Mit Müh und Not
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- Erschienen: Januar 2017
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- , 2017, Titel: 'Mit Müh und Not', Originalausgabe
Blutbad in Chicago
Anfang Mai 1886 wird Chicago zum Schauplatz heftiger Arbeiterunruhen. Vor allem die Anarchisten rufen zu Streiks und letztendlich auch zum Aufstand auf. Andreas Brenner, der aus dem Dakota-Gebiet in die große Metropole kam und dort für eine Arbeiterzeitung arbeitet, wird Zeuge der großen Kundgebung auf dem Haymarket am 04. Mai 1886 und erlebt sowohl das Bombenattentat als auch die nachfolgende Schießerei mit. Er wird verhaftet und niemand weiß, ob er vielleicht auch als Verschwörer angeklagt werden soll. Seine Frau Sophie bittet die Familie um Hilfe. Umgehend machen sich Bob und Jack Hunhoff auf den Weg. Vor ein paar Jahren haben sie selbst als Polizisten in Chicago gearbeitet. Nun hoffen sie darauf, dem jungen Familienvater Andreas helfen zu können. Aber seit die Hunhoff-Brüder aus Chicago in das Dakota-Gebiet kamen, hat sich in der großen Stadt viel verändert. Und sehr schnell zeigt sich, dass die Polizei gar nicht den wahren Bombenwerfer sucht. Stattdessen soll an den Führern der Arbeiterbewegung ein Exempel statuiert werden um Recht, Ordnung und den Besitz der Reichen zu wahren.
Fortsetzung eines interessanten Projektes
Mit Müh und Not ist der nunmehr dritte Band der Auswanderer-Krimis. Und diesmal trifft die Bezeichnung Krimi auch weit eher zu als bei den beiden Vorgänger-Romanen. Vor allem Jack ermittelt in Chicago und natürlich handelt es sich bei dem Haymarket Riot um ein Verbrechen, das bis heute nicht umfassend aufgeklärt ist. Kai Blum lässt Jack Hunhoff jedoch eine Lösung des Rätsels finden, die durchaus plausibel und im Einklang mit den historischen Fakten ist. Dennoch bezieht der Roman seine Spannung eher aus den Schilderungen des Lebens in der Stadt und aus dem Handeln seiner Protagonisten. Kai Blum hat sich zum Ziel gesetzt, das Leben deutscher Auswanderer mit seiner Romanreihe zu verfolgen. Chicago mit seinen vielen deutschen Einwanderern, seinen deutschsprachigen Zeitungen und ganzen Vierteln, die ein Klein-Deutschland in Amerika erschufen, ist da ein hoch interessanter Schauplatz. Der Autor schildert das Leben der Einwohner Chicagos sehr bildhaft, so dass man eine gute Vorstellung davon bekommt, unter welch harten Bedingungen insbesondere die Arbeiter lebten. Die technischen Errungenschaften der neuen Zeit dürfen natürlich in diesem Roman nicht fehlen und es gibt wirklich amüsante Schilderungen vom Zusammentreffen der Landeier aus der fernen Prärie mit Wunderwerken wie Kabelbahn und elektrischer Beleuchtung. Viele kleine Details aus dem täglichen Leben zeugen von umfassender Recherche des Autors. Aber auch die politischen Gegebenheiten in der Stadt hat Kai Blum sehr akribisch erforscht.
Sozialismus, Kommunismus, Anarchie
Kai Blum gibt seinen Lesern einen recht genauen Überblick über die Arbeiterbewegung in Chicago. Während Polizei und Staatsanwalt alle Verhafteten als Anarchisten über einen Kamm scheren, lernt man als Leser dieses Romans die Unterschiede zwischen Sozialisten, Kommunisten und Anarchisten kennen. Jack begegnet bei seinen Recherchen Bürgern mit sehr unterschiedlichen Haltungen zum Geschehen, vom sozialistisch orientierten Intellektuellen bis zum Altachtundvierziger, dem vor allem das Ansehen der deutschen Einwanderer als staatstreue Mitmenschen wichtig ist und der die Anarchisten vor allem deshalb verdammt, weil sie dieses Ansehen schädigen. Tatsächlich erkennt man bei der Lektüre dieses Romans, dass nicht nur viele deutsche Einwanderer in der Stadt lebten, sondern vor allem auch viele, teilweise durchaus radikal denkende, deutsche Führer der Arbeiterbewegung. Man spürt regelrecht die gespannte Atmosphäre in der Stadt.
Kai Blums Protagonisten kennt man teilweise bereits aus den früheren Romanen. Allerdings sind diesmal durchaus tiefgehende Charakterisierungen dabei und vor allem Jack Hunhoff, aber auch Polizisten wie der Chefermittler Schaack, sind Figuren mit spannenden Facetten geworden.
Feine Urlaubslektüre!
Zwar ist Mit Müh und Not schon der dritte Teil der Reihe, aber bisher ist er auch der spannendste. Es lohnt sich, auch die vorhergehenden Bände Hoffnung ist ein weites Feld und Man erntet was man sät zu lesen. Aber man kann den neuen Auswanderer-Krimi auch einfach so lesen und hat damit ein spannendes und sehr interessantes Buch in der Hand. In seinem Nachwort geht der Autor noch einmal auf die historischen Ereignisse ein, das lohnt sich zu lesen. Bleibt zu hoffen, dass dieses tolle Projekt fortgesetzt werden kann, denn es bereichert die Landschaft der historischen Romane ungemein.
Kai Blum, -
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