Das Erbe von Temple Hill

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2014
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  • Blanvalet, 2013, Titel: 'The Memory of Lost Senses', Originalausgabe
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Eva Schuster
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Histo-Couch Rezension vonNov 2014

Zäher Familienroman über Liebe und Geheimnisse

England im Sommer des Jahres 1911: Ein Dorf gerät in Aufruhr, als die mysteriöse Cora das verlassene Anwesen »Temple Hill« bezieht. Die alte Dame, genannt »die Comtessa«, hat viele Jahre in Italien zugebracht. Ihre langjährige Freundin Sylvia ist Autorin und möchte Coras bewegte Lebensgeschichte aufschreiben und Cora erklärt sich einverstanden.

Kurz nach ihrem Einzug lernt Cora ihre junge Nachbarin Cecily Chadwick kennen. Zu Sylvias Enttäuschung distanziert sich Cora von ihr und verbringt stattdessen viel Zeit mit Cecily. Mehr noch, sie vertraut ihr viel aus ihrer Vergangenheit an.

Cecily interessiert sich aber nicht nur für die geheimnisvolle »Comtessa«, sondern erst recht für deren attraktiven Enkel Jack. Sie ahnt, dass dieser Sommer in mehrfacher Hinsicht ein ganz besonderer für sie werden kann &

Ein Sommer voll Liebe und Geheimnisse

Judith Kinghorns Erbe von Temple Hill bringt eigentlich genug Zutaten für einen lesenswerten Familienroman mit: Es gibt romantische Verwicklungen, ein idyllisches Setting und pikante Geheimnisse der Vergangenheit, die ans Licht zu kommen drohen. Dank einiger Schwächen sorgt das Endergebnis dennoch für sehr begrenzten Lesegenuss.

Etwa ab der zweiten Hälfte kommt zumindest ein wenig Spannung auf. Es gibt Andeutungen auf brisante Dinge in Coras Leben, die durchaus ein bisschen Neugierde wecken. Überhaupt ist die »Comtessa« eine sehr geheimnisvolle Person mit einer bewegten Vergangenheit. Sie hat Leidenschaften, aber auch schlimme Verluste erlebt. Bisweilen scheint ihr Verstand sich zu verwirren, für ihr Umfeld ist nicht immer ganz klar, was Einbildung und was Realität bei ihren Aussagen ist. Auch für den Leser ist Cora nicht leicht zu durchschauen, und man möchte durchaus erfahren, was es mit bestimmten Ereignissen in ihrem Leben tatsächlich auf sich hat.

Für eine gewisse Unterhaltung sorgt auch die Anbändelei zwischen Cecily und Jack. Die beiden jungen Leute sind sich von Anfang an sympathisch; allerdings ist da auch noch die kesse Sonia Brownlow, die es ganz eindeutig auch auf Jack abgesehen hat und die wesentlich forscher vorgeht als Cecily. Grundsätzlich interessant ist zudem das Verhältnis zwischen Cora und ihrer besten Freundin Sylvia. Die beiden Frauen sind äußerst gegensätzlich: Cora ist trotz ihres fortgeschrittenen Alters immer noch eine elegante Frau mit mondäner Ausstrahlung, die sich Spuren ihrer Attraktivität bewahrt hat. Sie tritt bestimmend und selbstbewusst auf und versteht es, ihre Mitmenschen in den Bann zu ziehen. Sylvia hingegen ist unscheinbar und bieder, wirkt oft devot gegenüber Cora oder wird wie selbstverständlich von ihr korrigiert. Cecily gerät unfreiwillig zwischen die Freundschaft der beiden Frauen und sorgt für Eifersucht; es bleibt abzuwarten, wie das Verhältnis der beiden diesen Sommer übersteht. Recht lesenswert sind bisweilen auch die malerischen Schilderungen von Häusern, Gärten und Landschaften, ab und zu kommt durchaus ein bisschen romantisches Sommerflair auf.

Langatmiger erster Teil

Allerdings braucht es lange, viel zu lange, bis der Roman in Fahrt kommt. Es gibt viele Andeutungen, die der Leser zu dem Zeitpunkt aber noch nicht recht einordnen kann. Die Charaktere bleiben zunächst sehr diffus, und man muss eine ganze Weile darauf warten, ehe man alle wichtigen Hintergründe zu Cora, ihrer Freundin Sylvia und zu Jack und Cecily hat. Die ersten Seiten zeigen recht langatmig das Kennenlernen zwischen Sylvia und Jack, ohne dass man gleich einen Bezug zu ihnen hätte. Es ist kein Roman, der gleich mit den ersten Seiten zum Weiterlesen einlädt, sondern man muss Geduld mitbringen, sich hier einzufinden.

Die Charaktere sind ein genereller Schwachpunkt. Es wird zwar früh angedeutet, dass die »Comtessa« einige Geheimnisse verbirgt, eine faszinierende Person ist sie für den Leser zu Beginn allerdings noch nicht. Das gilt auch für die weiteren Figuren. Cecily ist zwar nicht unsympathisch, aber auf der anderen Seite auch keine Figur, mit der man unbedingt mitfiebert. Man baut zu ihr lediglich eine sehr oberflächliche Bindung auf. Jack ist in erster Linie gut aussehend; darüber hinaus bleibt er blass. Grundsätzlich werden Kleinigkeiten zu ausufernd geschildert und hemmen somit den Lesefluss. Die reine Handlung ist zu simpel, um den Umfang von rund 480 Seiten zu rechtfertigen.

Unterm Strich gibt es wesentlich bessere historische Romane, die sich mit Enthüllungen von Familiengeheimnissen befassen. Das Erbe von Temple Hill ist nicht in allen Belangen schlecht aber auch keine Empfehlung wert. 

Das Erbe von Temple Hill

Judith Kinghorn, Blanvalet

Das Erbe von Temple Hill

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