Das Duell der Bierzauberer
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2017
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- Gmeiner, 2017, Titel: 'Das Duell der Bierzauberer', Originalausgabe
Mehr erzählende Dokumentation als dokumentarische Erzählung
München im 19. Jahrhundert: Gabriel Sedlmayr ist Bierbrauer mit Leib und Seele und dem industriellen Fortschritt durchaus aufgeschlossen. Deshalb entschließt er sich, nach London zu reisen, um dort die neuesten Errungenschaften der Industrialisierung kennenzulernen und vielleicht auch neue Ideen nach Bayern mitzunehmen. Allerdings stellt sich dies schwieriger dar als geplant.
Dennoch schickt er Jahre später auch seinen ältesten Sohn Franz Maria nach England. Er soll möglichst viel lernen bei der größten Bierbrauerei der Welt. Als Franz Maria aber durch einen tragischen Unfall ums Leben kommt, dominiert bei Sedlmayr und seinem zweitältesten Sohn der Wunsch nach Rache, nicht nur persönlich, sondern auch wirtschaftlich.
Faktenreicher Roman
Zwar wird direkt zu Beginn klargestellt, dass es sich bei diesem Buch um einen fiktive Geschichte handelt, aber es ist dennoch nah an der Wirklichkeit verfasst mit seinen geschichtlichen Zuordnungen, handelnden Personen und dokumentierten Geschehnissen. Auch tragen die enthaltenen Zeichnungen eher zu dem Eindruck einer erzählenden Dokumentation bei als zu einem frei erfundenen Roman.
Dies ist keinesfalls schlecht, allerdings überlagern die Fakten die Fiktion, was sich vor allem in den wenig beschriebenen, kontrastarmen Charakteren widerspiegelt. Gerade bei der im Mittelpunkt stehenden Familie Sedlmayr, die sich nicht auf Traditionen verlassen, sondern auch Neuerungen zulassen will, die Rückschläge erleidet, sich aber nicht entmutigen lässt, und die sich generationenübergreifend lernwillig und kämpferisch zeigt, wäre viel Potenzial für schillernde Gestalten vorhanden gewesen.
Immenses Wissen über die Kunst des Bierbrauens
Man merkt dem Autoren Günther Thömmes an, dass er sich in der Braukunst und der Geschichte des Bierbrauens sehr gut auskennt. Das ist vor allem für technik- und industriegeschichtlich-begeisterte Leser sehr interessant. Leser hingegen, die eher eine opulente Chronik mit schwelgerischen Beschreibungen von Charakteren, deren Problemen untereinander, das Zusammenleben im 19. Jahrhundert im Allgemeinen und gesellschaftlichen Darstellungen erwarten, werden enttäuscht.
Zwar werden die Unterschiede zwischen München und London, dem Vielstaatenland Deutschland und dem industriell und wirtschaftlichen aufstrebendem England in der damaligen Zeit angedeutet, aber leider nur in wenigen Sätzen. Ähnliches gilt für die geschichtliche Einordnung, die zum Beispiel in Aussagen wie "während Napoleon das französische Heer in Russland in die Katastrophe schickte, fuhr er fast zeitgleich in die entgegengesetzte Richtung." (S. 29) deutlich wird.
Kurzer und bündiger Schreibstil
Der Schreibstil mit seinen Anspielungen auf zukünftige Geschehnisse, die den Leser neugierig machen, ist klar und präzise formuliert. Bei einigen, (leider zu) wenigen Anekdoten, wie die Szene mit der Weißwurst (S. 268), schmunzelt man und wünscht sich von diesen (aus-)schmückenden Details einfach mehr, um die Figuren greifbarer zu haben und sich besser mit ihnen identifizieren zu können.
Wer sich für die industrielle Entwicklung des 19. Jahrhunderts und hier besonders für das Bierbrauen interessiert, aber keinen hohen Wert auf opulente Gesellschafts- und Charakterdarstellungen legt, kann bedenkenlos zugreifen.
Günther Thömmes, Gmeiner
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