Als der Himmel uns gehörte
- Droemer-Knaur
- Erschienen: Januar 2015
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- Droemer-Knaur, 2015, Titel: 'Als der Himmel uns gehörte', Originalausgabe
Das Traumpaar des germanischen Sports
London 2011. Jennifer ist Langstreckenläuferin und träumt davon, bei der Olympiade teilzunehmen. Ihr Trainer jedoch traut ihr dies nicht zu, weil ihr vor dem Zieleinlauf regelmäßig die Nerven versagen. Als der Ire Gregory sie eines Tages beim Training anspricht und ihr anbietet sie zu trainieren, lehnt sie zuerst ab. Allerdings scheint Gregory über Jennifers Urgroßmutter, die selbst eine Goldmedaille bei einer Olympiade errungen hat, mehr zu wissen als sie selbst. Als Gregory ihr nahe legt, sich aufgrund ihres Nervenproblems Rat bei ihrer fast hundertjährigen Urgroßmutter Alberta zu holen, erfährt sie eine ihr gänzlich unbekannte Familiengeschichte, die ihr letztendlich hilft, dass sie ihre Zukunft in die richtigen Bahnen lenkt.
Zwei gänzlich unterschiedliche Zeiten
Charlotte Roth hat schon mit ihrem Roman Als wir unsterblich waren einen neuen Meilenstein des historischen Romans gelegt, und mit ihrem neuen Werk hält sie sich am selben Level. Als der Himmel uns gehörte erzählt die Geschichte zweier junger Frauen auf zwei Zeitebenen. Von Alberta, einer lebenslustigen Optimistin vor dem Zweiten Weltkrieg und Jennifer im London der heutigen Zeit.
Alberta, genannt Albi, die mit ihrer Zwillingsschwester Auguste, ihrem Vater und ihrer Tante ein geborgenes und angenehmes Leben führt, ist im Gegensatz zu ihrer eher introvertierten Schwester ein reines Energiebündel und Sport und Pferde sind für sie die schönsten Dinge der Welt. Als ihr Vater die Chance bekommt, nach Los Angeles zu den Olympischen Spielen zu reisen, nimmt er seine Töchter mit, nicht ahnend, dass sich dort sowohl für Albi als auch für Auguste zukunftsentscheidende Begegnungen ereignen werden. Die beiden lernen zwei Springreiter kennen, den Deutschen Hannes und den Engländer James. Das Schicksal der vier ist von nun an eng miteinander verwoben und steht trotz des zweiten Erzählstrangs mit Jennifer - im Focus des Romans.
Olympia - Kampf, Siege und Enttäuschungen
Die Autorin gibt wunderbare Einblicke in die Welt des Sports, speziell des Reitsports, ohne sich in unverständlichen Fachausdrücken zu verheddern, sodass auch weniger sportbegeisterte Leser kein Problem haben werden, einem beschriebenen Springwettkampf zu folgen. Und diejenigen, die von der Materie etwas verstehen, werden der Autorin Fachkenntnis kaum absprechen können. Selbst über die Organisation der Olympiade von 1936 und natürlich auch den geschichtlichen Umbruch der damaligen Zeit, erfährt der Leser viel, ohne von dem Wissen der Autorin erdrückt zu werden. Einige Fachausdrücke des Sports und Begriffe aus der Zeit des Nationalsozialismus sind auch in einem Glossar beschrieben.
Ausgereifte Sprache, niveauvoller Erzählstil
Sprachlich erkennt man die ausgereifte Autorin, die es wunderbar versteht, den Lesern die gefühlten Emotionen ihrer Protagonisten näherzubringen. Auf sehr subtile Weise schafft sie es, dass man sogar bestimmte Handlungen von Figuren nachvollziehen kann beispielsweise von Hannes, der sich oft regelrecht badet in seinem Selbstmitleid -, obwohl man kein so richtiges Verständnis dafür aufbringen kann. Man begleitet die Figuren doch über einige ihrer Lebensjahre hinweg, sodass auch die Entwicklung jeder einzelnen einen wichtigen Part einnimmt. Mit welcher Glaubwürdigkeit und Empathie die Autorin hier vorgeht, könnte so manchen ihrer Kollegen und Kolleginnen als Vorbild dienen.
Charlotte Roth hat sich für ihre Protagonistin Albi ein sehr ereignisreiches Leben erdacht und trotz der knapp 600 Seiten kommen nie Längen auf. Meint man am Schluss des Buches den Ausgang zu wissen, wartet Roth noch mit einer sehr überraschenden Wende auf, die dem Roman noch den letzten Kick verleiht, sodass das Buch nicht so schnell vergessen ist.
Charlotte Roth, Droemer-Knaur
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