Das Gold des Meeres

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2016
  • 4
  • Goldmann, 2016, Titel: 'Das Gold des Meeres', Originalausgabe
Das Gold des Meeres
Das Gold des Meeres
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Alexandra Hopf
911001

Histo-Couch Rezension vonJul 2016

Abenteuerliche Fortsetzung der Fleury-Saga

Im Winter des Jahres 1259 steht es schlecht um das Handelsimperium der Fleurys. Mittlerweile wird es von Balian Fleury geleitet, nachdem sein Bruder Michel und sein Schwager Clément vor vier Jahren auf einer Handelsreise nach London ermordet wurden. Balian fehlt leider das besondere Kaufmannsgeschick, das viele Männer des Clans auszeichnet. Er besitzt eher Talent für Sprachen und Kampfkunst. Doch nach dem Tod des älteren Bruders bleibt Balian nichts anderes übrig, als das Kontor zu übernehmen. Aber vier Jahre später steht er mit seinem Handelsimperium kurz vor dem Bankrott. Er ist hoch verschuldet und ihm droht der Hungerturm. Als letzten Ausweg entschließt sich Balian, sich vier anderen Händlern anzuschließen und mit ihnen eine waghalsige Handelsfahrt in den hohen Norden, nach Gotland, zu unternehmen. Seine Zwillingsschwester Blanche verpfändet ihre Kette, die sie einst von ihrem verstorbenen Ehemann Clément erhalten hat, um ihm ein Startkapital zu verschaffen. Als Bedingung besteht sie aber darauf, ihn auf der Fahrt zu begleiten.

Die Zwillinge Fleury starten in eine abenteuerliche Reise. Doch bereits in Köln trifft die Reisegruppe auf erste Schwierigkeiten. Wird es den Geschwistern und den anderen Kaufleuten gelingen, unbeschadet weiterzureisen und als ruhmreiche Handelsfahrer von Gotland  zurückzukehren?

"Fleury" einmal anders

Daniel Wolf liefert mit dem dritten Teil der Kaufmannssaga einen Roman ganz anderer Art ab. Es dreht sich zwar immer noch um die Kaufmannsfamilie Fleury, aber die Geschichte des Handels tritt in diesem Buch eher in den Hintergrund. Vielmehr begleiten wir die Protagonisten auf eine mehr als abenteuerliche Fahrt in den hohen Norden. Die Handelsstadt Varennes, die Hauptschauplatz der ersten beide Bände, tritt nur kurz in Erscheinung. Von den dort üblichen Handelsverfahren und der Art der Stadtverwaltung hat der Leser ja bereits genug erfahren. In diesem Buch erfährt er auf äußert spannende Weise, wie beschwerlich und gefährlich das Reisen im 13. Jahrhundert war. Eindrucksvoll kann der Autor vermitteln, welche Kraftanstrengung Handelsreisende unternehmen mussten, um mit den schwer an Handelsgut beladenen Ochsengespannen auf unbefestigten, teils schlammigen Wegen vorwärts zu kommen. Dabei konnte ihnen nicht nur das Fehlen von Straßen zum Verhängnis werden. Viel schlimmer war die Bedrohung eines Überfalls durch Raubritter und Vogelfreie. Man hatte Glück, wenn man mit dem Leben davonkam und nur den Verlust der Güter oder des Silbers zu beklagen hatte.

Durch den dritten Teil der Geschichte gewährt Daniel Wolf einen tiefen Einblick in die weiteren  Schwierigkeiten mit denen Handelsreisende in anderen Städten konfrontiert waren. Das beginnt schon bei Sprachbarrieren durch andere, dort gesprochene Dialekte oder dort andere gebräuchliche Währungen. Die Reise bleibt durchweg spannend und unterhaltsam. Auch wenn der Glücksfaktor der Reisenden mehr als ausgereizt wird und man manchmal zweifelt, ob so viel Glück auf einmal wirklich real sein kann. Aber dem Autor gelingt es, den Leser mit seiner kurzweiligen und sehr lebendigen Erzählweise mitzureißen

Starke Entwicklung des Hauptprotagonisten

Bisher hat noch kein Fleury eine derart steile Entwicklungskurve durchgemacht wie diesmal Balian Fleury. Der Sympathieträger des Romans war zu Beginn der ältere Bruder, Michel Fleury. Sein jüngerer Bruder Balian ist eher das schwarze Schaf der Familie. Ein Quertreiber dessen kopfloses Handeln auch den Leser zu Beginn leicht genervt die Augenbrauen heben lässt. Doch im Verlauf der Geschichte mausert er sich immer mehr zum Held der Geschichte. Sein umsichtiges durchdachtes Handeln führt oft zum Erfolg und man kommt nicht umhin, Sympathien und Respekt für den jungen Mann zu entwickeln. So wird ein gescheiterter und untalentierter Kaufmann plötzlich zum Helden.

Neben ihm seine Zwillingsschwester Blanche. Sie begleitet den Roman als feste Konstante. Sie ist von Anfang an sehr willensstark. Der Reisebegleiter Raphael hingegen verändert sich im Laufe der Geschichte. Zunächst als unnahbarer Unsympath, wird er gegen Ende des Romans immer offener und man erkennt einen guten Kern in ihm. Die Person, die das Herz der Leser berührt, ist mit Sicherheit der Knecht Odet. Sein tollpatschiger aber liebenswerte Charakter lässt einen des öfteren schmunzeln.

Geschichte des Deutschen Ordens

Daniel Wolfs Geschichte ist rein fiktiv. Die Verschmelzung mit tatsächlich historischen Eckpfeilern gelingt wiederum nahezu perfekt. Im Gold des Meeres erhält der interessierte Leser viele Informationen über die Geschichte und die Macht des Deutschen Ordens im Mittelalter. Die Begegnungen der Protagonisten mit den Ordensrittern bilden die Kerngeschichte des Romans.

Rein optisch setzt der Goldmann Verlag auf den bewährten Aufbau. Das Cover ziert wiederum eine mittelalterliche Buchmalerei um den Anfangsinitialen. Auch wenn der Roman auf den ersten Blick ebenso umfangreich erscheint wie die beiden Vorgänger, stellt man fest, dass die Geschichte diesmal nur gut 650 Seiten umfasst. Die Dicke des Buches ergibt sich aus der Verwendung stärkerem Papiers und größerer Schrift. Im ausklappbaren Buchvorderteil findet man einen Stammbaum der Fleurys. Er ist hilfreich für Leser, die die ersten beiden Teile nicht kennen oder zur Auffrischung der Familienzusammenhänge. Und im hinteren Buchdeckel finden wir eine Landkarte um den Verlauf der Reise bildlich mitzuverfolgen. Das Buch selbst beginnt mit dem Personenregister und endet mit einem wertvollen Glossar mittelalterlicher Worterklärungen.

Gelungene Fortsetzung, kein billiger Abklatsch

Daniel Wolf unterhält den Leser auch mit Band drei über die gesamte Länge des Werkes. Durch den beständigen Ortswechsel kämpft die Familie Fleury diesmal nicht gegen einen großen Feind, wie man es von den beiden Vorgängern kennt, sondern gegen viele verschiedene Gegner. Die Geschichte diesmal aus Varennes wegzuverlegen und eine komplett andere Problematik zu behandeln, war ein brillanter Schachzug des Autors und hat die Geschichte wunderbar belebt.

Das Gold des Meeres

Daniel Wolf, Goldmann

Das Gold des Meeres

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