Waterloo oder Die abenteuerliche Reise des Peter Laubheimer

  • Conte
  • Erschienen: Januar 2014
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  • Conte, 2014, Titel: 'Waterloo oder Die abenteuerliche Reise des Peter Laubheimer', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonJun 2014

Beeindruckende Kriegserlebnisse eines unfreiwilligen Soldaten

Neunkirchen im Jahr 1815. Während sehnsüchtig die Rückkehr Napoleons in Frankreich erwartet wird, geht der junge Peter Laubheimer seiner Arbeit in der örtlichen Ziegelei noch, wo er dafür zuständig ist, Ziegellehm in Formen zu pressen. Er ist ein anständiger Junge, der für seine Mutter und seine Schwestern sorgen muss, seit sein Vater 1813 in der Völkerschlacht von Leipzig gefallen ist.

Peters Chef Herr Bernheim lässt ihn eines Tages zu sich rufen und unterbreitet ihm ein unmoralisches Angebot. Er, Peter, solle ein Mädchen heiraten, das ein Kind erwarte, und im Gegenzug wolle er sich um Peters Familie kümmern und wäre finanziell und beruflich abgesichert. Peter überlegt hin und her, doch liebt er seine Josepha, und schließlich sagt er ab.

Noch in derselben Nacht wird er überfallen und verschleppt und findet sich in einem Kasernenhof in Metz wieder, wo er in die französische Armee eingezogen wird und sein Vorgesetzter Chalabert ihn nicht ausstehen kann. Das Heer rückt aus, und es geht Richtung Waterloo …

Soldat wider Willen

Gerd Meisers zweite Novelle aus Napoleons Zeit Waterloo oder Die abenteuerliche Reise des Peter Laubheimer beschreibt auf 233 Seiten, wie ein junger Mann unversehens in die französische Armee kommt und für Napoleon seinen Kopf hinhalten soll. Er ist zwar nicht dumm, aber blitzgescheit ist er auch nicht. Peter kann sich einiges nicht merken, wie Rangabzeichen, wer über wem steht, wohin sie gehen und überhaupt komplizierte Abläufe. Daher ist seine Arbeit in der Ziegelei auch genau das richtige für ihn. Er versteht auch gar nicht, was es mit diesem "Krieg" an sich überhaupt soll.

 

"So plagen mich meine Zweifel. Wie soll ich auf jemanden zielen, mit dem Willen, ihn zu töten, obwohl er mir nichts getan hat? Wie soll ich mit dem Säbel jemanden erschlagen, den ich gar nicht kenne? Warum darf ich im Krieg töten, im normalen Leben aber nicht? Der Krieg ist eine komplizierte Sache."

 

Meiser erzählt die Geschichte aus Peters Ich-Perspektive, und so ist man immer nah dran am Geschehen. Die Geschichte geht recht geradeaus, es gibt keine Nebenhandlungen und somit nur Peters Perspektive. Durch seine klare und doch variable Sprache nimmt der Autor den Leer für sich ein und konstruiert so einen bisweilen sogar spannenden Roman.

Gute Beobachtungsgabe

Das Kriegsgeschehen steht dabei gar nicht mal im Mittelpunkt, denn eigentlich ist Peter so gesehen kein Soldat im eigentlichen Sinne, da er niemals an einer Schlacht teilnimmt. Durch sein einfaches Wesen gewinnt er nur wenige Freunde, da er auch Zielscheibe von Spott, Hohn und willkürlicher Gemeinheiten ist, gerade von seinem vorgesetzten Offizier Chalabert, der ihn immer nur "Madame" nennt. Chalabert wird er auch noch nach dem Krieg begegnen, doch soll hier nicht zu viel verraten werden.

In Jacques und später René hat Peter jeweils einen Begleiter zu Seite, die ihn die Situation reflektieren lassen und wo sich Peter hauptsächlich darüber auslässt, welchen Sinn der Krieg hat, wie es ist, einen Menschen zu töten, wer verantwortlich für seine damalige Entführung ist und ob es seiner Familie gut geht. Hier wird Meiser brandaktuell, denn dies sind wohl die zentralen Fragen, die sich jeder in seiner Situation stellt, ob heute oder vor 200 Jahren.

Immer noch aktuell

Doch auch in seinen Beschreibungen besticht Meiser mit seiner Formulierungskunst. Die Gräuel der Armeeausbildung, des Krieges und vor allem die hygienischen Verhältnisse werden anschaulich und nah geschildert und somit dem Leser ein eindrucksvoller Einblick in die Zeit der napoleonischen Kriege geboten. Dabei legt Meiser auch glücklicherweise Wert auf Details wie Kleidung, Nahrungsversorgung und Hygiene, was alles detailliert und nachvollziehbar beschrieben wird.

Wenn es Peter nach einem strapaziösen Heimmarsch nach Hause schafft und über den Krieg und seine Erlebnisse berichten soll, kann man verstehen, dass er sich so verhält, wie er es tut, unsicher und eben zurückhaltend, zumal wenn die anderen nun wer weiß was für Geschichten erwarten, der Krieg aber nicht so heroisch ist, wie man sich das vorgestellt hat. Auch das ist nachvollziehbar und beeindruckt nachhaltig.

Gerd Meisers Novelle aus dem Conte-Verlag ist ein literarisches Kleinod, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Eindrücklich beschreibt Meiser das Geschehen im Krieg, ohne Protagonisten überhaupt selbst in die Schlacht zu schicken. Soldaten wie Peter gab es wohl öfter, und viele hätten wohl lieber sein Schicksal als ein anderes erleiden mögen. Meiser erfasst Zeit und Situation blendend und nimmt den Leser mit auf einen Marsch durch die französischen Lande, die den Leser mitfühlen lassen. Wer noch immer ein Freund von Krieg und Schlachten ist, sollte hier zugreifen, da kann er noch was lernen. Für alle anderen ist die Novelle eine lohnenswerte Lektüre, die Hoffnung auf mehr aus der Feder des Autors weckt.

Waterloo oder Die abenteuerliche Reise des Peter Laubheimer

Gerd Meiser, Conte

Waterloo oder Die abenteuerliche Reise des Peter Laubheimer

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