Feuersbrunst
- Emons
- Erschienen: Januar 2005
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- Emons, 2005, Titel: 'Feuersbrunst', Originalausgabe
Brandstifter, Frauenmörder, Intrigen - Willkommen im Mittelalter!
Augsburg 1518. Während im Karmeliterkloster St. Anna kein Geringerer als Martin Luther auf das Kreuzverhör durch den päpstlichen Legaten Kardinal Cajetan wartet, der Luther zum Widerruf seiner ketzerischen Thesen zwingen möchte, hat der Stadtschreiber Conrad Peutinger ganz andere Sorgen. Zum Einen treibt in Augsburg seit geraumer Zeit ein Brandstifter sein Unwesen, zum Anderen geht ein Frauenmörder um, dem bereits drei Frauen zum Opfer fielen. Alle waren im Besitz eines gefälschten Ablassbriefes und zudem ehemalige Gespielinnen des Druckergesellen Florian Brandner, der soeben sehr zur Freude des Pöbels mit dem öffentlichen Tragen des Lastersteines für eine seiner Verfehlungen bestraft wurde.
Peutinger, der öffentlich nicht selbst in Erscheinung treten will, bittet Florian sich im Druckergewerbe umzusehen, um Hinweise auf die gefälschten Ablassbriefe und damit vielleicht auch auf den Frauenmörder zu finden. Mehr widerwillig macht sich Florian an die Arbeit, doch nach der ersten Woche ist er noch keinen entscheidenden Schritt vorangekommen; übrigens ebenso wie der Kardinal bei Luther. Da stolpert Florian auf dem nächtlichen Nachhauseweg über eine weitere Frauenleiche...
Es stinkt nach allem Erdenklichen
Feuersbrunst bietet in erster Linie einen gelungenen Einblick in das mittelalterliche Alltagsleben mit allem was man sich darunter vorstellt. Intrigen und undurchsichtige Ränkespiele sind an der Tagesordnung, wobei hier gleich mehrere Mönche von St. Anna kräftig mitmischen. Zudem geht es um weltliche Macht, sexuelle Begierde und um das Bild zu komplettieren, stinkt es zudem an allen Ecken und Enden der Stadt hundserbärmlich.
In die in einem feuchten Kellergewölbe befindliche Gaststube gelangte man nur, indem man mehrere halsbrecherisch in die Tiefe führende Stufen überwand, um dann erst einmal in einem Pfuhl aus Straßendreck, angeschimmelten Essensresten und Hühnermist stecken zu bleiben. [...] Es stank nach allem Erdenklichen, wobei zumindest Knoblauch, Schweiß, ungewaschene Füße und Erbrochenes eindeutig zu erkennen waren und über allem ein durchdringender Geruch nach schalem Bier hing.
Der junge Druckergeselle Florian Brandner macht sich also auf die Suche nach dem Feuerteufel, dem Frauenmörder und nicht zuletzt möchte er seine eigene Identität ergründen. Kurz nach seiner Geburt wurde seine Mutter ermordet und Florian wurde von seinem Bruder vor den Klostertüren von St. Anna abgelegt, in der Hoffnung, dass dieser bei den Mönchen sicher aufbewahrt ist.
Hervorragende Charakterzeichnung des ";Helden"
Florian wird sehr realistisch dargestellt, da er keine unglaublichen Heldentaten vollbringt, sondern eher einen Misserfolg nach dem anderen erleidet und nur ganz langsam durch die verwirrenden Spuren und Aussagen zahlreicher Personen durchblickt.
"Du hast also tatsächlich einmal dein Hirn gebraucht", sagte Remigius anerkennend.
Jeder hat seine eigenen Interessen in diesem Spiel und nicht immer sind diese klar erkennbar. So ist es denn nur folgerichtig, dass Florian sehr viel Zeit benötigt um am Ende des Buches mit Hilfe seiner Freundin Justina doch noch Klarheit in die Fälle zu bringen.
Eine Kolumnenschnur als Mordwaffe
Wolfgang Kemmer verwendet etliche lateinische Redewendungen, welche der des Lateinischen unkundige Leser bei Bedarf am Ende des Buches in einem Glossar nachlesen kann. Gleiches gilt für zahlreiche Begriffe aus dem Berufsumfeld des Druckergewerbes. Wer nichts mit einem Majuskel oder einer Kolumnenschnur (hier zweckentfremdet auch als Mordwaffe in Gebrauch) anfangen kann, dem wird ebenfalls Hilfe angeboten. So wirkt die Geschichte insgesamt authentisch und nur am Anfang erscheint der Einstieg etwas schwerfällig, da Florian so gar nichts bei seinen Recherchen, sofern er sie denn überhaupt anstellt, gelingen will. Später wird jedoch das Tempo deutlich angezogen, werden zahlreiche Blindspuren gelegt und die Zahl der Toten steigt weiter kontinuierlich an. Allein der Konflikt zwischen Luther und der Kirche "hätte" ein bisschen mehr Platz einnehmen dürfen, wenngleich dies natürlich eine ganz andere Geschichte ist.
Wolfgang Kemmer, Emons
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