Die Inselkrähe von Mirow
- Hinstorff
- Erschienen: Januar 2014
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- Hinstorff , 2014, Titel: 'Die Inselkrähe von Mirow', Originalausgabe
Ein erfrischender und frecher historischer Krimi mit überraschendem Schluss
Das Jahr 1761 war nicht besonders ereignisreich. Einzig der allmählich abebbende Siebenjährige Krieg zwischen Preußen und Österreich bzw. Frankreich und England sorgte in Europa für Unruhe. Weder in der Wissenschaft noch in der Kunst wurden Großtaten vollbracht. Einzig auf gesellschaftlichem Gebiet gab es im September etwas zu feiern: Der englische König Georg III. heiratete die siebzehnjährige Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz. Sophie Charlotte sollte immerhin 57 Jahre lang britische Königin bleiben, außerdem war sie Kurfürstin von Braunschweig-Lüneburg und später Herzogin von Hannover. Die Geschichte ihrer Regierungszeit kann als durchaus erfolgreich bezeichnet werden, die Geschichte ihrer Inthronisation bzw. ihr Weg nach England lässt aber Raum für Spekulation. Und hier greift Frank Pergande ein, der das Frühjahr eben dieses Jahres 1761 zum Zeitpunkt seines Krimis wählt und Mirow, den Geburtsort von Sophie Charlotte, als Schauplatz.
Hochzeitsglocken
Herzogin Elisabeth Albertine von Mecklenburg-Strelitz ist bereits todkrank. Ihr letztes noch verbliebenes Lebensziel ist es, ihre Tochter Sophie Charlotte zu verheiraten. Nach Sangers- oder Sonderhausen, wie man im Hofstaat immer wieder munkelt, in irgendein kleines Herzogtum also, wo nicht allzu viel Politik gemacht wird. Wie sollte es auch anders sein, kämpft doch das Haus Mecklenburg-Strelitz schon längere Zeit um seine Bedeutung und sorgt sich, zwischen Schwerin und Berlin zum Spielball zu werden.
So richtig kommen die Ereignisse allerdings erst ins Rollen, als eine Kutsche auf den Schlosshof fährt, aus der ein erstochener Gesandter fällt. Die Herzogin beauftragt den Drost zu Raden mit den Ermittlungen, ihm zur Seite steht die Hofdame Luise Ernestine von Gagern, ihrerseits Benimm-Lehrerin der Prinzessin. Sie schreibt jene Briefe, aus denen der Roman besteht. Empfänger ist Ernst Ahasverus von Lehndorff (eine historische Figur), Kammerherr der preußischen Königin Elisabeth Christine. Aus diesen Briefen erfahren die Leser die Ereignisse, die einen weiteren Todesfall, einen versuchten Mord (durch Brandstiftung), einen preußischen Deserteur und jede Menge Klatsch und Tratsch aus den Gängen und Sälen des Mirower Schlosses enthalten.
Alles voller Nebelkerzen
Im Mittelpunkt stehen wider Erwarten jedoch nicht die Ermittlungen des Drost von Raden, sondern die Erlebnisse der Briefschreiberin, die zumindest teilweise ebenfalls als Ermittlungen gelten können. Dadurch wird das Tun des Drost vernebelt, was sich am Ende als Pergandes Geniestreich herausstellt. Das Fräulein von Gagern und damit der Leser bekommt nämlich gar nicht mit, wie von Raden in seinen Ermittlungen voran schreitet und schließlich die Schlinge um den Mörder zuzieht. So ist die Schlusspirouette des Romans die eigentliche Überraschung in der Rückschau jedoch an vielen Kleinigkeiten absehbar. Trotzdem soll sie hier nicht verraten werden. Nur soviel: Der Tote stellt sich als Gesandter aus Hannover heraus, der die Heiratswillig- und -fähigkeit der Prinzessin überprüfen soll. Sein Tod sollte den Kontakt nach England und damit eine einflussreiche Heirat ins Ausland verhindern. Das alles klärt der Drost in einem Showdown à la Agatha Christie am Ende des Romans auf. Somit kann Prinzessin Sophie Charlotte ungefährdet den nächsten britischen Gesandten empfangen, im August 1761 nach England reisen und am 8. September König Georg III. heiraten.
Frank Pergande, Hinstorff
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