Der Gaukler und die Tänzerin

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2017
  • 1
  • Droemer-Knaur, 2017, Titel: 'Der Gaukler und die Tänzerin', Originalausgabe
Der Gaukler und die Tänzerin
Der Gaukler und die Tänzerin
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Karin Speck
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Histo-Couch Rezension vonJun 2017

Ein Leben außerhalb der Norm des 18. Jahrhunderts

Magdalene wird als Tochter eines Grafen zwar unehelich geboren, wird aber trotzdem von allen geliebt und behütet. Doch dann beobachtet sie etwas Furchtbares und in ihrer Panik flieht sie aus dem Schloss. Eine Gruppe Zigeuner nimmt sie bei sich auf und schon bald hat das Kind vergessen, wer sie ist und wo sie herkommt. Künftig lebt sie als Suni, das tanzende Zigeunermädchen. Jahre später begibt sich die Gruppe in die alte Heimat des Mädchens und hier kommt auch die Erinnerung zurück. Mit der Erinnerung ist aber auch die Gefahr für Suni wieder greifbar und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Interessantes Thema

Das Thema dieser Geschichte ist gut gewählt. Hier wird nicht nur davon erzählt, wie sich ein Kind in einer neuen Umwelt zu recht finden muss, sondern auch davon, wie viele Vorurteile es damals gab, was Menschen betraf, die anders lebten und aussahen wie die Norm. Aus dem wohlhabenden Mädchen Magdalene wird die Zigeunerin Suni. Sie lebt frei und ohne Zwänge, bis sie sich an ein anderes Leben vor dieser Zeit erinnert und ihre Vergangenheit sie einholt. Am Anfang wird gut beschrieben, wie die Menschen lebten und was sie bewegte. Vor allem wie scheinbar einfach es war, in so einer Gruppe zu verschwinden.

Dann trifft Suni/Magdalene auf ihren Freund aus Kindertagen, Mathis musste ebenfalls das Haus verlassen, auch er landete bei fahrendem Volk. Eine Gauklertruppe hatte ihn aufgenommen, aber anderes als bei Suni ist Mathis nicht freiwillig bei diesen Leuten. Der Anführer Lorenz hat sich eine Sammlung von kuriosen Menschen zugelegt. Er hat Zwerge in seiner Truppe, Löwenmenschen, alles, was nicht der Norm des 18. Jahrhunderts entsprach, war bei ihm anzutreffen und so eben auch Mathis, der von schwarzer Hautfarbe war und somit auch eben anders war. Lorenz regiert seine Truppe mit harter Hand, mit Angst und Unterdrückung. Aus dieser verzwickten Lage versucht Mathis sich erst zu befreien, als er auf seine Kinderfreundin trifft. Es scheint fast so, als hätten die Protagonisten gar kein eigenständiges Leben gehabt, eben bis zu dem Zeitpunkt als sie aufeinandertrafen.

Viele Protagonisten, die zusammen ein buntes Bild ergeben

Nicole Steyer hat hier eine ganze Reihe Protagonisten erschaffen, die zusammen ein buntes Bild ergeben sollten, leider ist dies nicht immer gelungen. Da ist zum einen Mathis, der hier als Mohr vorgestellt wird, aber im Laufe der Geschichte scheint diese Besonderheit einfach zu verschwimmen. Würde sie nicht von Zeit zu Zeit erwähnt werden, würde es beim Lesen einfach nicht auffallen, dass hier ein Charakter vorkommt, der doch sehr außen vorsteht und nicht einfach nur ein Gaukler oder ähnliches ist. Zigeuner und fahrendes Volk hatten keinen leichten Stand beim einfachen Volk und wurden meist nicht geduldet und für alles verantwortlich gemacht, was in deren Umfeld Schlechtes geschah. Dieses anstrengende Leben hat die Autorin gut eingefangen. Auch ist ihr gelungen ein Mädchen aus dem Adel in diese Gruppe glaubhaft zu intrigieren, aber dann verliert sich die Geschichte leider in wilde Verfolgungsjagden. Hätte es nur eine oder vielleicht zwei davon gegeben, wäre es noch nett zu lesen gewesen, aber diese Verfolgung zieht sich leider in die Länge und wirkt zum Schluss einfach nur noch als sollten hier diverse Seiten gefühlt werden. Auch kann Suni/Magdalene scheinbar mühelos zwischen den Welten wechseln, sie wird immer wieder aufgenommen von netten freundlichen Menschen, wieder gejagt von den schlechten Verfolgern. Zum Ende hin nervt es fast nur noch und man ist froh, das Ende des Buches erreicht zu haben, ob nun mit Happy End oder ohne ist schon fast egal.

Der Erzählstil ist modern gehalten und eigentlich schildert Frau Steyer die Geschehnisse auch facettenreich und detailgetreu, aber dabei bleibt einfach zu wenig Raum für die eigene Fantasie. Jeder Stuhl, jeder Raum, jede Schöpfkelle und alles drum herum wird deutlich beschrieben. Hier wären einige Seiten weniger besser gewesen und ein bisschen mehr Konzentration auf das wesentliche der Geschichte. Irgendwie geht die eigentliche Handlung in diesen Beschreibungen unter. Der Leser bekommt nicht wirklich die Chance, eigene Vorstellungen zu entwickeln.

Kann leider nicht voll überzeugen

Der Gaukler und die Tänzerin ist ein netter Unterhaltungsroman, der den Leser in die Welt der Zigeuner entführt. Er erzählt ein wenig von der Diskriminierung allen Fremden gegenüber. Hat ein wenig Liebe im Gepäck und zeitweise auch spannende Szenen zu bieten. Kann letztendlich aber nicht vollends überzeugen.

Der Gaukler und die Tänzerin

Nicole Steyer, Droemer-Knaur

Der Gaukler und die Tänzerin

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