Die Säulen des Lichts
- Goldmann
- Erschienen: Januar 2016
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- Goldmann, 2106, Titel: 'The Pillars of Light', Originalausgabe
Der weite Weg der Gotik
Auf dem Marktplatz von Akka lernen sich Zorah und Nathanael kennen. Er ist der Sohn eines wohlhabenden jüdischen Arztes, sie stammt aus einer verarmten moslemischen Familie. Und doch verlieben sich die beiden ineinander. Als Akka von der Herrschaft der Kreuzritter befreit wird, beginnt eine glückliche Zeit für seine Bewohner und auch Zorah und Nathanael genießen ihre Liebe. Aber Zorahs Familie würde einer Ehe zwischen den beiden nie zustimmen, nur heimlich können sie sich treffen. Und schon bald landet ein neues Kreuzritterheer an den Küsten des Heiligen Landes. Akka soll zurückerobert werden und auch Jerusalem soll wieder den Christen gehören. Zwar kreist Salah ad-Din mit seinem Heer die Kreuzritter ein, doch die haben unbegrenzten Nachschub über das Meer. Akka wird belagert und für die Menschen dort wird das Leben immer härter.
Mit dem Kreuzfahrerheer ist auch John in das Heilige Land gekommen. Ein Findelkind, in einem Kloster aufgezogen und der Willkür der Mönche ausgesetzt. Als sich ihm eine Gelegenheit zur Flucht bietet ergreift er sie. Gemeinsam mit einem Fremden, einem Mauren, zieht er durch England, hält sich mit kleinen Gaunereien über Wasser. Aber John hat ein Talent: Er kann zeichnen. Und er malt seine Phantasien. Hohe Säulenhallen, fein durchbrochene Fenster, schlanke Türme& John und der Maure finden einen Gönner, einen Bischof, der davon träumt, in England eine Kathedrale von nie dagewesener Schönheit zu bauen. Als John sich den Kreuzfahrern anschließt findet er im Heiligen Land Gebäude, die aussehen wie die, von denen er immer geträumt hat. Und auch den Mauren findet er wieder, jenen Mann, den er liebt. Gemeinsam beginnen sie, den Traum von der wunderschönen Kathedrale wahr werden zu lassen.
Eindeutige Sympathien
Die Säulen des Lichtes hat viele Themen: Die Belagerung von Akka während des dritten Kreuzzuges, die Liebe, die Entstehung der Gotik... Fast scheint es, als habe sich die Autorin nicht entscheiden können, worauf sie den Schwerpunkt legen sollte. Zwar gibt es zwei parallele Handlungsstränge, die auch aus unterschiedlicher Perspektive erzählt werden, dennoch fällt es schwer, all die vielen kleinen Fädchen im Auge zu behalten aus denen die Autorin ihren Roman gestrickt hat. Da sind Zohra und ihre Familie, dazu Nathanael, in Akka. Da ist John mit dem Mauren in England, später ebenfalls in Akka. Dazu Salah ad-Din und einige Nebenschauplätze. Die Gotik, Excalibur und das heilige Kreuz. Jane Johnson wollte viel mit diesem Roman.
Dabei gelingt es ihr wesentlich besser, das Leben in Akka einzufangen und für den Leser nacherlebbar zu machen, als das Leben im mittelalterlichen England zu schildern. Die Szenen dort bleiben eher blass. Dagegen sprühen die Szenen in Akka geradezu vor Lebendigkeit und haben auch Protagonisten zu bieten, mit denen man sich als Leser vermutlich sehr viel lieber identifiziert als mit dem Haufen Lumpenpack in England. Es fällt nicht schwer zu erraten, wo die Sympathien der Autorin liegen. Allerdings fragt man sich als Leser oft, ob denn ein junges moslemisches Mädchen tatsächlich so viel Freiraum genießen durfte wie Zohra und ob so manches andere, was Jane Johnson so über die Beziehungen unter den Menschen schreibt, wirklich so funktioniert haben kann. Leider gelingt es nicht, den Spannungsbogen über die gesamte Länge des Romans zu halten. Auch dadurch, dass immer wieder neue Schauplätze auftauchen, entstehen Längen, die mitunter mühsam zu überwinden sind.
Tomaten säen Misstrauen
Das Findelkind John darf seine Geschichte als Ich-Erzähler berichten. Er und der etwas dubiose Maure liefern die Ideen für die Entstehung der Kathedrale in Wells, die als frühestes Zeugnis der englischen Gotik gilt. Jane Johnson verfolgt damit eine interessante Theorie der Architekturgeschichte, nach der die Ideen für die gotischen Kathedralen Europas von den Kreuzfahrern aus dem Orient mitgebracht wurden. Inspiriert von den schlanken Säulen der Moscheen und den hohen Minaretten entwarfen sie Bauten, die sich von denen der Romanik stark unterschieden. Die Autorin hat ganz offensichtlich auf diesem Gebiet recherchiert, und nicht nur hier. Auch viele Schilderungen von schwierigen politischen Situationen sowohl in England als auch im Heerlager Salah ad-Dins sprechen dafür, dass Jane Johnson weiß, wovon sie schreibt.
Zu dumm nur, dass sie dabei die Entdeckung Amerikas ins Mittelalter vorverlegte. Natürlich haben auch schon andere Autoren im mittelalterlichen England Maisfelder wachsen lassen, bei Jane Johnson aber tummeln sich im Jahre 1187 Tomaten und Chilischoten neben schokoladenbraunen Augen. Nicht als einmaliger Ausrutscher. Immer wieder stolpert man im Buch über Begriffe, die eindeutig nicht in die Zeit des Dritten Kreuzzugs gehören. Und so wird man als Leser misstrauisch und gerät immer wieder in Versuchung, bei einem bekannten Internetportal zu prüfen, ob denn das, was die Autorin ansonsten so schreibt, überhaupt stimmt. Sehr schade, denn das bremst den Lesespaß außerordentlich ein.
Phantasie und Fakten
Autorin Jane Johnson hat in Die Säulen des Lichts mit viel Phantasie eine Geschichte um die Fakten des Dritten Kreuzzugs und um eine spannende Theorie zur Architektur herum gebaut. Wie glaubhaft man diese Geschichte findet, bleibt dem Leser überlassen. Wer einfach ein paar entspannte Stunden mit einem Roman über Liebe und Krieg sucht, der ist hier sicher nicht schlecht beraten. Zudem gibt es eine Karte, auf der die wichtigsten Schauplätze verzeichnet sind. Die Autorin geht in einem interessanten Nachwort auf die Entstehungsgeschichte des Romans ein. Ein Personenverzeichnis am Ende des Romans hilft bei der Orientierung.
Ein Roman, der sicher einige "Problemzonen" hat, der aber beim Lesen durchaus Entspannung schenken und interessante Fakten weitergeben kann.
Jane Johnson, Goldmann
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