Stille Nacht
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- Erschienen: Januar 2015
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- , 2015, Titel: 'Stille Nacht', Originalausgabe
Die Entstehung eines Weihnachtsklassikers
Österreich, 1816. Joseph Mohr ist das uneheliche Kind eines Musketiers und besucht nach dessen Tod zum ersten Mal seinen Großvater, der auch Joseph heisst und von einem Enkel nichts weiss. Doch man nähert sich an, und da Enkel Joseph das Pfarreramt im Ort antritt, ist er auch bald bei den Dorfbewohnern bekannt.
Als der Großvater stirbt, hält er selber die Totenmesse vor seinen Familienmitgliedern, die er alle nicht kennt. Er denkt daran, dass an Weihnachten auch die Heilige Familie beisammen war und zunächst von den Menschen abgelehnt wurde. Er setzt sich an einen Tisch und schreibt den Text des Liedes "Stille Nacht" nieder, nur als Gedicht, ohne einen Gedanken daran, es einst zu vertonen.
Zwei Jahre später hat sich Joseph im Ort zwar eingelebt, doch er hat auch die schlimmen Seiten der Menschen kennen gelernt. An Weihnachten will sich eine Familie versöhnen, doch ist es fraglich, ob es gelingen wird. Da setzt sich Joseph mit seiner Gitarre nach der Messe vor die Gemeinde und singt gemeinsam mit dem Organisten Franz Xaver Gruber, der die Melodie dazu geschrieben hat, das Lied, zu dem zwei Jahre zuvor der Text entstanden ist. Nach dem Vortrag ist nichts mehr im Ort wie zuvor.
Familie
Titus Müller spürt mit seiner Erzählung Stille Nacht der Entstehung eines der berühmtesten Weihnachtslieder überhaupt nach und erzählt dies anhand der wenigen bekannten Lebensdaten von Joseph Mohr, der den Text verfasst hat. Dieser Joseph Mohr, selbst uneheliches Kind und daher von seinem leiblichen Vater zu dessen Lebzeiten verschweigen, kommt zu seinen familiären Wurzeln nach Österreichisch Laufen, wo er das Pfarrersamt antritt. Eine seiner ersten Amtshandlungen ist gleich, den eigenen Großvater einzusegnen, und beim anschliessenden Totenmahl, wo er auch geladen ist, gesteht er der unbekannten Familie, einer von ihnen zu sein.
Und dann ist da noch Sophie, eine Frau aus dem Ort, die ihren Mann im Verdacht hat, ein Verhältnis mit einer anderen Frau zu haben. Dies ist so, und die Familie bricht auseinander, und die eigene Tochter leidet mit. Sophie findet Gefallen an Joseph Mohr, was die Sache nicht einfacher macht. Vielleicht verstehen sich beide dennoch so gut, weil sie in ihren familiären Problemen miteinander vereint sind.
Stille Nacht
Die kleinen Rituale im Dorf werden schön beschrieben,. Man fühlt sich auch ein bisschen heimisch in Österreichisch Laufen. Sehr liebevoll hat Titus Müller beschrieben, wie Joseph Mohr der Text einfällt, aus dem erst zwei Jahre später das bekannte Weihnachtslied werden wird. Hier liegt allerdings auch der Aspekt, der schade an dem Roman ist, denn auf die eindrückliche Musik, die heutzutage jeden ergreift, wird wenig eingegangen. Man hätte sich gewünscht, in ihrer Entstehung ebenso einem Prozess beizuwohnen, wie es beim Text der Fall war, doch es wird lediglich erwähnt, dass Gruber die Zeilen vertont hat. Schade, an dieser Stelle wäre mehr drin gewesen.
Titus Müller schildert das Schicksal der Familie um Sophie mit Herz und Anteilnahme, ohne zu gefühlsduselig zu werden, wenngleich man nicht immer alle Reaktionen so erwartet. Als an Weihnachten die Familie die Messe besucht, wird sich zeigen, ob die Familie es schafft, einen Neuanfang unter den gegebenen Umständen zu finden. Das Lied "Stille Nacht" jedenfalls hat Tür und Tor geöffnet, dass sich alle Menschen versöhnen sollen, und wann wäre ein günstigerer Start zu machen als an Weihnachten?
Besinnlich
Mit seiner kleinen Erzählung um die Entstehung des Liedes "Stille Nacht" schenkt Titus Müller seinen Lesern einen Einblick in das frühe 19. Jahrhundert in den Österreichischen Alpen und beschreibt gefühlvoll, bisweilen vorsichtig, wie das Leben zu der Zeit war, mit seinen Menschen, Verhältnissen und Traditionen. Der Geschichte um das Lied setzt er im lesenswerten Anhang die tatsächlichen Gegebenheiten entgegen, die für den Leser die Fakten und Daten zusammenstellen, allerdings zur Handlung nicht allzu viele Ergänzungen bereit hält. Es ist eine schöne, besinnliche Erzählung geworden, etwas für stille Stunden, einen Becher Tee und ein bisschen Weihnachtsmusik im Hintergrund. Und man beginnt zu überlegen, wie wohl all die anderen Weihnachtslieder entstanden sind, die man jahrauf, jahrein singt. Insgesamt ein schöner Beitrag zum Fest der Feste, das sich in jedem Bücherregal gut macht und das man immer wieder lesen kann.
Titus Müller, -
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