Der Kaffeedieb

  • Kiepenheuer & Witsch
  • Erschienen: Januar 2016
  • 7
  • Kiepenheuer & Witsch, 2016, Titel: 'Der Kaffeedieb', Originalausgabe
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Jörg Kijanski
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Histo-Couch Rezension vonMär 2016

Spannende und informative Reise in das ausgehende 17. Jahrhundert

1683. In Europa ist der Vormarsch eines neuen Getränks nicht mehr aufzuhalten. Kaffee, der Wein des Islams, ist im doppelten Wortsinn heiß begehrt. Obediah Chalon, ein Spekulant und Betrüger, hat bei einem Börsengeschäft ein Vermögen verloren. Da die Wechsel mit denen er zahlte gefälscht waren, bleibt ihm nur die Flucht nach Amsterdam, wo er einige Monate später im Zuchthaus landet. Conrad de Grebber, Direktoriumsmitglied der Vereinigten Ostindischen Compagnie (VOC) bietet Chalon ein Geschäft an. Mit allen erforderlichen Mitteln ausgestattet, soll er in den Jemen nach Mocha reisen, um dort einige Kaffeepflanzen zu stehlen. Daraus will die VOC dann Setzlinge ziehen, womit das Kaffeemonopol der Türken gebrochen wäre.

 

"Die Österreicher sind, wie Ihr wisst, ein besonders verweichlichtes Volk. Und am schlimmsten sind die Wiener. Sie halten Kaffee für zu bitter und deshalb mildern sie seinen Geschmack."

"Mit Honig, Graf?"

"Nein, sie geben Rohrzucker hinzu. Das alleine wäre bereits abominabel. Aber dann gießen sie noch Sahne hinein."

"Nein!"

"Ich schwöre es."

 

Doch es gibt erhebliche Probleme, denn die Reise ist nicht ungefährlich. Zudem wird das Anbaugebiet bei Mocha von den Osmanen schwer bewacht. Deren Partner beim Kaffeehandel, die Franzosen, sind ebenfalls alarmiert, denn sie vermuten zunächst, dass Chalon vor allem Willem von Oranien unterstützen will und sich dessen Aktionen gegen seine Majestät Louis XIV. richten. Daher setzen sie Gatien de Polignac, einen Capitaine der Musketiere, auf Chalon und dessen kleine Mannschaft an. Ein packender Wettlauf beginnt&

Abenteuer-, Spionage-, Wissenschafts- und Historienroman in einem spannenden Plot vereint

Tom Hillenbrand ist durch seine "kulinarischen Krimis" um den Koch/ Ermittler Xavier Kieffer sowie seinen preisgekrönten Roman Drohnenland kein Unbekannter. Nun legt er mit Der Kaffeedieb einen vielversprechenden historischen Roman vor. Zunächst wird die Hauptfigur Obediah Chalon vorgestellt, der sich als Virtuosi vor allem für die Naturphilosophie interessiert und daher begeistert in der Welt der Republique des Lettres (wissenschaftliche Zeitung, die erstmals 1684 in Amsterdam veröffentlicht wurde) zuhause ist. So hat er ein über ganz Europa hinausgehendes Netz an gleichgesinnten Informanten, die ihm für sein großes Vorhaben nützlich sind. Zunächst gilt es jedoch eine Mannschaft zu finden, diverse technische Gerätschaften anzuschaffen sowie Dokumente zu fälschen, die einem die Weiterreise erleichtern.

 

"Diese ganze Instrumentalisierung von Glaubensfragen ist schlichtweg Wahnsinn. Ich gedenke, demnächst ein Traktat zu veröffentlichen, in dem ich die strikte Trennung von Staat und Religion fordere."

"Eine absurde Idee. Ihr bringt es zustande, dass Euch nicht nur die Katholiken aufs Schafott wünschen, sondern die Calvinisten ebenfalls."

 

Die politische Lage der Jahre 1683 bis 1689 ist derweil äußerst angespannt und vor allem undurchsichtig. Zunächst belagern die Osmanen 1683 Wien und Chalon ist nicht der Einzige der davon ausgeht, dass die Hauptstadt der Habsburger dem Erdboden gleichgemacht wird. Eine verhängnisvolle Fehleinschätzung; nicht nur für die Türken. Kaiser Louis XIV. sinnt nach neuen Gebieten auf dem Kontinent, während Willem von Oranien im weiteren Verlauf der Geschichte als William III. neuer König von England wird. Wer sich für die Geschichte (Macht- und Herrschaftsverhältnisse etc.) im Europa des ausgehenden 17. Jahrhunderts interessiert, wird hier bestens informiert.

 

"Dies ist Mehmed II., genannt der Eroberer. Der erste Qayser-i-Rum."

"Er nannte sich Römischer Kaiser? Leopold I. würde dies bestreiten."

"Konstantinopel war der Sitz des Römischen Reichs. Als der Padischah die Stadt einnahm, ging die Kaiserwürde logischerweise auf ihn über und auf alle seine Nachfolger. Leopold ist ein Usurpator."

 

Auf der abenteuerlichen Reise haben Chalon und seine Gefährten zahlreiche Abenteuer zu bestehen, denn nicht selten droht ihre Tarnung aufzufliegen. Chalon hat sich allerdings mit seinen zahlreichen Verbindungsleuten gut vorbereitet und hierfür in seinem Schriftverkehr eine schwer zu entschlüsselnde Chriffriermethode ausgedacht. Diese versucht Bonaventure Rossignol, der Chefkryptologe seiner Majestät Louis XIV., zu entschlüsseln, wodurch der Leser viel über die Kunst der Verschlüsselung kennenlernt. Wer an "Enigma" (in Buch und / oder Film) Freude hatte, sollte ebenfalls zugreifen.

Fazit: Der Kaffeedieb bietet nicht nur einen Einblick in den Beginn des Siegeszuges von Kaffee, sondern auch ein bildgewaltiges Werk über die politischen Verhältnisse in Europa zwischen 1683 und 1689. Zudem gibt es viel zu lesen respektive zu lernen, vor allem über die Unterschiede von Morgen- und Abendland sowie die Kunst der Kryptologie. Dazu Action, Liebe und am Ende eine böse Überraschung. Was will man mehr?

Der Kaffeedieb

Tom Hillenbrand, Kiepenheuer & Witsch

Der Kaffeedieb

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