Leo Baeck - Geschichte eines deutschen Juden
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- Erschienen: Januar 2012
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- , 2012, Titel: 'Leo Baeck - Geschichte eines deutschen Juden', Originalausgabe
Ein Leuchtturm in der Dunkelheit
Leo Baeck (1873 - 1956) war einer der großen Rabbiner des deutschen liberalen Judentums. Viele Jahre war er unumstritten der Repräsentant und die politische Führung der deutschen Juden. Aus der Provinz Posen führte ihn sein Weg nach Düsseldorf, nach Berlin und schließlich nach Theresienstadt. Er hätte Deutschland verlassen können, aber er blieb. Mit seinem Volk teilte er die Not, das Leid und das Sterben. Es gelang ihm zu überleben und er verbrachte seine letzten Jahre in England, wo er 1956 starb. Aber was machte diesen Mann so groß, so bedeutend? Und was verlieh ihm die Kraft, auch unter widrigsten Umständen zu seinen Überzeugungen zu stehen?
Waldtraut Lewin geht diesen Fragen in ihrer Biographie nach und zeichnet dabei das Bild eines ganz besonderen Menschen, dessen Wirken weit bis in unsere Zeit reicht und dessen Werke noch immer ihre Gültigkeit bewahrt haben.
Annäherung an einen Menschen
Leo Baeck. Geschichte eines deutschen Juden ist kein Roman, auch wenn auf dem Umschlag das Wort "Romanbiographie" prangt. Waldtraut Lewin hat einen eher dokumentarischen Stil gewählt und schrieb die Geschichte Leo Baecks in ähnlicher Art und Weise, wie sie auch schon die Biographien Caesars und Händels erzählte: Mit großer Sorgfalt, mit hohem Rechercheaufwand und einem liebevoll kritischen Blick auf den Menschen, von dem sie berichtet. So bleibt der Autorin Raum, nicht einfach nur die rein biographischen Daten aufzuschreiben, sondern ihre Leser sehr intensiv mit der Zeit bekannt zu machen, in der Leo Baeck lebte, mit den Orten seines Wirkens, mit den ideologischen und religiösen Strömungen, die er erlebte. Es gibt kurze, sachkundige Erklärungen zu jüdischen Riten ebenso wie Exkurse in die Politik.
Immer wieder lockert die Autorin allerdings diese Biographie mit romanhaften Sequenzen auf die spüren lassen, wie stark Waldtraut Lewins Phantasie hier angeregt wurde und wie sehr es sie möglicherweise auch in den Fingern kribbelte, tatsächlich einen biographischen Roman zu schreiben. Diese Sequenzen ermöglichen es auch dem Leser, den Kopf von den nüchternen Fakten zu heben und Bilder vor seinem geistigen Auge entstehen zu lassen. Dies ermöglicht eine intensive Annäherung an den Menschen Leo Baeck und so bietet diese Kombination aus dokumentarischer Biographie und einigen Romanszenen wohl weitaus mehr, als es allein ein Roman oder allein eine Dokumentation vermocht hätten.
Querdenker und aufrechter Mensch
Leo Baeck. Geschichte eines deutschen Juden ist ein hervorragend recherchiertes und sehr sensibles Buch über einen Mann, der sein Leben dem Miteinander verschiedener Religionen und Auffassungen, der Toleranz und der Achtung vor anderen Menschen gewidmet hat. Eine Biographie über einen Querdenker und aufrechten Menschen, der auch in der Hölle von Theresienstadt nicht seine Integrität verlor.
Leo Baeck ist unumstritten eine der herausragenden Persönlichkeiten des deutschen Judentums. Fast sechzig Jahre nach seinem Tod (2012) wurde diesem Mann eine ausführliche Biographie gewidmet, die auch einem breiten Publikum zugänglich ist und nicht nur kurz in einer Fachzeitschrift auftaucht. Dafür ein großer Dank an das Gütersloher Verlagshaus! Leider ist die Hardcover-Ausgabe nur mit einem einzigen Foto von Leo Baeck ausgestattet, auf dem Schutzumschlag. Ein Nachwort gibt es nicht, aber im letzten Kapitel zieht die Autorin ihr Resümee: "...ein großer Gelehrter und ein großer Lehrer, ein Weiser seines Volkes. Ein Mensch." Es bleibt zu hoffen, dass die Biographie ihre Leser findet, Menschen, die neugierig sind auf diesen Weisen seines Volkes und vielleicht auch auf sein Volk.
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