Die Königin
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2016
- 3
- Rowohlt, 2015, Titel: 'The Price of Blood', Originalausgabe
Schlechte Zeiten
Das Jahr 1006 ist kein gutes für das englische Königreich. Und auch die folgenden Jahre werden nicht besser. König Aethelred ist gefangen in seinen Wahnvorstellungen. Zu schwach, um die Dänen abzuwehren, die immer wieder sein Königreich verwüsten. Misstrauisch gegenüber jedem, der ihm mit Rat zur Seite stehen will. Voller Tücke gegen jeden, in dem er einen Verräter vermutet. Besonders misstrauisch ist er gegen Königin Emma, deren Einmischung in die Politik er nicht will und die ihn eifersüchtig macht, hat sie doch die Zuneigung des Volkes und das Vertrauen der Kirchenmänner auf ihrer Seite.
Emma, die einst als Die Normannin in dieses Königreich kam, leidet unter ihrer Ehe. Tief in ihr verborgen hegt sie ihre Liebe zu Aethelstan, dem ältesten Sohn des Königs. Sie weiß, dass ihre Liebe erwidert wird, aber Aethelstan hat seinem Vater und König Treue geschworen bis in den Tod. Niemals wird er sein Wort brechen, obwohl ihm einst eine Wahrsagerin prophezeite, dass ein schwerer Weg vor Aethelreds Söhnen liege, vor allen, bis auf einen! Wird Aethelstan dieser eine sein? Oder Emmas Sohn Edward, den Aethelred aus der Obhut der Königin gerissen und dem hinterhältigen Eadric anvertraut hat?
Ein großes Epos
Die Königin ist der zweite Band einer Romanreihe um Königin Emma, deren wechselvolle Geschichte spannend und tragisch genug ist, um das Interesse vieler Leser zu wecken. Nicht zuletzt wird hier auch ein wichtiger Teil der englischen Geschichte einem breiten Lesepublikum nahe gebracht. Patricia Bracewell ist es gelungen, die bedrückende Atmosphäre, die in jenen Jahren in England und am Königshof geherrscht haben muss, in ihrem Roman einzufangen. Sie hält sich zwar nicht in jedem Fall an die zeitlichen Abläufe (z.B. heiratete Aelfa erst sehr viel später als im Roman), jedoch dienen solche eher nebensächlichen Änderungen eher der Komprimierung des Handlungsablaufs und treiben die Erzählung voran. Obwohl dies erst der zweite Band der Romanreihe ist, kann man doch absehen, dass hier ein großes Epos im Entstehen begriffen ist, dem intensive Recherchen zur englischen Geschichte voraus gingen und das ein großes Panorama jener Jahre zeigt, die der normannischen Eroberung voraus gingen. Der Autorin gelingt es dabei, die Konflikte innerhalb des englischen Adels sehr genau und für ihre Leser nachvollziehbar darzustellen. Dazu braucht sie keine Fußnoten oder lehrbuchhafte Textstücke. Alles ist aus dem Handeln der Protagonisten und ihren Dialogen herauslesbar.
Daraus entsteht eine spannungsgeladene Geschichte, bevölkert mit interessanten Protagonisten. Und allen CornwellFans sei verraten, dass auch hier ein Uthred auftaucht, Herr der Bamburg in Northumberland. Ein Kriegsfürst, der tatsächlich gelebt hat und der eine Tochter König Aethelreds heiratete.
Ein schwarzer und ein weißer Schwan
Dabei ist Emma als Hauptprotagonistin eine sympathische junge Frau, die schwer an ihrer Bürde als Königin und ungeliebte Ehefrau trägt. Oft fragt man sich, wie es ihr gelang, die vielen Tiefschläge und Demütigungen zu verarbeiten und dabei ihre Haltung zu bewahren. Die Autorin lässt allerdings zwei Damen als Antagonistinnen agieren. So ist es auf der einen Seite Königin Emma, auf der anderen Seite die zwar schöne, aber machthungrige und skrupellose Elgiva, die den Kampf um das Königreich austragen. Patricia Bracewell bleibt dabei sehr dicht bei ihren Protagonistinnen, gibt ihnen auch Raum für Gefühle und Gedanken. Und auch wenn Elgiva hier der schwarze Schwan ist, so kann man doch ihre Wünsche und Gefühle nachvollziehen und sieht sie nicht einfach nur als böse an. Denn vieles von dem, was Elgiva anstrebt, hat seine Berechtigung, selbst wenn am Ende Gier und Machthunger ihre Haupttriebfedern sind und sie zu grausamen Taten verleiten. Es ist der Autorin zu verdanken, dass sie hier nicht in die einfache Schwarz-Weiß-Malerei verfiel sondern - nicht nur bei den Damen - vielschichtige Charaktere schuf, für die man nicht einfach nur Sympathie oder Abneigung empfindet, sondern die eine große Palette an Gefühlen bei den Lesern hervorrufen können. Sie alle geraten in einen Strudel aus Gewalt, Angst und Intrigen, und es scheint keinen Ausweg zu geben.
Die einzelnen Kapitel werden entweder mit Blick auf Emma oder mit Blick auf Elgive erzählt. Abschnitte aus der Angelsächsischen Chronik und anderen historischen Chroniken leiten die Kapitel ein.
Macht, Intrigen und Gewalt
Mit Die Königin hat man einen spannenden, tragischen und unbedingt lesenswerten Roman in der Hand. Für Fans englischer Geschichte besteht hier Suchtgefahr, denn ein Folgeband ist im Nachwort der Autorin bereits angekündigt. Der Rowohlt Taschenbuch Verlag hat das Buch liebevoll ausgestattet, mit Karten von England und London, mit einer Personenliste und einem Glossar. Das Nachwort der Autorin geht noch einmal auf einige interessante historische Fakten und auf verschiedene Thesen zu Königin Emma ein.
Alles in allem ein Roman, den man gerne weiter empfiehlt und von dem man sicher sein kann, dass er begeisterte Leser findet.
Patricia Bracewell, Rowohlt
Deine Meinung zu »Die Königin«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!