatsachen orientiert, wenn auch die Restauratorin Anna und der Ingenieur Alfred Phantasiefiguren sind. Hier wird kein heroisches Spektakel inszeniert. Sehr deutlich spürt der Leser, wie sehr alle Protagonisten gegen ihre Angst, gegen ihre Apathie und auch gegen den antrainierten Gehorsam ankämpfen müssen. Sehr angenehm auch, dass die an der Rettung der Kunstschätze beteiligten Knappen keineswegs als enthusiastische Kunstfreunde dargestellt werden. Das Interesse der Salinenarbeiter hat einen ganz anderen Schwerpunkt: Wenn ihr Arbeitsplatz durch die Sprengung vernichtet wird, haben sie nach dem Ende des Krieges keine Lebensgrundlage mehr. Erst als die Möglichkeit erwähnt wird, dass auch Leonardo da Vincis "Mona Lisa" tief unten im Berg versteckt sein könnte, das berühmteste Gemälde der Welt, gestehen auch die Proletarier den Kunstschätzen einen gewissen Wert zu. Zwar taucht die "Mona Lisa" während des gesamten Romans nicht "persönlich" auf, aber als Motivationshilfe spielt sie eine große Rolle. So erklärt sich letztlich auch der Titel Mona Lisas dunkles Lächeln.
Die Autoren verstehen es, die gespannte Atmosphäre kurz vor dem Ende des Krieges an ihre Leser zu bringen. Sehr deutlich sind die Lebensumstände der Menschen geschildert und die Beweggründe der Protagonisten für ihr Handeln sind für jeden Leser nachvollziehbar.
Kleine Ecken und Kanten
Schade ist allerdings, dass die Autoren keinen Weg gefunden haben, ohne kleine Abänderungen bestimmter historischer Fakten zum Ziel zu kommen. Dabei handelt sich um "kleine" Fakten, die aber jeder, der sie nicht sowieso schon weiß, mit wenigen Mausklicks im Internet herausfinden kann. Die Autoren geben im Nachwort eine Erklärung dazu ab. Wenn man jedoch mit dem realen Sachverhalt vertraut ist, dann wirken diese Änderungen für den Leser zunächst einmal irritierend.
Leider scheint auch die Geschichte der Protagonistin Anna und ihres jüdischen Verlobten Jacob nicht immer ganz stimmig. So hat sich das junge Paar beispielsweise 1937 verlobt, also zwei Jahre nach Inkrafttreten der Nürnberger Rassegesetze. Zwar eine Verlobung in aller Stille, aber in den Augen der Nazis eine unglaubliche Rassenschande.
Allerdings dürften die meisten Leser mit derartigen "Ausrutschern" keine Probleme haben. Und bestehen bleibt, dass Mona Lisas dunkles Lächeln mit 190 Seiten ein zwar recht kurzer, dafür aber spannender und teilweise hochdramatischer Roman ist. Es gibt liebenswerte Protagonisten, in deren Gefühlswelt man sich gut hinein versetzen kann. Und es gibt die (historische leider real existenten) Fieslinge wie Eigruber und Kaltenbrunner als Gegenspieler. Dazu kommt, dass die Autoren das Geschehen im Frühjahr 1945 in Altaussee offenbar akribisch recherchiert haben und der Roman seinen Lesern viele Informationen bietet.
Must have für Kunstliebhaber
Wer gerne durch die Museen und Galerien Europas schlendert, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. Denn so manches Kunstwerk wäre auf immer verloren, wenn der Schacht in Altaussee im Frühjahr 1945 gesprengt worden wäre. Vielleicht nicht gerade die Mona Lisa, denn angeblich sollen die Nazis von ihr nur eine Kopie ergattert haben, aber was immer in den Museen Europas zusammen geklaut, was jüdischen Kunstsammlern genommen, was aus den bombenbedrohten deutschen Städten ins Salzkammergut geschickt wurde – es wäre verschwunden wie das Original des Bernsteinzimmers. Ein Epilog und eine Anmerkung der Autoren beantworten viele der Fragen, die nach Lektüre des Romans vielleicht offen geblieben sein könnten.
Der styria premium Verlag hat den Roman als historischen Thriller bezeichnet, nicht zu Unrecht, auch wenn mancher Leser vielleicht andere Vorstellungen von einem Thriller hat. Spannung gibt es hier allerdings auch reichlich. Ein Buch, das sich gut lesen lässt und das man gerne weiter empfiehlt.
Gerhard J. Rekel, Styria Premium
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