Die Sichel des Todes
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2016
- 0
- Gmeiner, 2016, Titel: 'Die Sichel des Todes', Originalausgabe
Mörderischer Kampf um ein mögliches Urevangelium
Münster 1877: John Rodman ist ein amerikanischer Millionär mit deutschen Wurzeln, der mit seiner Familie nach Münster zurückkehrt ist und sich dort niederlassen will. Aufgrund seines ungeheuren Reichtums hofft die preussische Staatsregierung ihn zu einigen Investitionen bewegen zu können. Als Rodman Drohbriefe erhält, überträgt die preussische Geheimpolizei dem münsterischen Kommissar Heinrich Maler den Auftrag, den Millionär zu schützen. Kurz nach dessen Dienstantritt wird während eines Empfangs eines der Dienstmädchen ermordet, bald darauf findet man auch Rodman tot auf. Angeblich hat er sich erhängt.
Maler, in seiner Ehre gekränkt, weil er Rodman nicht schützen konnte, führt die Ermittlungen hartnäckig fort, auch wenn man ihn daran von höherer Ebenen hindern will und findet bald heraus, dass der Tote einem brisanten Dokument aus den Zeiten der Wiedertäufer auf der Spur war - einem Dokument, dass die Kirche in ihren Grundfesten erschüttern könnte und das offenbar den Vatikan auf den Plan gerufen hat. Steckt die Kirche hinter den beiden Todesfällen, zu denen sich bald noch weitere gesellen? Hat sie einen Auftragsmörder, genannt "Die Sichel", beauftragt, Rodman und alle, die dem Geheimnis auf der Spur sind, zu beseitigen?
Die Sichel des Todes ist nach Der Werwolf von Münster der zweite historische Kriminalroman um Kommissar Heinrich Maler aus der Feder des Autorenduos Rhein/Beckmann und erneut stellen die Autoren unter Beweis, dass sie schreiben können. Wer den ersten Teil gelesen hat, wird auf viele alte Bekannte treffen, es ist allerdings auch problemlos möglich, Die Sichel des Todes ohne Kenntnisse des Vorgängerbandes zu lesen.
Gelungene Figurenzeichnung
Die Geschichte ist bereits am Anfang spannend und interessant angelegt. Der Prolog aus der Zeit der Wiedertäufer, die Familie Rodman, in der nicht alles so harmonisch ist, wie nach außen vorgegeben wird, der fanatische Jesuit Vincenzo Luga und natürlich die Hinweise auf das geheimnisvolle Dokument, das Rodman aufzuspüren versuchte, versprechen eine komplexe Geschichte.
Wie bereits im ersten Band gelingt auch hier die Figurenzeichnung hervorragend. Maler zeigt sich erneut als scharfsinniger, hartnäckiger, teilweise verbissener und sturer Kommissar, der aber auch einige Schwächen aufweist: So versumpft er schon mal im Wirtshaus bei zu vielen Krügen Bier, was ihn prompt an der Ausübung seiner Pflichten hindert. Zudem lässt er sich von einer schönen Frau einwickeln und gewährt ihr tiefere Einblicke in die Ermittlungen, als gut zu sein scheint. Das lässt ihn umso menschlicher und sympathischer Wirken. Auch sein Assistent Jolmes wächst dem Leser ans Herz, er ist intelligent und scharfsinnig, zudem ehrgeizig und möchte sich vor Maler beweisen. Andererseits kann er manchmal seine Ungeduld kaum bezähmen und seine Schwäche für die schöne Rodmantochter Jenny droht ihn manches Mal von den Ermittlungen abzulenken.
Die Autoren besitzen das Talent, auch Nebenfiguren mit wenigen Worten treffend zu zeichnen, so dass man einen Eindruck von ihrem Charakter bekommt, auch wenn sie nur kurze Auftritte haben.
Besonders gelungen ist das Kapitel, das aus Sicht der "Sichel" geschrieben ist und Einblicke in dessen Werdegang, Gedanken und Handlungen gewährt.
Sehr lineare Erzählweise
Allerdings lässt die anfangs angedeutete Komplexität des Falls im Verlauf des Buchs rasch nach. Die Ermittlungen konzentrieren sich hauptsächlich auf das Auffinden des geheimnisvollen Dokuments und das Überführen des Mörders. Maler schlussfolgert dabei scharfsinnig und treffsicher so gut wie immer richtig, große Verwicklungen gibt es nicht und die gesamten Nachforschungen verlaufen sehr gradlinig. Die Familie Rodman verschwindet fast vollständig aus dem Fokus der Geschichte, was sehr schade ist, denn gerade die interfamiliäre Problematik, die anfangs angedeutet wurde, hätte viel Konfliktpotential geboten. Die bis zum Schluss ungeklärt gebliebenen Fragen, die die amerikanische Familie betreffen, werden zwar von Maler geklärt, doch ist es eine Lösung "aus dem Blauen heraus". Offensichtlich hat der Kommissar weitere Ermittlungen angestellt, die unerwähnt und somit dem Leser unbekannt geblieben sind, deren Ergebnisse dann aus dem Nichts heraus präsentiert werden. Das hinterlässt einen etwas faden Beigeschmack und verhindert, dass aus dem guten Buch ein sehr gutes wird. Dabei verstehen die Autoren ihr Handwerk und hätten ihrer Geschichte leicht etwas mehr Komplexität zukommen können lassen, ohne Gefahr zu laufen, sich zu verzetteln.
Doch trotz dieser Kritikpunkte bleibt die Lektüre der Sichel des Todes spannend und kurzweilig, vor allem weil Maler einige für den Leser durchaus amüsante Kniffe anwendet, um seinen Gegner zu stellen. Zudem sind natürlich die Fragen, ob es ein Urevangelium geben könnte und welche Mittel die Kirche ergreifen würde, um die Entdeckung zu verhindern, an sich schon mehr als interessant.
Es bleibt zu hoffen, dass weitere Romane um Kommissar Maler folgen werden, die dann wieder eine größere Komplexität, ähnlich wie im ersten Band, zeigen werden.
Maria Rhein & Dieter Beckmann, Gmeiner
Deine Meinung zu »Die Sichel des Todes«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!