Ayla und das Tal der Pferde
- Heyne
- Erschienen: Januar 2002
- 2
- Heyne, 1982, Titel: 'The Valley of Horses', Originalausgabe
Gelungene Reise durch die Anfänge der Menschheitsgeschichte
Vor zirka 30.000 Jahren, in der Nähe des jetzigen schwarzen Meeres, als sich Gletscher noch bis zum heutigen Polen und Deutschland hinziehen: Ein kleines Mädchen, kaum 4 Jahre alt, verliert durch ein Erdbeben ihre Höhle und irrt einsam einen Fluss entlang. Nach einigen Tagen bricht sie erschöpft, verletzt und allein zusammen. In diesem Moment wird sie von dem Clan einer anderen Menschenrasse gefunden. Iza, die Medizinfrau, nimmt sie auf und pflegt sie gesund. Sie wächst bei diesen Menschen auf und muss ihre Gebräuche übernehmen. Dabei ist ihr Andersartigkeit immer wieder ein Grund für tiefliegende Veränderungen innerhalb des Clans. Dies führt soweit, dass sie verstoßen wird. Unsicher, ob sie noch leben will, schleppt sich Ayla durch die karge Steppe mit nur einem Gedanken: "die Anderen finden". Es ist Hochsommer, als sie schließlich ein kleines Tal findet und sich dazu entschließt dort zu rasten, um sich auf den harten Winter vorzubereiten. Ihre einzige Gesellschaft ist ein Fohlen, dessen sie sich annahm, nachdem sie ihre Mutter getötet hat. Mit der Zeit fühlt Ayla sich in diesem Tal zu Hause. Neben ihrer Tierfamilie ist es jedoch vor allem die Einsamkeit, die stetig mit jedem Winter zunimmt.
Parallel beginnen Jondalar und Thonolan, zwei Brüder aus dem Volk der Zelandonii, das größte Abenteuer ihres Lebens: Eine große Reise, über Gletscher und Berge und den "großen Mutterfluss" entlang bis zur Mündung ins Meer. Dabei lernen die beiden neue Bräuche, Kulturen und Völker kennen und überleben durch eine Mischung aus Können, Wissen und Glück so manche brenzlige Situation. Doch nach einer Überwinterung bei einem fremden Stamm trifft einen der beiden die harte Wirklichkeit des Lebens und treibt beide dazu, weiter zu ziehen, ohne Hoffung, die ferne Heimat je wieder zu sehen.
Kampf der Kulturen auf mehreren Ebenen
Im zweiten Band der Ayla-Reihe erfährt man, wie es mit der kleinen Ayla weitergeht. Wurde sie im ersten Band verstoßen und von ihrem verhassten neuen Clanführer Broud verflucht, beschreibt Jean M. Auel nun, wie sich Ayla durch ihren starken Willen und ihr Wissen immer wieder selbst motiviert und es schafft, alles zu überleben, was ihr die Natur entgegenwirft. Dabei knüpft sie nahtlos an den ersten Teil an und beschreibt den inneren Konflikt zwischen ihrer Erziehung und ihrem Wesen, also den Kampf der Kulturen der beiden Menschenrassen: den alten "Flachschädeln", zu dem der Clan gehört, und den neuen "Anderen"(Jondala, Thonolan, Ayla) und ihren verschiedenen Arten zu denken. Dies findet vor allem in den verschiedenen Varianten, die gleiche Arbeit zu erledigen, seinen Ausdruck. Jagen bei den Flachschädeln nur die Männer und kochen dort nur die Frauen, ist es bei den anderen gleich, welches Geschlecht welche Arbeit verrichtet.
Dabei schafft es Jean M. Auel, jeden Arbeitsschritt sehr detailliert zu beschreiben, was einen guten Einblick in die Verhältnisse der damaligen Zeit liefert. Ob es nun die Feuersteinbearbeitung ist, die Nahrungsbeschaffung oder der Bootsbau, man möchte fast selber eine Wisentlende über ein Feuer hängen und genüsslich verspeisen! Hierbei werden oft Ereignisse oder Menschen aus Aylas bisherigem Leben erwähnt. Diese Gedanken von Ayla geben so einen Überblick über die Handlung des ersten Buches, sodass diejenigen, die den ersten Teil nicht gelesen haben, einen recht guten Eindruck bekommen. Damit ist es zwar nicht unbedingt nötig das erste Buch gelesen zu haben, doch hilft es sehr, denn die Konflikte, die Ayla durchgehend plagen, fussen alle auf ihrer Kindheit und ihrer Erziehung.
Details, Details, Details
Auch in der Beschreibung der Landschaft wird nicht an Details gespart. Dabei hat man an mancher Stelle das Gefühl, als würde man aus dem Geschehen hinauszoomen, wenn die Autorin von den makroskopischen Verschiebungen der Gletscherplatten berichtet und welche Auswirkungen diese auf das Wetter und die Vegetation haben. Dann aber fliegt man im nächsten Moment über die Steppe und sieht Herden von Tieren weidend über das Land dahin ziehen, während die Jahreszeiten vergehen. Diese Informationsmassen sind zwar Geschmackssache, doch fügen sie sich nahezu immer passend in die Handlung und wirken selten fehl am Platz.
Dadurch, dass jeder der Charaktere immer weiter lernt und neues entdeckt, wachsen sie einem im Laufe der Geschichte mehr und mehr ans Herz. Wenn dann wieder der Standort wechselt, will man am liebsten als erstes wissen, wie es denn nun auf der anderen Seite weiter geht. Doch Auel hat ein feines Händchen dafür, verschiedenste Charakterarten, die Menschen haben können, in eine Gruppe von Personen zu packen und jedem seine Daseinsberechtigung zu geben. So zeigt sie beispielsweise auch, dass Liebeskummer und zwischenmenschliche Beziehungen damals genau so kompliziert waren wie heute.
Wer gerne erfahren möchte, wie sich die ersten Menschen langsam weiter entwickelten, der Natur trotzten und am Ende doch sehr ähnliche Probleme hatten wie wir heute, und zudem etwas über die Welt (Flora, Fauna) erfahren will, ist mit dem Buch auf jeden Fall gut beraten. Vor allem, da noch fünf weitere Bücher der Reihe existieren und einem dadurch der Abschied, wenn man ein gutes Buch zu Ende bringt, doch erleichtert wird.
Eine Karte am Ende und eine Übersicht über die Erdzeitalter runden den Roman schließlich ab. Ein gelungenes Stück der Saga und auch als einzelnes Buch schön zu lesen!
Jean Marie Auel, Heyne
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