Nachtviolett

  • Bebra
  • Erschienen: Januar 2015
  • 0
  • Bebra, 2015, Titel: 'Nachtviolett', Originalausgabe
Nachtviolett
Nachtviolett
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Carsten Jaehner
781001

Histo-Couch Rezension vonSep 2015

Der letzte Langustier-Band

April 1782. In einem Berliner Spreekanal wird eine männliche Leiche gefunden. An sich nichts aussergewöhnliches. Doch zudem wurden die Berliner staatlichen Kassen überfallen und ein beträchtlicher Betrag daraus entwendet. Grund genug für Friedrich II. von Preußen, seinen ehemaligen, sich im wohlverdienten Ruhestand befindlichen Zweiten Hofküchenmeister Honoré Langustier zu requirieren, sich des Casus anzunehmen.

Langustier macht sich auf den Weg und nimmt die Ermittlungen auf. Diese führen ihn zunächst in die Arme der eigenen Familie, und seine Urenkelin Gerardine lässt es sich nicht nehmen, ihrem Urgroßvater bei den Nachforschungen zur Seite zu stehen. Zudem hilft ihm in Alexander Stimming, der Sohn des Wirts aus Wannsee, der Langustier eigentlich nur nach Berlin fahren sollte, der aber auch recht abenteuerlustig ist und zudem rechte Sympathien zu Gerardine entwickelt&

Langustier stösst bei seinen Nachforschungen schnell auf Spuren, die in die Berliner Halbwelt führen, und so muss er sich selbst verkleiden, um mithilfe von Gerardine und Alexander den Räubern und Mördern auf die Spur zu kommen. Verdächtige sind schnell ausgemacht, doch wie soll man ihnen die Verbrechen nachweisen? Langustier begibt sich in die Höhle des Löwen und kann sogar seine alchemistischen Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Die Familie(n)

Honoré Langustier ermittelt zum letzten Mal. So haben es Tom Wolf und der Bebra-Verlag entschieden, und um es vorweg zu nehmen: Das ist sehr bedauerlich, denn die nunmehr dreizehn kriminalistischen Schmöker um den Preußenkönig und seinen Zweiten Hofküchenmeister waren stets eine erfreuliche Lektüre, und da macht auch der letzte Band Nachtviolett keine Ausnahme. Dabei ist der Fall selbst gar nicht so spektakulär, im Gegenteil: ohne Irrwege geht Langustier der richtigen Spur nach, und wer hier der Drahtzieher ist, ist eigentlich schon recht früh klar. Hier wäre ein wenig mehr Spannung durchaus angebracht gewesen, gerade für einen letzten Fall.

Was den Roman prägt, ist das Thema "Familie", denn hier tauchen erstmals alle Geschwister des Königs auf, man bewegt sich also in höchst erlauchten Kreisen. Und auch Langustiers Familie ist in den Fall mit involviert, man mag den Roman als Mittelding zwischen den Langustier-Romanen und den Gerardine-Romanen sehen, die wohl leider auch keine Fortsetzung mehr erfahren werden.

Aufgebot alter Bekannter

Ein Wiedersehen gibt es auch mit mehreren alten Weggefährten Langustiers, vor allem aus der Abteilung der Polizei und der Mediziner, wenngleich die Charité noch nicht Ruf und Bedeutung heutiger Zeit hat. Polizeikommissar Distel ist ein alter Bekannter, der bereits zuvor in anderen Fällen ordentlich im Dunkeln tappte, und so obliegt es Langustier, Licht ins Dunkel zu bringen.

Autor Tom Wolf bietet für Langustiers Abschiedsvorstellung alles an Personal auf, was möglich ist. Der Fall selber ist (leider) Nebensache, aber man trifft noch einmal viele alte Bekannte aus vorherigen Romanen, und während die Familie und das Volk sehnsüchtig auf das Ableben des Herrschers warten (was noch vier Jahre dauern wird), der liebevoll und sarkastisch ebendamit kokettiert, plant eine Bande (ebenfalls eine Art "Familie", in etwas anderer Sichtweise) bereits den nächsten Coup, angetrieben von Unvermögen und Gier, was sie am Ende leicht in die Falle tappen lässt.

Unspektatkulär

Wolf bietet gewohnte Qualität, was die Stimmung des Buches angeht. Die Historie ist trefflich herausgearbeitet, die Atmosphäre bei Hofe wie in den Gossen stimmig eingefangen und das ganze ordentlich mit Humor gepfeffert und gewürzt. Dass der Roman leider nicht an viele andere der Reihe heranreicht, liegt daran, dass er eigentlich nicht spannend ist, da die Lösung viel zu früh auf der Hand liegt. Auch das Agatha-Christie-Finale entfällt, das viele frühere Fälle gekennzeichnet hat und Garant für Spannung bis zum Schluß war. Auch merkt man der einen oder anderen Formulierung, die früher mit viel mehr Delikatesse daher kamen, dass der Autor nicht mehr "ganz drin" ist. Dennoch ist der Roman unterhaltsam und lesenswert, gerade für Fans der Reihe.

"Viel Mord um nichts" ist der Untertitel des Falls und, ja, leider ist es so, muss man ehrlich sagen. Immerhin besticht der Roman wie immer durch seine zahlreichen aufschlussreichen Nachbemerkungen, und das versöhnliche Ende des Romans ist immerhin stimmig, und man mag König wie Hofküchenmeister ihre Ruhe gönnen. Sie haben nun Zeit, die vergangenen Abenteuer Revue passieren zu lassen. Den Lesern wäre ein spannenderer Abgang gewünscht gewesen. Aber vielleicht sollte man die Hoffnung nicht aufgeben, irgendwann einmal wieder einen neuen Fall für Langustier lesen zu dürfen. Dreizehn Fälle sind schon eine unglückliche Zahl, und Farben gibt es auf der Palette noch genügend. Bis dahin kann man gerne auf jeden Band der Reihe zurückgreifen, auch wenn dieser finale Teil (nicht chronologisch gesehen, da wäre Kristallklar das Finale) unspektakulär daher kommt.

Bleibt zu hoffen, dass der Bebra-Verlag bald ein neues Aushängeschild in Sachen Preußen-Krimi installieren kann, denn es wäre zu schade, sich die vielen ungeschriebenen Fälle entgehen zu lassen.

Nachtviolett

Tom Wolf, Bebra

Nachtviolett

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