Und unter uns die Welt
- Wunderlich
- Erschienen: Januar 2016
- 5
- Wunderlich, 2016, Titel: 'Und unter uns die Welt', Originalausgabe
Die letzten Sekunden der Hindenburg
Christian Nielsens Traum ist es, zu fliegen. Der junge Sylter ist fasziniert von der Luftfahrt, fährt aber zunächst zur See, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Auf einer seiner Fahrten lernt er Lil Kimming kennen. Die junge Frau aus Pearl Harbour verfolgt ebenfalls einen Traum: Sie möchte Journalistin werden. Ein steiniger Weg, sind doch die meisten Türen für Frauen fest verschlossen. Christian und Lil erleben eine rauschhafte Begegnung und sind sich sicher, dass sie füreinander bestimmt sind. Doch Christian muss zurück aufs Schiff und kehrt nach Europa zurück, während Lil nach Rio reist, um ihrer besten Freundin beizustehen, die dort unglücklich verheiratet ist. Obwohl sie einander nicht vergessen können, verlieren sich die beiden aus den Augen. Lil legt sich ein männliches Pseudonym zu und kann ihren Traum vom Journalismus verwirklichen. Christian gelingt es, sich im Militär als Pilot ausbilden zu lassen und findet eine Anstellung auf einem Zeppelin.
Jahre nach ihrem kurzen Zusammentreffen erhält Lil von einer Angestellten ihrer Mutter ein Paket mit Briefen von Christian. Die Mutter hatte diese vor ihrer Tochter versteckt. Die aufgewühlte Lil nimmt mit Christian Kontakt auf. Obwohl er inzwischen verheiratet und Vater eines kleinen Jungen ist, kann Christian der Verlockung nicht widerstehen: Sein Flug mit dem Zeppelin führt in just nach Rio, wo er Lil wieder sieht. Das Paar nutzt jeden Moment, den Christian in Rio verbringt. Doch dann entscheidet sich Lil, ihre Freundin, die ihren Mann verlassen will, nach New York zu begleiten. Um seiner Geliebten nahe sein zu können, kümmert sich Christian um eine Versetzung auf den größten Zeppelin der Welt, auf die Hindenburg, die den Kurs nach New York fliegt. Mit dem festen Entschluss, seine Frau zu verlassen und sich ganz auf seine Geliebte zu konzentrieren, macht sich Christian mit der Hindenburg auf den Weg nach Lakehurst, New Jersey. Am 6. Mai 1937 soll der Zeppelin dort anlegen. Doch er geht kurz vor dem Ziel in Flammen auf.
Viele Details über Zeppeline
Maiken Nielsen geht in ihrem Roman detailreich auf die Geschichte der Zeppeline ein. Nicht nur, dass sie die erste Umrundung der Welt mit einem Zeppelin beschreibt, sie versteht es auch, den Lesern einen Eindruck davon zu vermitteln, wie die Zeppelinbauer fieberhaft an der Konstruktion eines gigantischen Luftschiffes gearbeitet haben, das die Kontinente einander näher rücken lassen sollte. Schließlich beschreibt die Autorin auch den Untergang der "Hindenburg" facettenreich und sehr anschaulich. Sie wirft auch die verschiedenen Theorien auf, was Ursache für das tragische Unglück gewesen sein könnte. Im Laufe des Romans kann Maiken Nielsen immer wieder Spannung aufbauen, indem sie den Leser mitnimmt auf die fiktive Reise mit dem Luftschiff, bei der einige Gefahren zu überstehen sind. Doch muss der Leser ein generelles Interesse an den Zeppelinen mitbringen, um den Roman tatsächlich genießen zu können.
Den Zeitgeist eingefangen
Es ist nicht nur die Geschichte der Zeppeline, die Maiken Nielsen sehr gekonnt einfängt und dem Leser näher bringt. Sie versteht es, die Zeit der 20er Jahre aufleben zu lassen, den Rausch sichtbar zu machen, in dem die Menschen kurzzeitig leben. Der Zusammenbruch der Börse 1929 lässt die ganze Euphorie in sich zusammen stürzen und macht unzählige Menschen mittellos. Hunger und Perspektivlosigkeit machen sich breit, die Menschen suchen verzweifelt nach einer Zukunft. All das kann der Leser miterleben und dank der umsichtigen Beschreibung auch nachvollziehen. Da Maiken Nielsen in diesen Roman das Schicksal ihres Großvaters eingebettet hat, versteht sie es auch, ihre Protagonisten mit viel Leben zu fühlen und sie dem Leser sehr nahe zu bringen.
Die Autorin legt eine geglückte Kombination von Geschichte, Familiengeschichte und Fiktion vor und entführt ihr Publikum in eine faszinierende Welt, von der sie jedoch auch die Kehrseiten offenbart. Da und dort haben sich ein paar Längen eingeschlichen, doch macht Maiken Nielsen sie durch eine schöne Sprache und viel Empathie wieder wett.
Maiken Nielsen, Wunderlich
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