1888

  • Braumüller
  • Erschienen: Januar 2015
  • 5
  • Braumüller, 2015, Titel: '1888', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
871001

Histo-Couch Rezension vonMär 2015

Spannende Aufklärung eines Doppelmords

Im London des Jahres 1922 erhält Georg ein Paket mit vielen Schriftstücken, Unterlagen und Aufzeichnungen mit der Bitte, daraus ein Buch zu machen. Es sind Tagebücher und weitere Dokumente des Arztes Dr. Richard Rollet, der beschuldigt wurde, ein Doppelmörder zu sein. Die Aufzeichnungen lassen vermuten, dass Rollet nicht schuldig ist, doch der Fall ist aus dem Jahr 1888, und vorgefallen ist er in Wien.

Georg beginnt, die Aufzeichnungen zu ordnen und schreibt erste Kapitel, orientiert an den Tagebüchern. Doch irgendwann kommt er nicht weiter, und er beschliesst, auch angetrieben von seiner Frau Ann, nach Wien zu fahren, um die Geschichte vor Ort zu recherchieren, auf die Gefahr hin, nicht mehr viel herauszufinden, schließlich ist das über dreißig Jahre her.

In Wien macht sich Georg auf die Suche nach Informationen und scheint lange keinen Erfolg zu haben. Doch endlich, nach langer Zeit, scheint sich eine Spur zu Rollet aufzutun. Es geht um eine Maria, die vielleicht seine Geliebte war? Genaueres wird herauszufinden sein. Derweil macht Georg Bekanntschaft mit der Lebedame Ricarda, in die er sich schließlich verliebt und mit der bis auf weiteres zusammenlebt. Und so wird er immer mehr in den Strudel Wiens hineingezogen doch wird er seinen Auftrag, das Buch zu vollenden, vollenden können?

Intensives Debüt

Thomas Beckstedt ist mit seinem Roman 1888 ein spannendes und packendes Debüt gelungen, das den Leser unweigerlich in seinen Bann zieht, ob man will oder nicht. Erzählt wird die Geschichte in zwei Zeitebenen. Neben der vergangenen Ebene, die eben im Jahr 1888 spielt und in der der Arzt Dr. Richard Rollet eine Prostituierte und einen Arztkollegen getötet haben soll, spielt die zweite Ebene 1922/23, in der Georg die Aufzeichnungen um und von Rollet sortieren und zusammenfassen soll. Gerät man zu Beginn des Romans ob der häufigen Sprünge zwischen den Ebenen noch durcheinander auch begründet durch die äußerst verschnörkelte und dadurch schwer zu entziffernde Schrift bei Ort und Zeit zu Beginn des jeweiligen Kapitels, gewöhnt man sich mit der Zeit daran, aber diese Gewöhnung hätte durch die Wahl einer weniger kunstvollen Schrift von Anfang an erreicht werden können.

In jedem Fall ist der Roman geschickt konstruiert. Der Leser verfolgt die Geschichte um den Mord an Dr. Rollet und einer Prostituierten aus mehreren Blickwinkeln und somit mehreren Ansätzen, die zusammen ein spannendes Bild ergeben. Neben den Recherchen von Georg ist dies vor allem die Erzähleben um den Kommissar de Vries und seinen Assistenten Boer, die ein gut funktionierendes Gespann bilden. Langsam schälen die beiden die Wahrheit ans Licht, auch wenn es den einen oder anderen zwischenzeitlichen Irrweg gibt.

Wien, Wien, nur du allein

Neben den zeitgeschichtlichen Verhältnissen in Wien sticht jedoch vor allem der psychologische Aspekt hervor, den der Roman zu bieten hat. Der Autor versucht nahezu, den Fall zu sezieren und taucht dabei tief in die Abgründe der menschlichen Seele in entsprechenden Kreisen ab. Das verschafft dem Leser einen intensiven Leseeindruck, der noch durch die wohl gewählte und streckenweise nicht einfache Sprache des Autors verstärkt wird.

Der Roman transportiert über weite Strecken eine düstere Atmosphäre, die den Leser in das Wien des Jahres 1888 holt. Dabei ist die Jahreszahl nicht von solch entscheidender Bedeutung, er hätte auch in einem anderen Jahr spielen können. Diese Düsternis der Handlung und der Handlungsorte überträgt sich auch auf die Personen und ihre Charakterisierungen. Einen wirklich glänzenden Lichtblick, der den Leser ein wenig positiv stimmen lässt, sucht man vergeblich.

Unterm Strich bleibt ein düsterer und intensiver Roman um die Aufklärung eines Doppelmordes, der auf zwei verschiedenen Zeitebenen stattfindet und aufgeklärt wird und zum Teil mittels Tagebucheinträgen und weiteren Dokumenten aufgearbeitet und aufgeklärt wird. Dabei erwarten den Leser neben stimmungsvollen Bildern aus Wien vor allem auch viele Überraschungen, die die Handlung zu bieten hat. Ein gelungenes Romandebüt aus dem österreichischen Braumüller-Verlag, das knappe 420 Seiten Spannung garantiert und für einige intensive Lesestunden sorgt. Man darf auf weitere Romane aus der Feder des Autors gespannt sein.

1888

Thomas Beckstedt, Braumüller

1888

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