Das Seehaus
- Diana
- Erschienen: Januar 2016
- 3
- Diana, 2015, Titel: 'The Lake House', Originalausgabe
Eine Mischung aus Spannung und Familiengeschichte
Kate Morton pflegt eine eigene Art, Geschichten zu erzählen. Sie mischt stets verschiedene Komponenten, setzt stark auf langsames Aufdecken uralter Familiengeheimnisse. Dieser Form von Erzählung bleibt sie auch in ihrem Roman Das Seehaus treu. Hier erzählt sie zum einen von der jungen Polizistin Sadie, die gerade Probleme in ihrem Job hat und von ihrem Vorgesetzten in Zwangsurlaub zu Verwandten nach Cornwall geschickt wird. Sadie langweilt sich, möchte so schnell wie möglich wieder in ihren Job zurückkehren. Um ihre innere Unruhe zu bewältigen joggt sie. Dabei stößt sie auf das alte Haus am See, das von einem geheimnisvollen Zauber umgeben scheint. Sadies Neugier siegt, sie späht durch die Fenster. Mit großem Staunen nimmt sie wahr, dass hier die Zeit stehen geblieben scheint. Was sie sieht, lässt darauf schließen, dass das Haus innerhalb weniger Momente verlassen wurde und niemals mehr jemand zurückgekehrt ist. Schnell findet Sadie heraus, dass mit dem Haus auch die Krimiautorin Alice Edevane verbunden ist.
Obwohl ihr Krimis sonst kaum zusagen, vertieft sich Sadie in die Bücher von Alice. Sie entdeckt eine interessante Frau, die sich von einer tragischen Vergangenheit gelöst hat. Denn 1933 verschwindet Alices kleiner Bruder. Alle Suchaktionen bleiben vergebens, das Kleinkind ist unauffindbar. 70 Jahre nach diesem tragischen Ereignis, das die ganze Familie Edevane überschattet, beginnt Sadie damit, den Fall neu aufzurollen. Je tiefer sie in den Familiengeheimnis der Edevanes gräbt, desto stärker ist Sadie von dieser Geschichte fasziniert.
Sprünge zwischen Zeitebenen
Wer diesen Roman zur Hand nimmt, muss mit den Sprüngen zwischen den beiden Zeitebenen umgehen können. Sie gehören zu Kate Mortons Stil, unterbrechen aber manchmal den Erzählfluss etwas abrupt. Während Kate Morton bei den Figuren der Gegenwart eher oberflächlich bleibt, geht sie im Erzählstrang rund um die Familie Edevane sehr nahe an die Figuren heran und gibt ihnen viel Tiefe. Besonders die mittlere der drei Töchter, Alice, kommt mit ihrem kantigen Charakter sehr gut zur Geltung. Die Leser erleben ein Familienleben, das von gesellschaftlichen Konventionen geprägt ist - und vom Nachzügler, dem später verschwundenen Kleinkind dominiert wird. Die Töchter sind stark auf den Vater fixiert, der seine Familie auf Händen trägt. Für die Mutter eine schwierige Situation, fühlt sie sich doch öfters als Außenseiterin, die der Erziehung ihrer drei Töchter nicht ernsthaft gewachsen scheint. Durch die empathische Erzählweise der Autorin wächst Alices unglückliche Mutter den Lesern irgendwie ans Herz, wenn sie auch in einigen Bereichen eher hilflos wirkt.
Faszinierender Aufbau
Einmal mehr gelingt es Kate Morton, ihre Leser ganz in die Vergangenheit mitzunehmen und für sie eine längst vergangene Welt sichtbar zu machen. Die Verknüpfung der beiden Zeitebenen ist dabei ein nettes Stilmittel, müsste aber nicht unbedingt sein. Der historische Teil des Romans hat genügend Aussagekraft und Tiefe, um ohne einen Gegenwarts-Teil auszukommen. Doch der flüssige Schreibstil der Autorin und ihre Gabe, die Erzählung mit der notwendigen Spannung auszustaffieren, lassen das vergessen. In den über 600 Seiten finden sich kaum Längen, es gibt - bis auf die manchmal etwas plötzlichen Zeitsprünge - kaum Situationen, in denen der Lesefluss unterbrochen wird.
Dass Kate Morton noch eine ganze Reihe von gesellschaftlichen Themen in ihren Roman einbaut, macht die Geschichte abwechslungsreich und regt da und dort zum Nachdenken an. Es lohnt sich, die Szenen auf sich wirken zu lassen und die Schilderungen von Cornwall tief in sich aufzunehmen. Dadurch wird nicht nur eine Geschichte lebendig, auch eine ganze Landschaft bekommt Konturen. So versteht es Kate Morton, ihre Leser auf der ganzen Ebene zu unterhalten, selbst wenn schon bald klar ist, welche Richtung der Roman einschlägt und wie die Geschichte sich entwickeln wird.
Kate Morton, Diana
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