Newton Forster - Im Dienst der Company
- Kuebler
- Erschienen: Dezember 1901
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- Kuebler, 1832, Titel: 'Newton Forster or the Merchant Service', Originalausgabe
Eine Karriere für die Ostinidien-Kompanie
Im England des ausgehenden 18. Jahrhunderts war die Schifffahrt hoch angesehen und zahlreiche Karrieren waren entweder für König und Vaterland unterwegs oder trieben Handel für Gesellschaften wir die Ostindien-Kompanie. Wer sich bewährte, konnte eine eindrucksvolle Karriere hinlegen, einfacher war erst allerdings, wen man von blauem Blut oder von pekuniärem Adel war.
In dieser Zeit wächst der junge und strebsame Newton Forster auf, dessen Vater ein mehr oder weniger erfolgreicher Optiker ist und dessen Mutter ihre Familie drangsaliert und ärgert. Als die Mutter zum Spaß von allen Freunden dermaßen geneckt wird, dass sie in die Heilanstalt für psychisch kranke Menschen kommt, kommt sie da leider nicht so einfach wieder heraus wie gedacht und wird vergessen, zumal Newton zur See fährt und der Vater in eine andere Stadt ziehen muss, da sein Geschäft verpfändet wird. So verliert sich die Familie aus den Augen, und Newton bewährt sich auf See.
Seine Abenteuer führen ihn über die Jahre auf die Kanaren, in die Karibik und nach Indien und China und zwischendurch immer wieder in die Heimat, wo er immer wieder seinen Vater aufsucht. Er lernt auch dessen beide Brüder kennen und bittet einen Onkel darum, sich in seiner Abwesenheit um den Vater zu kümmern. Beim Untergang eines Schiffes und einer Meuterei landet Newton gar auf einer einsamen Insel und muss, auf sich allein gestellt, sehen, wie er wieder nach England kommt. Doch lernt er gerade, als er für die Ostindien-Kompanie tätig wird, eine nette junge Dame kennen, die schüchtern sein Herz erobert und er das ihre, alles mit der gebotenen Zurückhaltung. Doch sind beider Väter gegen die Verbindung, aber die Zeit spielt für die beiden.
Gelungene Ausgrabung maritimer Unterhaltung
Mit Frederick Marryat hat der Kuebler-Verlag einen lange vergessenen Autor wieder ausgegraben und will nun in einer Neuedition und teilweise Erst- und Neuübersetzung das literarische Werk dieses ehemaligen Seefahrers wieder neu beleben. Dass sich eine Beschäftigung damit lohnt, zeigt der Roman Newton Forster der Freunden von historischer maritimer Unterhaltung eine würdige Ergänzung im Bücherregal sein dürfte.
Nicht von ungefähr verarbeitet Marryat in seinen Romanen vor allem auch eigene Erlebnisse, die er dem Leser präsentiert, wie es nur jemand kann, der es selbst miterlebt hat. Dass ein Kapitän, unter dem Marryat diente, Vorbild für Autoren wie C. S. Forester und Patrik OBrian wurde, passt dabei ins Bild und macht Marryat zu einem frühen Vorbild für Generationen von Seefahrer-Romanen.
Launige Erzählung
Der knapp 300 Seiten lange Roman unterhält dabei den Leser von der ersten Seite an. In einem lockeren Stil führt Marryat den Leser durch das Leben Newton Forsters, seine Eltern, seine beiden Onkel und viele weitere Nebenpersonen. Trotz des grossen Aufwands an Personal behält er immer den Überblick, und man muss dem Autor zugutehalten, dass er jeden Handlungsfaden, den er einmal im Laufe des Romans angefangen hat zu spinnen, am Ende auch zu einem Schluß geführt wird, selbst solche, die man bereits vergessen hat.
Newton Forster als Protagonist erlebt in seinen jungen Jahren einige Aufs und Abs. Genaue Zeitabläufe werden nicht beschrieben, aber der Roman umspannt gut und gerne mehr als zehn Jahre, in denen Newton seine Karriere vorantreibt. Dabei sind ihm, der weder Geld noch blaues Blut besitzt, vor allem seine Intelligenz und natürlich gelegentlich der Zufall zu Hilfe. Doch alles hält sich die Waage, und so kommt ein stimmiges Bild zustande.
Marryat pflegt einen verständlichen Erzählstil, wenngleich manchmal Begriffe auftauchen, die man als Landratte nicht unbedingt versteht, hingegen einige Begriffe, die dem Leser durchaus geläufig sein dürften, in Fußnoten erklärt werden. Hervorstechend ist jedoch neben dem Humor, der gelegentlich durch die Zeilen blitzt, vor allem die lebensnahe Darstellung des Lebens auf See und auch des Lebens an Land, wie es um die Jahrhundertwende vom 18. ins 19. Jahrhundert vor sich ging. Hier erweist sich Marryat als guter Beobachter und Erzähler, der den Leser mit einigen Anekdoten und auch alltäglichen Geschichten durch das gesellschaftliche Leben der Zeit führt. Gerade die so oft bemühte britische Steifheit in der Gesellschaft, die heutige Leser schier in den Wahnsinn treiben würde.
Gute Historie
Marryats Personenzeichnung ist angemessen und bietet für jeden Geschmack das richtige. Ob Newtons versnobter Onkel, der eigentlich lieber allein sein möchte und mit Frauen schon mal gar nichts zu tun haben möchte, diverse Matrosen und Vorgesetzte oder Isabel Revel, die junge Dame des Herzens von Newton, der Leser bekommt ein buntes Panoptikum an Persönlichkeiten serviert, dass letztlich ein hervorragendes und stimmiges Bild der Zeit ergibt.
Dass ein bei einem Schiffsuntergang aufgetauchte Seekiste den übergeordneten roten Faden des Romans bildet, ist eine originelle Idee und verbindet so manche Geschichte miteinander. Marryats Roman ist seinerzeit (1832) in drei Teilen erschienen, die in diesem Buch zusammengefasst sind. Eine dreiseitige Einleitung in Leben und Werk Marryats ergänzt den Roman sinnvoll. Wer maritime historische Romane liebt und den Namen Marryat bislang nicht in seinem Bücherregal gefunden hat, sollte hier zugreifen. Wenn der Verlag auch noch in folgenden Auflagen die teilweise eklatanten Fehler in Interpunktion und Rechtschreibung ausmerzen kann, wird der Reihe von Frederick Marryat hoffentlich ein ähnlicher Erfolg beschieden sein wie seinen Nachfolgern Forester und OBrian. Dem Verlag sei dies zu wünschen.
Frederick Marryat, Kuebler
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