Das Geheimnis des Strandvogts

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  • Erschienen: Januar 2014
  • 7
  • , 2014, Titel: 'Das Geheimnis des Strandvogts', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonAug 2014

Ein Toter im Amrumer Watt

Im September 1845 macht der Reiseschriftsteller Johann Georg Kohl eine Forschungsreise nach Amrum. Auf der Fahrt im Leiterwagen von Föhr nach Amrum geht es durch das Watt, doch auf einmal entdecken die Fahrgäste ein Leiche im Watt liegen. Der Tote wurde von einer Harpune getroffen und mit Holzpfählen im Watt festgepflockt.

Die Fahrgäste und der Kutscher entdecken, dass es sich bei dem Toten um Busso Dahl handelt, den Postläufer, der auch für die Markierungen im Watt zuständig war. Sie laden den Körper auf den Wagen und bringen ihn auf die Insel. Kohl, der eigentlich über die Dünen und die Menschen der Insel schreiben wollte, wittert eine unerwartete, interessante Geschichte und beginnt, Fragen zu stellen, die einem Inselneuling zunächst unschuldig von den Lippen kommen.

Schnell lernt er die wichtigsten Menschen auf der Insel kennen, darunter Dina Martensen, eine junge und lebensfrohe Dame, die auf der Insel ihr Auskommen sucht. Sie und der Herumstreuner Nickels helfen ihm, den Fall aufzuklären, während der eigentlich zuständige Strandvogt sich nicht recht rühren will, da er auf Verstärkung vom Festland wartet. Verdächtige gibt es genug, und die Nachforschungen scheinen erfolgreich zu sein, denn irgendwann wird Kohl niedergeschlagen und Dina entführt, daher müssen sie der Wahrheit näher kommen. Und es stellt sich heraus, dass die Insel Amrum und ihre Bewohner doch nicht so beschaulich sind, wie es zunächst scheint. Und zwischen Kohl und Dina scheint es auch mehr als kriminalistisches Interesse zu geben&

Realer Ermittler

Volker Streiter hat bereits einige Amrum-Krimis geschrieben, die in der Gegenwart spielen. Mit Das Geheimnis des Strandvogts wagt er nun zum ersten Mal den Schritt, einen historischen Kriminalroman zu schreiben, der im Jahr 1845 angesiedelt ist, als Amrum verwaltungstechnisch noch zu Dänemark gehörte. Dabei hat Streiter gut recherchiert, denn es kommen in der Geschichte nicht nur fiktive, sondern auch reale Personen vor, die auf Amrum gelebt haben. Zu ihnen gehört Pastor Lorenz Mechlenburg, bei denen der Reiseschriftsteller Kohl, ebenfalls eine reale Figur, während seiner Zeit auf Amrum Unterkunft findet und in Mechlenburgs Sohn Tycho einen an Kriminalgeschichten interessierten Mitstreiter findet, der gelegentlich gute Denkanstösse geben kann zu Missfallen seines Vaters.

Auch die weiteren Figuren der Insel haben ihre Ecken und Kanten. Da ist die alte Meta, die sich mit Kräutern gut auskennt, der Wirt und auch der Strandvogt, der vielleicht mehr mit der Mordsache zu tun hat als man meinen möchte, anders kann man sein zögerliches Herangehen an den Fall nicht erklären. Da gibt es den Kutscher Brahms, der den Toten nicht leiden konnte, und den alten Kapitän Lindhorst, der etwas brummelig ist. Zudem ist zusammen mit Kohl der Kurzwarenhändler Wilhelm Poppenbüttel mit seinem Bauchladen auf die Insel gekommen, wie er es seit einiger Zeit jedes Jahr tut, um den Frauen die neusten Garne und Wolle zu verkaufen.

Als Amrum noch zu Dänemark gehörte

Kohl entdeckt die Amrumer Sitten und Gebräuche, wie die Insel aufgebaut und strukturiert ist und wird von verschiedenen Leuten über die Insel geführt. Er entdeckt das Dünenland für sich, das vom Autor treffend beschrieben wird, und die Landschaft eignet sich hervorragend, um sich oder andere zu verstecken, zumal man sich gut verlaufen kann, wenn es dunkel oder neblig oder beides wird. Eine Kulisse wie gemacht für Kriminalfälle, und somit lässt Volker Streiter seinen Reiseschriftsteller ermitteln.

Streiter trifft sehr gut den Puls der Zeit. Man ist züchtig und darf nicht alles, was man gerne würde. Das zeigt sich vor allem, als sich Kohl und Dina näher zu kommen scheinen, aber vor dem Inseltratsch nicht dürfen, und wirklich allein lässt man die Jungfer mit den Fremden auch nicht. Dafür sorgt auch der geheimnisvolle Streuner Nickels, der nirgendwo auf der Insel gut gelitten ist und der mittel- und heimatlos ist und somit der ideale Schuldige, hinter dem man ein Verbrechen verstecken kann. Doch er ist nicht dumm, auch wenn es manchmal den Anschein hat, und er hilft Dina und Kohl bei der Aufklärung des Falls.

Viele Figuren

Genügend Verdächtige gibt es reichlich, und fast möchte man ein wenig die Übersicht ob all der kleinen Geschichten im Hintergrund verlieren. Doch Streiter kriegt rechtzeitig die Kurve, man muss aber trotzdem am Ball bleiben, um nicht den Faden zu verlieren. Für die Übersicht wäre auch eine Karte der Insel Amrum hilfreich gewesen, um zu verfolgen, wo sich die jeweiligen Szenen des Romans gerade abspielen. Überhaupt verfügt der 280seitige Roman aus dem Hause Prolibris leider über keinerlei Anhänge. Man hätte gerne gewusst, wer von den Personen fiktiv ist und wer real. Dass Kohl eine reale Figur ist, kann man nur aus der kurzen Bibliographie schliessen, wo sein Reisebericht als Quelle erwähnt wird, und dass Pastor Mechlenburg eine reale Figur ist, erkennt man an der Danksagung und wenn man zufällig den Namen bei Wikipedia findet, was nicht zu den Recherchen eines Lesers gehört.

Insgesamt hat Volker Streiter ein gelungenes Histo-Debüt vorgelegt, das sich flott lesen lässt und den Leser in die traute Zeit der Mitte des 19. Jahrhunderts auf die für Histo-Leser ungewohnte Insel Amrum entführt. Die Atmosphäre ist gut eingefangen, die Naturschilderungen passend und die Zeit treffend wiedergegeben. Der Kriminalfall ist recht spannend, zumal wenn man merkt, dass da doch einiges unter dem Amrumer Sandstrand brodelt, was nicht zu ahnen war. Je tiefer man gräbt, desto mehr Geschichten kommen ans Licht und immer mehr Menschen sind in den Fall verstrickt. Hier droht die Geschichte, unübersichtlich zu werden, aber am Ende ist alles klar. Lobend erwähnt werden soll auch das gelungene und passende Buchcover, das den Leser bereits auf die Atmosphäre des Romans einstimmt. Hier kann sich mancher Verlag ob seiner einfallslosen Cover eine Scheibe von abschneiden. Warum der Verlag allerdings den Buchtitel Das Geheimnis des Strandvogts gewählt hat, bleibt bis zum Schluß schleierhaft.

Die Biographien der Herren Kohl und Mechlenburg würden es zulassen, dass es weitere Fälle und Ermittlungen auf Amrum geben könnte. Wenn Streiter hier weniger Personal verwendet, ansonsten aber seinem Stil treu bleibt, könnte das der Beginn einer erfolgreichen Reihe sein. Hoffentlich macht der Autor künftig des Öfteren Ausflüge ins Histo-Genre.

Das Geheimnis des Strandvogts

Volker Streiter, -

Das Geheimnis des Strandvogts

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