Das Rosenholzzimmer
- Goldmann
- Erschienen: Januar 2014
- 4
- Goldmann, 2013, Titel: 'Thornwood House', Originalausgabe
Der etwas andere historische Roman
Die Fotografin Audrey Kepler steht an einem Wendepunkt ihres Lebens. Sie kann sich zwar mit ihren Aufträgen knapp über Wasser halten und sich mit ihrer Tochter Bronwyn durchs Leben schlagen. Da nimmt sich Bronwyns Vater Tony das Leben. Obwohl er sich schon vor einiger Zeit von Audrey getrennt hatte, um eine andere zu heiraten, ist sie fassungslos. Erst recht, als sie erfährt, dass er Audrey und seiner Tochter das Haus eines Großvaters in Queensland vermacht hat ein stattliches Anwesen, von dem Audrey und ihre Tochter leben können. Gegen ihre ursprüngliche Absicht, das Haus sofort zu verkaufen, ist Audrey so von dem Anwesen fasziniert, dass sie beschließt, ihr Leben in Melbourne aufzugeben und sich in Queensland eine neue Existenz aufzubauen. Bronwyn ist begeistert. Sie ahnt nicht, dass ihre Mutter auch deshalb so auf Thornwood House konzentriert ist, weil sie spürt, dass das alte Haus ein besonders Geheimnis verbirgt. Besonders das etwas abseits gelegene Rosenholzzimmer scheint von einem Geist durchdrungen. Audrey findet nicht nur eine Fotografie, die sie nicht mehr los lässt, sie entdeckt auch einen Liebesbrief und fällt immer wieder in Trance, in deren Verlauf sie Szenen aus der Vergangenheit erlebt. Als Audrey erfährt, dass Bronwyns Urgroßvater beschuldigt wurde, eine junge Frau getötet zu haben, will sie unbedingt mehr über die Vergangenheit erfahren. Helfen sollen ihr dabei ihre neuen Freunde, besonders aber die Pilotin Corey. Nicht allen aber gefällt es, dass Audrey in der Vergangenheit wühlt.
Rückblende in die Kriegsjahre
Anna Romers Roman ist kein klassischer historischer Roman. Die meiste Zeit spielt der Roman in der Gegenwart einer australischen Kleinstadt. Und dennoch passt zumindest teilweise das Genre. Denn die Autorin schafft es, die gesellschaftlichen Zwänge der früheren Jahrzehnte sichtbar zu machen. Die Geschichte der jungen Aylish ist in der Zeit des Zweiten Weltkriegs angesiedelt. Die Tochter eines weißen Predigers und einer Aborigine-Frau hat es nicht leicht, ihre gesellschaftliche Stellung zu behaupten. Erst recht, als sie ein uneheliches Kind zur Welt bringt der Vater des Kindes ist an der Front und kehrt schließlich als gebrochener Mann in seine Heimat zurück. In der Nacht, nachdem es zwischen ihm und seiner Geliebten in der Öffentlichkeit zu einer Auseinandersetzung gekommen ist, stirbt die junge Frau. Obwohl diese Szene selber nur eine kurze Sequenz im Roman ist, ist sie das tragende Element, auf dem sich fächerförmig eine tragische Geschichte ausbreitet. Anna Romer lässt dabei kaum etwas aus. Und damit schießt sie leider auch etwas über das Ziel hinaus und befrachtet ihren Roman etwas zu stark. Sie mischt alle möglichen Elemente. Zwar tut sie das virtuos und verliert bei keinem einzigen Strang den roten Faden aber sie nimmt durch die Fülle dem Detail das gewisse Etwas.
Figuren sind zu oberflächlich
Die zweite Schwäche des Romans ist die Figurenzeichnung. Natürlich gibt es auch hier gute Ansätze. Besonders Luelle, Tonys Mutter, bekommt im Laufe der Geschichte unerwartet viel Tiefe. Lasch bleibt hingegen Audrey, die als Hauptperson etwas mehr Konturen haben dürfte. Ihre Lebens- und Liebesgeschichte ist eher durchschnittlich und lässt keinen großen Spielraum der Phantasie. Sehr schnell ist klar, worauf Audrey zusteuert und danach empfindet man sie bestenfalls noch als Transportmittel, um den Rest der Geschichte vernünftig erzählen zu können. Anna Romer hätte sich absolut auf den Vergangenheitsteil beschränken können, und dabei einen sehr spannenden, vielschichtigen Roman vorgelegt. Sowohl von der Figurenzeichnung her als auch von der Tiefe der erzählten Geschichte ist da nämlich viel zu holen.
Die Frage, wie die Gesellschaft mit den ledigen Aborigine-Müttern umgeht und welchen Stellenwert Mischlingskinder haben konnten, ist gut beleuchtet und weckt Neugier auf mehr. Auch die gespannte familiäre Situation bei Tony und dessen Schwester Glenda, die bei einem mysteriösen Unfall ums Leben kommt, ist ein typisches Zeichen der Nachkriegszeit, in der es vor allem darum geht, den Schein nach außen zu wahren und ein Zerbrechen der Idylle nicht zuzulassen. Letztlich ist es aber vor allem das Schicksal des später als Mörder verdächtigten Großvaters von Bronwyn, das einen sehr komplexen Themenkreis erschließt. Er gerät im Zweiten Weltkrieg in japanische Gefangenschaft und muss dort unter schwierigen Verhältnissen eine schwere Zeit überstehen was nicht ohne Auswirkungen auf seine Psyche bleibt. Vor diesem Hintergrund kann Das Rosenholzzimmer durchaus als historischer Roman verstanden werden.
Anna Romer, Goldmann
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