Die Herren der Grünen Insel
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2016
- 3
- Blanvalet, 2016, Titel: 'Die Herren der Grünen Insel', Originalausgabe
Die normannische Eroberung Irlands spannend und gekonnt erzählt
Irland im 12. Jahrhundert ist ein blutiges Irland. Das Land ist uneins, gespalten in viele Klein- und Großkönigreiche und nicht einmal annähernd vereint unter einem Hochkönig. So zerreißen Kriege und Fehden die einzelnen Gebiete und wehe dem, der auf der Seite der Verlierer steht. Diarmait MacMurchada ist König von Leinster und so ein Verlierer. Nachdem Ruari OConnor die Hochkönigswürde mit seinen Verbündeten erringt, muss Diarmait fliehen. Er verlässt Irland und wendet sich an König Henry II. von England, der ein großes Interesse an diesem Land hat und somit seinen normannischen Edelleuten erlaubt, Diarmait zu helfen. Dieser muss jedoch bald erkennen, dass er die Geister, die er rief, bei weitem nicht beherrscht.
Riacan OBjolan hingegen bekommt ebenfalls schmerzlich zu spüren, was es heißt, dem falschen König die Treue zu halten. Seine Schweser Caitlín wird von Ascall von Toora, einem für seine Grausamkeit bekannten Krieger, entführt und Riacan kann nichts dagegen tun - auch wenn er Rache sucht...
Komplex und vielschichtig
Die Herren der Grünen Insel wird immer wieder mit Game of Thrones von George R. R. Martin verglichen - und das nicht zu unrecht. Zwar ist dieses Buch weit davon entfernt, eine billige Kopie zu sein, man merkt ihm jedoch die Verehrung Brennans für Martin an und das spiegelt sich auch in der Komplexität, der Figurenzeichnung und manchmal in der Brutalität wieder.
Einen oder zwei Protagonisten benennen zu wollen, ist unmöglich, die Geschichte lebt von der Vielzahl derselben. Insgesamt acht Personen erzählen uns Lesern ihre Sicht der Dinge und ihre Erlebnisse. Dabei ist jedes Kapitel mit der Person überschrieben, deren Erzählungen wir dann folgen dürfen. Dadurch erfährt man, was Krieg für die einfacheren Grundbesitzer und die auf ihrem Land lebenden Leute bedeutet, ebenso, wie man Einblick in die Ränke auf Königshausebene erhält und die Eroberung durch die Normannen hautnah miterlebt. Durch diesen häufigen Perspektivenwechsel entfaltet die Geschichte eine Komplexität, die den Leser fesselt und immer tiefer in das Geschehen hinein zieht.
Dabei den Überblick zu behalten, ist nicht immer leicht, vor allem bei den vielen ungewohnten Namen - Gälisch ist nun mal keine einfache Sprache. Daher ist das Lesezeichen, das beiliegt und auf dem die wichtigsten Personen (samt korrekter Aussprache) verzeichnet sind, wirklich hilfreich. Da hatte der Verlag ohne Zweifel eine wirklich gute Idee.
Natürlich wachsen einem manche Figuren mehr ans Herz als andere, doch bleiben die Geschichtenn aller Protagonisten interessant genug, um ihnen zu folgen. Lediglich hie und da tauchen ein paar Längen auf, bei denen eine Kürzung der Erzählung gut getan hätte, um den Spannungsbogen steiler aufrecht zu erhalten.
Lebensechte Protagonisten
Auch die hervorragende Ausarbeitung der einzelnen Charaktere macht es einfacher, der Geschichte zu folgen. Hier muss man der Autorin ein großes Kompliment machen, denn sie hat es geschafft, alle ihre Figuren liebevoll und vor allem tiefgründig auszuarbeiten. Dabei verzichtet sie darauf, ihre Personen allzu positiv darzustellen. Es gibt keinen durch und durch sympathischen Charakter, jeder bzw. jede hat ihr Päckchen zu tragen und mit den jeweiligen Schwächen zu kämpfen. Da dunkle Zeiten oft die dunklen Seiten in den Menschen hervorbringen, treten die Charakterschwächen bei den Protagonisten - aber auch bei den Nebenfiguren - teilweise deutlich zutage. Doch gerade die dunklen Seiten, die nicht selten im Kampf mit den hellen liegen, sorgen dafür, dass die Figuren faszinierend und lebensecht wirken.
Zudem machen viele Charaktere eine Wandlung durch und verstehen es, ihre Leser im Verlauf der knapp 1000 Seiten mehrfach zu überraschen. Unvorhergesehene Wendungen gibt es jedenfalls genug.
Stimmungsvoll geschrieben
Durch den Krieg ist die Stimmung des Buchs generell düster und martialisch, so dass die seltenen Momente des Glücks umso kostbarer für die Protagonisten erscheinen. Allerdings auch bittersüß, denn durch den Krieg ist ihnen meistens kein langes Bestehen vergönnt.
Brennan scheut sich auch nicht, die Grausamkeiten beim Namen zu nennen. Töten, Schlachten und Schändungen gehörten in der damaligen Zeit zum Alltag, also werden sie auch so beschrieben. Das könnte dem einen oder anderen Leser zu viel sein, erhöht die Authentizität allerdings ungemein. Auch sprachlich versteht die Autorin ihr Handwerk. Der Situation angepasst reden ihre Protagonisten oft mit derben, vulgären Ausdrücken und auch die Gräueltaten werden mit klaren Worten benannt. Daneben finden sich aber herrliche Beschreibungen und teils poetische Sätze, die den Lesegenuss erhöhen.
Trotz aller Düsternis findet auch die Liebe ihren Platz, zarte Romantik sucht man allerdings vergebens, die Liebesgeschichten sind so wie das Buch: Wild, rau, leidenschaftlich, manchmal auch hart und schmerzhaft - und trotzdem überzeugend.
Lobend sei hier auch die Ausstattung erwähnt, mit der der Verlag sich wirklich viel Mühe gegeben hat. Allein das Cover ist mit dem Motiv, einem Emblem und der Goldprägung wunderschön gestaltet, der Inhalt wird durch Lesebändchen, eine Karte, einem Personenregister, dem oben erwähnten Lesezeichen, einer Zeittafel und einem Nachwort abgerundet.
Die Herren der Grünen Insel ist ein spannender und wundervoll geschriebener Historienroman, der die Eroberung Irlands durch die Normannen aus irischer Sicht schildert und abgesehen von einigen Längen und für manche Leser zu brutalen Schilderungen einen uneingeschränkten Lesegenuss verspricht.
Kiera Brennan, Blanvalet
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