Die Stunde des Raben
- Droemer-Knaur
- Erschienen: Januar 2007
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- Droemer-Knaur, 2006, Titel: 'The Poe Shadow', Originalausgabe
Der Rabe kräht sehr heiser...
Auf eigene Faust versucht Quentin Clark, die mysteriösen Umstände von Poes Ableben aufzuklären. Bald nehmen seine Nachforschungen manische Züge an und als er eigens nach Paris reist, um das reale Vorbild für Poes Meisterdetektiv C. Auguste Dupin aufzuspüren, erklärt ihn die vornehme Gesellschaft Neuenglands endgültig für verrückt. In der französischen Hauptstadt findet Clark jedoch lediglich einen alten, lethargischen Ermittler namens Auguste Duponte. Als Clark schon aufgeben will, taucht wie aus heiterem Himmel der zwielichtige Baron Claude Dupin auf und nimmt für sich in Anspruch, das reale Vorbild für Poes Detektiv zu sein. Unversehens entbrennt ein dramatischer Wettlauf um die wahre Geschichte von Poes Tod, bei dem die Beteiligten nach und nach jegliche Skrupel verlieren. Als der Baron erschossen wird, steht Clark plötzlich unter Mordverdacht und landet in einer modrigen Gefängniszelle...
Mit dem Tod des amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe am 7. Oktober 1849 begann eine immer noch nicht geklärte Suche nach dessen Ursachen. Bis heute sind die näheren Umstände ungeklärt und seither wachsen Spekulationen ins Kraut, ob er im Alter von nur vierzig Jahren ermordet wurde oder was sonst seinen Tod verursacht haben könnte. Dem geht Matthew Pearl in seinem Roman "Die Stunde des Raben" nach.
Poes mysteriöser Tod
Der junge Baltimorer Anwalt Quentin Clark wird zufällig Zeuge, wie ein Leichenwagen auf einen Friedhof fährt. Er geht ihm nach und wird Zeuge einer armseligen Beerdigung mit nur vier Anwesenden. Tage später erst erfährt er, dass der Verstorbene der Schriftsteller Edgar Allan Poe gewesen ist, mit dem er kurz zuvor eine lockere Briefkorrespondenz begonnen hatte. Poe, seit jeher umstrittenes Stiefkind der amerikanischen Literatur, wird von der Presse nach seinem Tod nicht wirklich gewürdigt, nur allmählich tauchen Nachrufe auf, teilweise durch Clark erst angeregt. Als Anwalt fühlt sich Clark verpflichtet, den Grund für Poes Ableben zu finden, da es nur wenige Informationen darüber gibt.
Als er schließlich eine Notiz entdeckt, die besagt, dass der von Poe für ";Die Morde in der Rue Morgue" erdachte Detektiv Auguste Dupin in Paris ein lebendes Vorbild haben soll, reist er nach einiger Vorbereitungszeit dorthin, um eben diesen ausfindig zu machen und ihn nach Baltimore zu holen, um das Rätsel zu lösen. Neben seiner Karriere als Anwalt setzt er damit auch die Beziehung zu seiner Verlobten Hattie Blum aufs Spiel.
In Paris gelingt es Clark nach langem Umwerben schließlich, Auguste Duponte dazu zu bewegen, mit nach Amerika zu kommen. Jedoch haben die beiden in Baron Claude Dupin einen weiteren potenziellen Kandidaten als Konkurrenten. Beide haben große ermittlungstechnische Erfolge vorzuweisen, und es beginnt ein Kampf der beiden klugen Köpfe gegeneinander.
Ein komplett unspannendes Buch
Das alles ist ein toller Stoff für einen spannenden Roman vor realem Hintergrund. Doch je weiter man sich durch die 570 Seiten vorarbeitet, desto weniger kommt die Geschichte voran. Matthew Pearl hat nach dem "Dante Club" einen vermeintlichen Nachfolger an Spannung abgeliefert, doch vermag diese Spannung hier eigentlich an keiner Stelle wirklich aufzukommen, womit das Buch von vorne bis hinten enttäuscht.
Die Schilderung des Baltimore des Jahres 1849 bzw. zwei Jahre später, als die beiden Detektive ihre Arbeit aufnehmen, ist an sich recht treffend. Pearl versucht eine Stimmung einzufangen, wie sie sich auch in Poes Romanen zeigt: düster und ein wenig unheimlich. Auch das Cover des Buches mit einer fliehenden Kutsche lässt auf einen rasanten Roman schließen. Die gesellschaftlichen Verhältnisse mit all ihren politischen Verwicklungen und zudem den Einflüssen aus Frankreich werden recht gut dargestellt, das Wetter ist schlecht und trägt zur allgemein müden Stimmung des Buches bei.
Langatmigkeit und Langeweile
Die Hauptperson, Clark, ist der Ich-Erzähler und das tut dem Buch nicht gut. Seine Gedankengänge sind langatmig und steif, genau wie das Leben zu dieser Zeit. Allein, dass es zwei Jahre dauert, bis Clark von Baltimore nach Paris aufbricht, um seinen Helfer zu holen, zeigt, wie langatmig das gesamte Buch ist. Zwar lässt sich das Buch flüssig lesen, aber das bedeutet leider nicht, dass es auch spannend ist, im Gegenteil. Alle anderen Personen werden ebenso steif und auch verschleiert gezeichnet wie ein depressiver Herbstabend. Warum es vorangeht, kann man eigentlich nicht so genau sagen.
Das Hauptaugenmerk der Erzählung liegt im Grunde darin, wie Dupin und Duponte versuchen, die Umstände um Poes Tod zu rekonstruieren. Darin zeigt sich Dupin, Clarks Konkurrent, aktiver als Duponte, der nur wenige wirkliche Aktivitäten zeigt. Und da Clark in viele der Gedankengänge weder involviert ist noch eingeweiht wird, weiß man eigentlich lange Zeit überhaupt nicht, was los ist. In dem Buch geht es nicht um das, worum es eigentlich geht.
Monotoner Stil
Selbst dann, wenn Clark verfolgt und zusammengeschlagen wird, fällt es einem schwer, Mitleid zu bekommen oder eine Erhöhung der Spannungskurve auszumachen, da alles im selben monotonen, langweiligen Stil erzählt wird, der zwar vielleicht dem prüden und poe'schen Zeitgeist entspricht, den Leser aber alles andere als an das Buch fesselt.
Schade drum. Historisch ist das Buch recht passend und realistisch geschildert, aber als Kriminalfall enttäuscht das Buch auf ganzer Linie. In Pearls abschließenden "Anmerkungen zum historischen Hintergrund" zeigt er auf vier Seiten noch einmal auf, welche der Indizien nach neuesten Forschungen neu sind und welche schon von anderen Autoren herausgefunden wurden. Dazu erwähnt er, welche Personen wirklich existiert haben (die meisten) und welche nicht (die drei Hauptpersonen). Diese Anmerkungen hätten einen guten Zeitschriftenartikel ergeben, die aber leider zu einem viel zu langen Buch ausgewalzt wurden, dass dem Autor Edgar Allan Poe nicht gerecht wird.
Da Pearl versucht, wissenschaftliche Erkenntnisse in Buchform zu pressen, entwickelt sich nur wenig Handlung, die sich träge durch die Buchseiten schleppt. Wenn Sie etwas über Poe erfahren wollen, lesen Sie einen seiner Romane oder eine Biografie über ihn, aber lassen Sie besser die Finger von "Die Stunde des Raben".
Matthew Pearl, Droemer-Knaur
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