Kinder der Freiheit
- Lübbe
- Erschienen: Januar 2014
- 15
- Lübbe, 2014, Titel: 'Edge of Eternity', Originalausgabe
Würdiger Abschluss der Jahrhundert-Trilogie
Das Einzige, was hier falsch ist, ist die Mauer - Europas Weg in die Freiheit. Der Zweite Weltkrieg ist vorbei, die Welt ist neu geordnet und in zwei widerstreitende Lager geteilt. Der würdige Abschluss der Jahrhundert-Trilogie.
Wohin führt der Weg der Welt?
Der Zweite Weltkrieg ist vorüber, Berlin ist eine geteilte Stadt. Lady Maud von Ulrich lebt mit ihrer Tochter Carla und deren Familie im sowjetischen Sektor, das Familienunternehmen ist im westlichen Teil der Stadt. Zu Beginn des Jahres 1961 ist ein Übertritt von einem Sektor zum anderen noch unproblematisch. Allerdings zeigen sich bereits erste Anzeichen von Kontrolle und Reglementierung im östlichen Teil, die Stasi zeigt zunehmend ihr dunkles Gesicht. Rebecca Hoffmann, die adoptierte Tochter von Carla, muss einen Stasispitzel in engster Nähe erkennen und zieht daraus die Konsequenz, sie plant den Gang in den Westen, denn im Osten hat sie keine Chance mehr mit einem Stasiagenten als Feind. Doch der Mauerbau kommt ihren Plänen zuvor und ihr bleibt nur die Flucht. Auch ihr Bruder Walli, ein begeisterter Musiker, sieht seine Zukunft nicht in der Enge der DDR und sucht einen verhängnisvollen Ausweg. Dies wird sein zukünftiges Leben prägen und ihn nicht mehr loslassen.
Russland vom Regen in die Traufe nichts hat sich verändert
In Moskau ist Grigori Peschkow als verdientes Parteimitglied inzwischen im Ruhestand. Sein Enkel Dimka ist als Berater von Chruschtschow Teil der sowjetischen Führung geworden. Der Kreml ist sein Leben und bestimmt sein Denken und Handeln. Mit Breschnew und Andropow wachsen jedoch auch seine Zweifel. Seine Zwillingsschwester Tanja ist als Journalistin bei der TASS ebenfalls Teil der russischen Elite, aber sie sieht die Schwächen des Systems und ist bereit, daraus auch unbequeme Schlüsse zu ziehen. Sie hat Kontakt zu Regimekritikern und wird gezwungen sein, ein Doppelleben zu führen. Dieses führt sie nach Kuba und Warschau, wo sie die Befreiung vom sowjetischen Regime miterleben wird.
USA Bürgerrechtsbewegung, Rassenunruhen und ein charismatischer Präsident
In den USA ist John F. Kennedy inzwischen Präsident. Seine Amtszeit ist geprägt vom Bau der Berliner Mauer, der Kubakrise und innenpolitisch durch die Rassenunruhen im Süden des Landes. Die Rassentrennung wird in einigen Staaten mit unnachgiebiger Härte verfolgt, Dr. Martin Luther King hat den Kampf um die Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung begonnen. George Jakes, der Sohn von Greg Peshkov, ist als schwarzes Gesicht im Umfeld von Justizminister Robert Kennedy eng mit dem Geschehen verbunden. Die Attentate auf die Kennedy-Brüder werden auch sein Leben nachhaltig prägen und er wird erkennen, wie schwer der Kampf um Gleichstellung und damit die Erfüllung seiner Träume sein wird. Cameron, der Enkel von Senator Gus Dewar, wird als Anhänger der Republikaner Mitarbeiter bei Präsident Nixon und später Mitglied der CIA. Er geht damit einen ganz anderen Weg, doch auch er muss erkennen, dass Politik ein zuweilen schmutziges Geschäft ist und sich nicht alle Wünsche erfüllen.
Kalter Krieg und die Hoffnung auf Frieden und Freiheit
Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Welt gespalten und der Kalte Krieg auf dem Höhepunkt. Präsident Kennedy spricht von Frieden, doch das Wettrüsten beginnt. Die Kubakrise schrammt knapp am Dritten Weltkrieg vorbei und die atomare Bedrohung ist allgegenwärtig. Alle diese Geschehnisse werden von den bekannten Familien erlebt und durchlitten. Im Mittelpunkt stehen nun die Enkel der vertrauten Protagonisten aus dem ersten Teil. Sie müssen sich mit der neuen Weltordnung arrangieren und ihren Platz im Leben finden.
Die ganz unterschiedlichen Blickrichtungen auf die Weltpolitik bleiben und dadurch entsteht auch in diesem dritten Teil ein umfassenden Bild vor allem der politischen Ereignisse in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Obwohl die Begebenheiten bekannt sind, gelingt es dem Autor einen Spannungsbogen zu erzeugen, wie die Geschehnisse von den Menschen erlebt werden und wie sie sich darin bewähren. Inzwischen sind die Familien allesamt Mitglieder der jeweiligen Eliten ihres Landes und es fehlen eine wenige der walisischen Bergleute, die russischen Fabrikarbeiter und Dienstmädchen des ersten Teils. Selbst die Enkel, die nicht in der politischen Führung ihres Landes arbeiten sind Popstars, Schauspieler und Journalisten. Der Blick auf die Geschehnisse erfolgt durch die am politischen Prozess Beteiligten und weniger die einfachen Menschen auf der Straße.
Am Horizont zieht die Hoffnung auf
Auch der Abschluss der Trilogie ist ein literarischer, absolut spannender Geschichtsunterricht, der von den Schrecken durch Unterdrückung und Gewalt erzählt, deren Folgen von den Menschen auf der ganzen Welt getragen werden müssen. Der aber auch zeigt, dass die Hoffnung auf ein gleichberechtigtes Miteinander nie aufgegeben werden sollte und Veränderungen möglich sind, wenn die Menschen nur lange und stark genug dafür kämpfen. Die eindrucksvollsten Beispiele hierfür mögen der Marsch auf Washington und der Arbeitskampf der Solidarnosc in Polen sein.
Die Trilogie bietet einen abwechslungsreichen und höchst reizvollen Lesegenuss, der das 20. Jahrhundert in allen seinen Facetten zeigt und den Leser im Vertrauen auf die verändernde Kraft der Hoffnung auf Frieden und Freiheit zurückblicken lässt.
Ken Follett, Lübbe
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