Der Bauernkrieger
- Lübbe
- Erschienen: Mai 2017
- 5
- Lübbe, 2013, Titel: 'Ausbund', Originalausgabe
Der Kampf um Bildung für alle!
1525. Die Bauern begehren gegen ihre Herren auf und fordern von den Fürsten mehr Rechte, vor allem das Recht auf Bildung, indem sie auch das Lesen erlernen dürfen. Die Bauern werden angeführt von Florian Geyer, dem Sohn von Dietrich Geyer, dem der Hörige Lud einst einen Treueeid geschworen hat und an der ihn auch an dessen Sohn bindet. So zieht Lud an der Seite Florians, der inzwischen exkommuniziert wurde, in den Krieg, wobei er eigentlich nicht an ihre Sache glaubt.
Lud ist immer noch verliebt in Kristina, die mit ihren Freunden in Giebelstadt eine geheime Druckerei betrieben hat, diese aber nach dem Sturm auf die Stadt aufgeben musste. So schlägt sie sich mit ihren Freunden, ihrem Sohn Peter und der Freundin Grit durch die Lande und gerät in den Troß des Bauernheers, die durch das Land ziehen und die Fürsten herausfordern. Dabei sind auch der Jude Witter und der Osmane Mahmed, den sie aus den Händen des Fürstbischofs Konrad befreit haben und der zurück in seine Heimat reisen möchte.
Während die Bauern unter der Führung von Götz von Berlichingen, dem Reformator Thomas Müntzer und Florian Geyer zunächst erfolgreich ihre Forderungen bei Fürstbischof unterbringen können, der sie jedoch nicht annimmt, versuchen Kristina und ihre Freunde, nicht entdeckt zu werden und werden schließlich vom Troß getrennt. Nach der Niederschlagung der Bauernkriege, auch weil Götz von Berlichingen zum Bundesheer gegen die Bauern übergelaufen ist, finden in Passau Hinrichtungen der Ketzer statt, wo sich auch Kristina und ihre Freunde hinbegeben, um von dort aus über die Donau in die Freiheit zu finden. Lud und der Jude Witter sind beide verliebt in Kristina, die sich bislang nicht zwischen beiden entscheiden konnte. Wer wird die Haft in Passau überleben und für wen wird es ein glückliches Ende geben?
Gelungener Abschluss der Trilogie
„Der Bauernkrieger“ ist der finale dritte Teil der Trilogie „Der Bund der Freiheit“ von Jeremiah Pearson und setzt nahtlos da ein, wo sein Vorgänger „Die Ketzer“ aufgehört hat. Daher sollte man die beiden Vorgänger unbedingt vor „Der Bauernkrieger“ lesen, um alle Zusammenhänge verstehen zu können. Inzwischen sind alle drei Bände auch als Taschenbuch erschienen, was den Lesegenuss etwas erleichtern mag.
Das zentrale Ereignis des Buches, die Bauernkriege, nehmen den größten Raum ein und sind auch am intensivsten beschrieben. Pearson beschreibt sehr gut und nachvollziehbar, wie sich zunächst sogenannte „Haufen“ bilden, deren Namen ihr Anführer Florian Geyer so treffend findet, dass er sie für alle seine Mitstreiter übernimmt. Benannt nach Farben, ist sein Haufen der schwarze Haufen, mit dem er von Burg zu Burg zieht und diese belagert. Leider haben viele Bauern keine Kampferfahrung, geschweige denn gescheite Waffen, und so bedarf es schon einer wuchtigen Kanone, wo allein der Anblick dieser gewaltigen Gerätschaft sein Gegenüber zur Aufgabe zwingt – zum Glück, denn die Bauern hatten zwar die Kanone erobern können, aber leider keine passende Munition dafür.
Verschiedene Erzählperspektiven
Wie gewohnt beschreibt der Autor das jeweilige Kapitel immer aus der Sicht einer bestimmten Person, die er als Überschrift wählt. Daher bekommt der Leser den Ablauf aus vier verschiedenen Blickwinkeln erzählt: Kristina, Lud, Witter, Konrad. Gerade die Reflexionen des letzteren sind interessant, ist Konrad doch der Fürstbischof von Würzburg und nimmt, wenn man so will, die Funktion des Gegners der aufständischen Bauern ein, wenngleich er selbst ihnen gar nicht entgegentritt. Dies tut vor allem Ulrich, Hauptmann der Landsknechte und persönlicher Feind Luds, der weniger Zweifel an dem hat, was er tut, als dies Konrad hat. Der immerhin verfolgt aus der Ferne das Geschehen und versucht zu verstehen, warum die Bauern sich erheben und wie man das wieder beenden kann. Hier erscheint der Gegner also mal nicht schwarz-weiß, was durchaus angenehm zu lesen ist.
Kristina ist, anders als in den beiden Vorromanen, hier nicht unbedingt die Hauptprotagonistin, sie ist mehr auf gleichberechtigter Stufe zu Witter und Lud, die beide für Kristina ihre Aufgaben verrichten, vor allem weil beide in sie verliebt sind und sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen können. Hierfür opfern sie viel und gehen viele Wagnisse und gefährliche Situationen ein, nicht wissend, für wen sie sich am Ende denn entscheiden wird, falls sie das überhaupt irgendwie überleben. Das Ende ist daher konsequent und die Entscheidungen alle nachvollziehbar.
Historische Liedersammlung
Übrigens mag sich manch einer an das Lied „Wir sind des Geyers schwarzer Haufen“ erinnern, das um das Jahr 1920 entstand und mit einer Melodie von Fritz Sotke unterlegt wurde. Dieses Lied ist an die antiklerikale Rhetorik der Bauern während der Bauernkriege 1525 angelehnt und bezieht sich auf Florian Geyer, dem Anführer des Odenwalder Heers, der mit seinen Leuten gegen die Obrigkeit ins Land zog. Zwar deutet der Roman dieses Lied nicht an, wahrscheinlich auch, weil der Autor Amerikaner ist und das Lied vielleicht nicht kennt, dennoch geht es am Ende um Lieder, die die Gefangenen im Kerker singen und die bis heute noch bei den Gottesdiensten der Amisch gesungen werden. „Ausbund“ heißt der Roman auch im englischen Original, Titel der 1564 erstmals gedruckten Liedersammlung mit 51 Liedern, wie im interessanten Nachwort des Autors zu lesen ist. Sie erfanden nach bekannten Melodien neue christliche Texte in ihrer eigenen Sprache, die die Passauer nicht verstanden, und machten sich damit Mut zum Überleben, was schließlich auch gelang. Hier wird ein interessantes Stück Geschichte eingebaut, und das aus der Feder eines amerikanischen Autors über ein Kapitel deutscher Geschichte.
Pearson pflegt eine klare Sprache ohne viel Geschwurbel, was auch der Übersetzung von Holger Hanowell zu verdanken ist. Obwohl gerade in der Mitte durch die vielen kleinen Bauernkriegseinheiten nicht viel neues passiert, bleibt der Roman doch interessant, da der Autor es versteht, durch die vielen Cliffhanger, die er durch seine vielen Erzählerwechsel einbauen kann, den Leser bei der Stange zu halten. Der Roman wird dadurch nicht langweilig, allerdings hätte man manches Gemetzel vielleicht nicht so ausführlich und vielleicht nicht so viele beschreiben müssen. Dennoch machen diese Beschreibungen durchaus Eindruck und vermitteln dem Leser die gute Recherche, die der Autor betrieben hat.
Eine historische Karte Deutschlands und Passaus aus der Zeit ergänzen den gelungenen Roman, der zudem ein umfangreiches Personenverzeichnis und ein Nachwort des Autors vorweisen kann. Er enthält weniger Handlung als die anderen Bände, ist aber dafür intensiver geschrieben.
Fazit:
„Der Bauernkrieger“ ist ein gelungener Abschluss der Trilogie „Der Bund der Freiheit“, die mit dem ersten Band „Die Täuferin“ im Jahr 1517, mit der Reformation beginnt und in diesem Band elf Jahre später mit den Bauernkriegen endet. Letztlich geht es immer darum, dass der einfache Mann (und auch die Frau) das Lesen lernen darf, was für heutige Leser selbstverständlich ist - was aber vor 500 Jahren mühsam für uns erkämpft wurde, wie hier nachzulesen ist. Dafür darf man dankbar sein.
Jeremiah Pearson, Lübbe
Deine Meinung zu »Der Bauernkrieger«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!