Das dunkle Herz der Welt
- Weltbild
- Erschienen: Januar 2015
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- Weltbild, 2015, Titel: 'Das dunkle Herz der Welt', Originalausgabe
Faszinierender Roman über Draculas Herkunft
Vladislav wächst als Geisel am Hof von König Sigismund auf. Der Fürstensohn aus der Walachei schickt sich gut in den Umstand, der im 15. Jahrhundert nicht selten ist. Er zeigt sich gelehrig und schließt eine Waffenbruderschaft mit dem Ritter Janós. Dieser aber neidet seinem Waffenbruder dessen Erfolg. Sigismund hat den geschickten Kämpfer Vladislav in den Drachenorden aufgenommen. Als der junge Fürstensohn auch noch seinen Charme spielen lässt und Janós Angebetete verführt, schlägt dessen einstige Zuneigung ganz in Hass um. Janós unternimmt alles, um den Emporkömmling zu vernichten - er begibt sich auf einen Kreuzzug, von dem er sich nicht nur Reichtum, sondern auch Macht erhofft. Vladislav sieht durch den Kreuzzug gegen das Osmanische Reich auch Gefahr für seine Walachei. Bei seinem Bestreben, diese zu schützen, gerät er zwischen die Fronten der kämpfenden Parteien. Zudem sieht Vladislav seinen Halbbruder Aldea auf dem Thron der Walachei. Diesen Thron will der ehrgeizige Fürstensohn für sich erobern. Doch das verlangt Opfer.
Viel Geschichte eingebaut
Die Autorin Liliana Le Hingrat geht mit ihrem Roman an Grenzen. Das betrifft nicht nur den mit knapp 770 Seiten recht üppig ausgefallenen Umfang, sondern vor allem ihr Bestreben, möglichst viele geschichtliche Fakten in den Roman einzubauen. Dadurch präsentiert sie dem Leser zwar eine interessante Auslegeordnung der historischen Fakten rund um Transsylvanien, beziehungsweise Rumänien, und die die europäische Politik im 15. Jahrhundert. Es dürfte einige Leserinnen und Leser geben, denen dieser gewichtige Teil des Romans zu gewichtig ausfallen wird. Denn zugunsten der intensiv recherchierten historischen Fakten wird den handelnden Figuren viel von ihrer Lebendigkeit genommen. Zudem braucht es immer wieder Durchhaltevermögen, wenn sich die Autorin in einzelnen Szenen zu sehr verliert.
Spannende Figuren
An sich hat Liliane Le Hingrat eine gute Hand für die Zusammenstellung der Charaktere, mit denen sie ihren Roman bestückt. Die Figuren sind spannend und vielschichtig - ein Großteil von ihnen hat auch tatsächlich einen realen Hintergrund. Dass die Protagonisten genauso hölzern wirken, wie ihre Gegenspieler und die weniger bedeutenden Figuren, ist bedauerlich. Es scheint, als habe die Autorin sich hier selbst Zügel angelegt, um den Teil mit den historischen Fakten nicht zu konkurrenzieren. Natürlich lebt der Roman Das dunkle Herz der Welt stark vom Mythos, der sich um den legendären Grafen Dracula gebildet hat. Denn Vladislav ist der Vater des späteren Grafen Dracula. Der Roman bietet eine gute Hintergrundgeschichte zur Geburt des dunklen Fürsten und seiner Jugend. Dass in einem weiteren Band dann Graf Dracula die Hauptrolle spielen wird, versteht sich von selbst. Es wäre jetzt aber nicht gerecht, der Autorin zu unterstellen, ihren Roman bewusst so konzipiert zu haben, dass sie eine weitere Dracula-Geschichte auf den Markt bringen kann. Sie hat so viel an Informationen über die politische Entwicklung im 15. Jahrhundert in den Roman hinein gepackt, dass sie mühelos den Gegenbeweis erbringt.
Eine eher unbekannte Gegend
Überzeugend stellt Liliane Le Hingrat eine Gegend vor, die hier nur selten in Romanen zum Schauplatz gemacht wird. Ihre eigene Herkunft spielt der Autorin dabei in die Hand. So vermag sie ihrem Roman auch jene Atmosphäre zu geben, die beweist, dass sich der Verfasser mit den örtlichen Gegebenheiten wie auch mit der Geschichte gut auskennt. Wer sich auf den Roman einlassen mag, hat ein kleines Juwel in Händen. Eines, das die Erarbeitung nicht ganz leicht macht, den Leser jedoch vollumfänglich für die Mühe entlohnt.
Liliana Le Hingrat, Weltbild
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