Die Akte Mata Hari
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2017
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- Gmeiner, 2017, Titel: 'Die Akte Mata Hari', Originalausgabe
Wer war Mata Hari?
Zunächst glaubt sie, es könne sich nur um eine Formsache handeln. Doch nach und nach muss die schöne wie mondäne Mata Hari erkennen, dass ihre Festnahme im Februar 1917 eine von langer Hand geplante Aktion war. Die Anklage lautet: Spionage für das mit Frankreich im Krieg stehende Deutschland. Obgleich der Staranwalt Eduart Clunet sich sofort um die Verteidigung der schönen Frau kümmert, sieht sich Mata Hari schnell einer sehr komplexen Ermittlung gegenüber. Clunet zieht seinen jungen Mitarbeiter Henri Tailleur hinzu, der sich prompt in die illustre Angeklagte verliebt. Um sich ein Bild davon zu machen, wie tief seine Mandantin tatsächlich in der Sache steckt, lässt sich Tailleur von ihr ihre Lebensgeschichte erzählen. Er erfährt auf diese Weise nicht nur, was Frankreich tatsächlich gegen die schöne Spionin in den Händen hat, sondern auch, wie aus dem niederländischen Mädchen Margaretha Geertruide Zelle zunächst eine erotische Tänzerin und Edel-Prostituierte und danach eine Spionin wurde. Hingerissen von Mata Hari unternimmt Tailleur alles, um die Anklage gegen sie zu entkräften. Denn die schöne Frau versichert ihm, dass ihre angebliche Spionage für Deutschland nie stattgefunden habe. Anders hingegen die Spionage für Frankreich, in deren Zuge sie wichtige Informationen über die Deutschen in Erfahrung brachte und an die Franzosen weiterleitete. Henri Tailleur macht sich trotz Krieg auf den Weg nach Berlin, um Beweise für die Unschuld von Mata Hari zu sammeln. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn der Spionin droht der Tod.
Viele Hintergrundinformationen
Die Autorin Antje Windgassen hat mit diesem Roman ein Werk geschaffen, das weniger einen Krimi denn eine biographische Arbeit darstellt. Denn es wird wenig kriminalistische Handlung geboten. Dafür eine Fülle von Informationen über eine der faszinierendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Mata Hari wird durch Antje Windgassen zwar in jeder Hinsicht entzaubert, aber dafür bekommt Margaretha Geertruide Zelle eine enorme Persönlichkeit. In ihren Gesprächen mit dem Anwalt schildert die prominente Gefangene, wie sie von einer ehrbaren jungen Ehefrau zur Edelprostituierte wurde, die durch die Kunst des erotischen Tanzes zwar kurzzeitig reich war, dann aber aufgrund des Ersten Weltkriegs in eine missliche finanzielle Lage geriet. Ihr Hunger nach Luxus und ihr Unvermögen, mit bescheidenen Mitteln auszukommen, machte Mata Hari zu einem leichten Ziel, als es darum ging, sie als Spionin anzuwerben. Mit einer grossen Naivität glaubte die junge Frau, den Deutschen ein Schnippchen zu schlagen, indem sie nur unbedeutende Informationen weitergab, sich zugleich aber nicht scheute, aufgrund ihrer körperlichen Freizügigkeit den Deutschen Geheimnisse zu entlocken, die sie an die Franzosen weitergab.
Ruhiger Roman
Bis auf ganz wenige Szenen wird man in Antje Windgassens Roman wenig temporeiche Momente erleben. Es ist eine ruhige Geschichte, oft fast ohne Emotionen erzählt, dafür aber umso eindrücklicher in ihrer Wirkung. Nach und nach verliert sich der mondäne Glamour, der Mata Hari umgab und es kommt eine Frau zum Vorschein, die ihren verlorenen Kindern nachtrauerte und sich vom Lebenshunger der Vorkriegsjahre anstecken liess. Die Autorin vermeidet jede moralintriefende oder glorifizierende Stellung. Sie schildert den Ablauf, lässt ihre Protagonisten sich in einer Form im Geschehen bewegen, die die Geschichte glaubwürdig machen und dem Leser den Eindruck geben, dass es sich genau so und nicht anders abgespielt haben muss. Mit einem souveränen Schreibstil und beeindruckender Feinfühligkeit führt Antje Windgassen die Leser in das Leben der berühmten Doppelspionin ein und lässt bei ihren Lesern schliesslich ein ohnmächtiges Gefühl aufkommen, dass es nicht gelungen ist, die junge Frau vor dem Scharfrichter zu bewahren. Genau dadurch lässt die Autorin ihre Leser zu einem Teil der Geschichte werden.
Die Akte Mata Hari ist ein wunderbar erzählter Roman um eine faszinierende Person. Der Zugang, den die Autorin wählte, ist unspektakulär und solide, aber eindrücklich und überzeugend. Die eingängige Sprache und die schöne Aufmachung des Buches vervollständigen das positive Bild.
Antje Windgassen, Gmeiner
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