Der Smaragdsucher

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  • Erschienen: Januar 2016
  • 3
  • , 2016, Titel: 'Der Smaragdsucher', Originalausgabe
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Daniela Loisl
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Histo-Couch Rezension vonMär 2016

Christoff und die Glück versprechenden grünen Edelsteine

Pinzgau in Salzburg um 1670. Christoff Jenner, Sohn eines Bergbauern, Tagelöhner und Knecht, trifft auf Cecilia, Tochter des reichen Bauern Ronacher, und die beiden fühlen sich schnell einander zugehörig. Doch die Beziehung steht unter keinem guten Stern, wird ihnen doch die Ehe verwehrt und durch ihr "wildes" Zusammenleben verliert gerade Cecilia ihr Ansehen im Dorf. Als die beiden durch ein Unwetter alles verlieren, trifft Christoff den berühmten Geologen Niels Stensen, der im Auftrag von Erzherzogin Anna de Medici das Smaragdvorkommen im Habachtal untersuchen soll und dafür einen ortskundigen Führer sucht. Christoff wittert seine Chance und obwohl Cecilia dagegen ist, erklärt er sich dazu bereit und begleitet Stensen sogar nach Wien und Prag. Voller Tatendrang und die Hoffnung, dass auch ihm das Glück hold sein könnte und er durch die Gewinnung von Smaragden reich werden könnte, verliert er die Zeit aus den Augen und kommt lange nicht in die Heimat zurück. In der Zwischenzeit lernt Cecilia einen hochrangigen Offizier kennen, der sie aus ihrem mühseligen Leben endlich herausholen und ihr einen ihrer gesellschaftlichen Stellung entsprechenden Lebensstil bieten könnte.

Bäuerliches Milieu fern vom Mainstream

Es ist der Debütroman des Autors Ulrich Hossner und liest man dessen beruflichen Werdegang, der schlichtweg respektabel ist, wird man sich dabei ertappen, etwas skeptisch zu überlegen, ob er beim Schreiben eines historischen Romans auf derselben Sprosse seiner Karriereleiter zu bleiben vermag. Die Antwort ist kurz und bündig: ja. Auch einem Leser der sich mit den vergangenen Epochen kaum oder wenig befasst, wird schnell klar, mit welch gewaltigem Wissen und akribischer Recherche Hossner dieses Werk verfasst hat. Das Leben seiner Protagonisten spielt fern des üblichen Mainstreams - schon allein aus diesem Grunde sei das Buch empfohlen - in einem kleinen Ort im Salzburgerischen, an dem nur das Zupacken und schwere Arbeiten eine Existenz sichert. Der Autor gibt das bäuerliche Milieu so authentisch wieder, als habe er die Zeit selbst erlebt. Die Erzählweise ist flüssig und der Spannungsbogen bleibt bis zum Schluss straff.

Die tägliche harte Arbeit am Hof, das Bewirtschaften der Felder, das Versorgen des Viehs, das Herstellen von Butter und Käse, die Angst, den Zehnt nicht leisten zu können und die Not, wenn einem die hochwasserführende Salzach im wahrsten Sinn des Wortes alles davonschwemmt. Bildhaft und malerisch beschreibt der Autor Landschaft, Berge und Gegebenheiten, sodass man sogar als Leser die Enge eines Stollens im Bergwerk als bedrückend empfindet.

Christoffs Reisen nach Wien oder Prag und seine dortigen Erlebnisse sind eindringlich und intensiv dargestellt. Auch erfährt man viel über den damaligen Bergbau und wer nachrecherchiert wird feststellen, dass es im Habachtal in Salzburg wirklich die einzigen Smaragde Europas gab (oder gibt?).

Wunderbare Charaktere

Es gibt eine große Menge an Darstellern und Hossner wechselt oft die Perspektiven, sodass man die Geschichte aus mehreren Blickwinkeln erfährt. Die Figuren haben Ecken und Kanten und sind so individuell gezeichnet wie das Leben selbst.

Christoff und Cecilia lieben sich aufrichtig und schaffen es dennoch nicht, miteinander zu leben. Warum dies so ist und welche Hintergründe dies hat, beschreibt Hossner sehr eindringlich und auch nachvollziehbar. Auch entwickeln sich die Figuren, sodass man am Ende des Buches anstatt zwei gereiften Menschen zwei Protagonisten gegenübersteht, die beide ihren Lebensweg nicht hätten anders beschreiten können, als sie es getan haben.

Und das liederliche Weib ...

Es scheint alles zu passen bei Ulrich Hossners Erstling und im Grunde ist es auch so. Was aber auffällt, ist, dass der Autor die Frauen (der damaligen Zeit?) so ziemlich alle für etwas liederlich hält. Es gibt keine Frau, die sich nicht relativ schnell nackt zeigt, die Männer mit ihren Reizen bezirzt, sich schamlos an den Mann ihrer Dienstherrin heranmacht oder ihrem Gatten ein Kuckuckskind unterjubelt.

Dass sich ein junges, naives Mädchen geehrt fühlt, wenn ein wohlhabender Mann, der gesellschaftlich weit über ihm steht, sie beschenkt und Versprechungen macht, ist nur verständlich. Dass aber ein unerfahrenes Mädel sich ruckzuck bereit erklärt, nackt zu posieren oder ein Ehemann ziemlich gelassen reagiert, wenn er nach 20 Jahren erfährt, dass seine vermeintliche Tochter gar nicht die seine ist, kann man so nicht wirklich glauben. Einzelfälle ja, aber bei Ulrich Hossner sind all diese Dinge so locker beschrieben, dass man dies sogar für die heutige Zeit bezweifeln würde. Dies ist aber schon der einzige Kritikpunkt dieses äußerst komplexen Romans.

Mia san mia

Unbedingt erwähnenswert ist auch, dass es Hossner nicht ein einziges Mal passiert ist, dass er seine Figuren Idiome sagen lässt, die damals nicht wirklich regional so gesagt worden wären. Wenngleich kein Österreicher und wahrscheinlich auch kein Bayer ein Problem mit den vielen orts- und landesüblichen Ausdrücken haben wird, so kann es, trotz Bemühen Hossners alle Bezeichnungen in der Erzählung selbst zu erklären, passieren, dass so manche Leser mit so einigen Worten oder Aussagen nichts werden anfangen können. Dies macht aber dem Verständnis der Erzählung absolut keinen Abbruch!

Der Smaragdsucher ist ein Buch, das sich wohltuend aus der Masse abhebt und es wäre wünschenswert, dass anspruchsvolle Leser dieses Buch finden, sie werden es nicht bereuen.

Eine Frage allerdings bleibt offen: Ist dieser historische Roman ein einzelnes Werk oder darf man hoffen, noch mehr von Ulrich Hossner zu lesen?

Der Smaragdsucher

Ulrich Hossner, -

Der Smaragdsucher

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