Die Zeichen der Furcht

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2015
  • 2
  • Lübbe, 2002, Titel: 'The Night Calls', Originalausgabe
Die Zeichen der Furcht
Die Zeichen der Furcht
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Jörg Kijanski
801001

Histo-Couch Rezension vonMär 2015

Mysteriöse Vorfälle und eine Verbeugung vor einem großen Autor 

1878, Edinburgh. Schon öfter traf der junge Medizinstudent Arthur Conan Doyle bei seinen Spaziergängen auf den Geige spielenden Bettler Samuel, mit dessen plötzlichem Tod der zweite Band der Doyle-Bell-Reihe von David Pirie seinen kriminellen Verlauf startet. Im Handumdrehen wird der Fall von der Polizei als erledigt betrachtet, ein Bettler weniger, der nach überhöhtem Alkoholkonsum unglücklich gefallen ist. Doyle denkt nicht weiter über das plötzliche Ableben des Mannes nach, wenngleich ihn wundert, dass Samuel bekannt dafür war, dass er nahezu keinen Alkohol trank. Zudem waren mehrere Münzen neben dem Toten zu einer Pyramide aufgetürmt.

 

"Hier - und ganz besonders in ihrer Unterwelt - zog es die Polizei vor, wegzusehen. Wie Bell mir schon erklärt hatte, als er mich erstmals mit seiner Nebenbeschäftigung bekannt gemacht hatte, sah der übliche Verhaltenskodex vor, so wenig wie möglich zu ermitteln, es sei denn, ein Fall war so eklatant durchsichtig, dass ein erfolgreicher Abschluss sicher war. Wie der Doctor mir unermüdlich in Erinnerung rief, waren es diese Fälle, die den ahnungslosen Trost spendeten, während die schlimmen Verbrechen unbemerkt weitergehen konnten."

 

Doch schon bald hat Doyle den Bettler vergessen, denn zuhause plagen ihn Sorgen um seinen Vater, der zunehmend den Verstand zu verlieren droht, und der neue Untermieter Waller, der sich wie der eigentliche Hausherr aufführt, macht es für ihn auch nicht leichter. Zudem herrscht zunehmend Unruhe an der Universität, denn seit kurzer Zeit dürfen erstmals auch Frauen Medizin studieren, wobei es den Dozenten überlassen ist, ob sie diese für ihre Vorlesungen zulassen. Etliche Studenten lehnen diese Entwicklung ebenfalls strikt ab, allen voran der fanatische Gordon Crawford. Auch einer der großen Förderer der Universität, Sir Henry Carlisle, glänzt mit frauenfeindlichen Sprüchen und wird, bezeichnenderweise, wenig später von Doyle beobachtet, wie er das Madame Roses, eines der vornehmsten Bordelle der Stadt aufsucht. Dorthin werden wenig später Bell und Doyle gerufen, denn eines der Zimmer ist voller Blut, allein es fehlt eine Leiche. Dafür sind in dem Raum mehrere Münzen zu einer Pyramide aufgetürmt. Als wenige Tage später auch in dem Schlafzimmer von Miss Elsbeth Scott, zu der sich Doyle zunehmend hingezogen fühlt, ein Pyramidenstapel voller Münzen auf dem Fenstersims auftaucht, erkennen Doyle und Bell, dass große Gefahr droht und die Zeit drängt ...

 

"Aus ihrer verständlichen Sorge heraus, Doyle, machen Sie sich leider schuldig, Verbindungen herzustellen, wo keine existieren. Ein Toter Geiger, ein Zimmer mit Blut, auf Frauen geworfene Münzen, ein Münzstapel. Einige dieser Tatsachen sind zweideutig. Ihre Beobachtung über das Geld des Bettlers ist bemerkenswert. Aber es gibt keine richtige Kausalkette. Es tut mir leid. Bis Sie die nicht haben, haben Sie nichts."

 

Die Zeichen der Furcht ist in zwei Teile geteilt. Zunächst spielt die Handlung in Edinburgh und nach gut zwei Dritteln wechselt sie nach London, wo, inzwischen schreiben wir das Jahr 1883, Doyle als Arzt arbeitet. Im Schlussdrittel ist die eigentliche Spannung schon ein bisschen raus, denn die Enttarnung des Täters erfolgte bereits. Dieser floh nach Amerika, doch weiterhin geschehen seltsame Ereignisse und weitere Morde. Ist der Mörder zurückgekehrt oder lenkt er diese auf perfide Weise aus der Ferne? Doyle und Bell sind hier nicht immer einer Meinung und so ist es Doyle, der jeder noch so kleinen Spur hinterher rennt (der Grund hierfür soll an dieser Stelle nicht verraten werden).

Interessante Einblicke in die Biografie von Sir Arthur Conan Doyle

Wie schon beim ersten Teil Die Augen der Heather Grace ist Dr. Joseph Bell der Prototyp des späteren Meisterdetektivs Sherlock Holmes, was der Realität geschuldet ist, denn die Reihe von David Pirie versucht neben krimineller Spannung Licht in das Leben des großen Autors Sir Arthur Conan Doyle zu bringen. Vor allem dessen junge Jahre geben Anlass zu Spekulationen, doch Bell ist als Doyles Unidozent und Vorbild für Doyle verbrieft und half damals der Polizei mit teils neuen Ermittlungsmethoden. Doyle gibt den gelehrigen Schüler, der allerdings nicht ganz so streng von Bell für seine zahlreichen Fehlinterpretationen getadelt wird, wie dies in den Detektivromanen Dr. Watson widerfährt.

Dass der gesuchte Täter nach knapp 300 (von rund 450 Seiten) längst enttarnt ist, soll nochmals vermerkt werden, denn den Spannungsbogen beeinträchtigt diese Entwicklung überraschenderweise nur geringfügig. Dass der Gegenspieler von Doyle und Bell gewisse Ähnlichkeiten mit Dr. Moriarty aufweist, verwundert kaum, denn auch dieser spielte ja sehr gerne mit dem Meisterdetektiv, ohne sich offen zu zeigen. So darf der Leser gemeinsam mit Doyle bis zum (weniger überraschenden) Schluss raten, wo sich der Schurke aufhält in Übersee oder doch im kalten London, dessen dunkle Gassen und Spelunken grandios eingefangen werden. Von kleineren Längen abgesehen für jeden Doyle/Holmes-Fan eine Empfehlung!

Die Zeichen der Furcht

David Pirie, Lübbe

Die Zeichen der Furcht

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