Rechnung über meine Dukaten

  • Salis
  • Erschienen: Januar 2014
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  • Salis, 2014, Titel: 'Rechnung über meine Dukaten', Originalausgabe
Rechnung über meine Dukaten
Rechnung über meine Dukaten
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Carsten Jaehner
901001

Histo-Couch Rezension vonSep 2014

Der König und seine Langen Kerls

Berlin 1716. König Friedrich Wilhelm I. frönt seiner neuesten Sammelleidenschaft. Allen Genuss und jeder Tändelei und Tandaradei ablehnend, hat er sich nicht umsonst den Titel Soldatenkönig verdient und steckt jeder Münze in die Armee. Sein neuestes Steckenpferd sind die Langen Kerls, über sechs Fuss grosse Männer, muskulös und ansehnlich, die jeden Gegner schon beim blossen Anblick das Fürchten lehren sollen.

Alle Gedanken des Königs kreisen um seine neuen Lieblinge, und er hat einige Schergen quer durch Europa geschickt, um neue anzuwerben, wobei ihm letztlich egal ist, wie sie kommen, warum und wie teuer sie sind, er will sie einfach haben, haben, haben. Dass bei Vorauszahlung so manche Lieferung ausbleibt, nimmt er gelassen hin, kann so etwas ja schon einmal passieren. Auch der junge Gerlach wird aus Potsdam geholt, und ausgerechnet dieser, der bislang grösste in des Königs Sammlung, verliebt sich bei der Einlieferung in die Bäckerstochter Betje, die ebenfalls eine Riesin ist und ihm ebenfalls zugeneigt. Doch ist es schwierig, sich wiederzusehen.

Während der König nebenher aus Langeweile seine brutalen Späße mit dem Beamten und Schwätzer Gundling treibt wobei er es sogar so doll treibt, dass er selbst ein schlechtes Gewissen bekommt -, kommt mit dem Riesen Henrikson ein Hüne aus Norwegen, der sich gegen alles weigert. Sie ersinnen einen Plan zur Flucht, doch da kommt der König auf die Idee, Riesen zu züchten und sein erstes Zuchtpaar sollen ausgerechnet Betje und Gerlach werden. Doch Majestät haben nicht alle Aspekte seines Plans bedacht...

Äußerst gelungen

Schon einmal vorweg: Wer sich bei dieser Lektüre nicht amüsiert, ist selbst schuld. Thomas Meyer schafft es scheinbar mühelos, den Leser ans Berliner Schloss zu holen und ihm die Rekrutierung der berühmten Langen Kerls zu präsentieren, sie sie auch in ihren Details noch so fragwürdig. Dabei wird der König fast wie ein kleines Kind beschrieben, das - ich will, ich will, ich will- neue Kerls braucht und dafür ordentlich tief in die Tasche greift. Sehr um Unbill seines Finanzministers Creutz, der alsbald resigniert, dessen Permission aber abgelehnt wird.

Meyer versammelt eine bunte Schar an Charakteren bei Hofe, darunter allerlei Schranzen, Möchtegern-Günstlinge und solche, die es bereits sind oder noch werden wollen. Doch der König wird nicht geliebt, sondern gefürchtet, was er selber gar nicht versteht, da er sein Volk ja auch liebt. Seine auf sich selbst beschränkte Sicht lässt ihn nicht verstehen geschweige denn darüber nachdenken, dass die Menschen vielleicht nicht geprügelt werden wollen, vielleicht nicht mit Gewalt in die Armee gepresst werden wollen oder auch nur einfach nicht gequält werden wollen. Die Erkenntnis wird irgendwann kommen, doch erst nach sehr langer Zeit.

Lange Kerls über alles

Neben König Friedrich Wilhelm I. ist auch sein Finanzminister Creutz eine tragende Figur des Romans, der versucht den König auf seine Verschwendungssucht aufmerksam zu machen. Doch da dieser nichts auf eine luxuriöse Jacht oder ein aus vielen kleinen Bernsteinen zusammengestelltes, leuchtendes Zimmer hält, tauscht er sie lieber gegen lange Kerls aus Russland, die ihm der Zar Peter neben einigen anderen Kleinigkeiten verspricht. Creutz dreht fast durch, und natürlich wird der Großteil der Lieferung Preußen niemals erreichen.

Was sich hier teilweise dramatisch anhört und es ja auch eigentlich ist, wird von Autor Thomas Meyer in einer Weise formuliert, die den Roman jedoch leichtfüssig macht und flott lesen lässt. Hierzu bedient er sich der alten Sprache, derer er sich sowohl in der wörtlichen Rede als auch im Erzähltext bedient. So auch, als der König den Riesen Gerlach kennenlernt.

 

"Oh, er kann nicht lesen?"

Gerlach schüttelte vorsichtig den Kopf.

"Er wird es später lernen", winkte Friedrich Wilhelm ab. "Für die Religion und das Militair braucht man es. Ansonsten ist es eine Blackscheißerei, zu nichts nutze."

Gerlach nickte.

"Lesen ist etwas für die Belletristen", sagte der König. "Eine unheimliche Bande. Sitzen mit ihren Büchern in den Sesseln, anstatt zu arbeiten!"

Er blickte Gerlach an wie ein empörter kleiner Junge.

Gerlach nickte erneut.

Der König schimpfte noch einmal auf das faule Pack der Leser und sagte: "Gute Nacht! Man wird Ihn um fünfe wecken."

So ließ er den Riesen allein.

 

Worte wie itzo, gestelzte Formulierungen, auch von Czar Peter, geben dich die Klinke in die Hand, und so kann man sich eines dauerhaften Lächelns während der Lektüre nicht erwehren. Hier hat der Autor ganze Arbeit geleistet und den Leser somit auch sprachlich nach Preußen geholt. Beeindruckend, vor allem für ein Buch aus dem Salis Verlag, der in Zürich beheimatet ist.

Rechnung über meine Dukaten dürfte einer der wenigen Romane sein, der auf der Innenseite eine halbseitige Erklärung zum Covermotiv gibt, auf dem ein Langer Kerl voltigiert. Weitere Extras sind eine Danksagung des Autors und eine Bibliographie. Schön wären auch ein paar Bemerkungen gewesen, welche der Charaktere real und welche fiktiv sind, leider fehlt dies.

Leser dieses Romans werden neben guter Unterhaltung auch viel über die Rekrutierungsmethoden der preußischen Armee lernen und über das Leben und Verhalten des Königs insbesondere. Habet ein ausserordentlich Commercium und lehnet euch in euerem Fauteuil zurück, nehmet das Buch trotz Majestätens Warnung zur Hand und amüsieret euch. Sehr gelungen.

Rechnung über meine Dukaten

Thomas Meyer, Salis

Rechnung über meine Dukaten

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