Die Lügen der Toten

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2017
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  • Lübbe, 2016, Titel: 'The Wages of Desire', Originalausgabe
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Jörg Kijanski
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Histo-Couch Rezension vonNov 2017

Mehrere Morde harren ihrer Aufklärung

1941. In dem beschaulichen Winstead findet Pfarrer Gerald Wimberly bei seinem Morgenspaziergang die Leiche von Ruth Aisquith, die aus nächster Nähe erschossen wurde. DCI Thomas Lamb und sein Team übernehmen die Ermittlungen und stellen fest, dass die junge Frau als sogenanntes Land Girl als Köchin auf einerm ehemaligen Bauernhofgelände arbeitete, welches zu einem Kriegsgefangenenlager umgebaut wird. Vor über zwanzig Jahren ereignete sich hier ein schrecklicher Vorfall, der noch heute die Menschen in Winstead bewegt. Claire O'Hare soll sich damals umgebracht haben, als sie von ihrem irischen Lebensgefährten verlassen wurde. Dieser nahm auch gleich die beiden fünfjährigen Zwillinge mit. Am Tag nach dem Mord an Aisquith wird auf der Baustelle ein Kinderskelett freigelegt. Die Ereignisse scheinen DCI Lamb förmlich zu überrollen, denn schon wird eine weitere Leiche entdeckt. Ein Landstreicher, der früher auf dem Bauernhof gearbeitet hat, wird in einem nahe gelegenen Waldstück aufgefunden.

Die Ermittlungen treten zunächst auf der Stelle, doch schnell wird klar, dass einige Dorfbewohner gar allzu dunkle Geheimnisse mit sich herum tragen. Die aktuellen Todesfälle sowie die Geheimnisse der Vergangenheit warten auf ihre Aufklärung. Doch bis dahin wird es weitere Tote und noch mehr Lügen geben&

Spannende Fortsetzung mit viel englischem Flair

Seit dem beachtlichen Debütroman Tote vergessen nicht (spielt im Juli 1940) sind etliche Monate ins Land gegangen. Die Folgen sind spürbar, denn die deutschen Luftangriffe haben nachgelassen, was zur Folge hat, dass sich DCI Lamb keine Sorgen mehr um seine neunzehnjährige Tochter Vera machen muss, die im Vorjahr in einem Ort arbeitete, der Ziel der deutschen Luftwaffe war. Gleichwohl sorgt sich Lamb, dass Vera womöglich zum Militärdienst herangezogen wird, woraufhin er sie zunächst als seine Fahrerin einstellt. Eine Fußverletzung lässt es nicht zu, dass er selber fährt. In der Folge macht sich Lamb dann doch Sorgen um seine Tochter, allerdings dahingehend, dass sie seinem Sergeant David Wallace ein wenig zu viel Zuneigung entgegen bringen könnte. Dieser hatte erst letztes Jahr seine Alkoholsucht überwunden und Lamb hatte alle Mühe, dessen Job zu retten.

 

"... ich gebe zu, mit Clemmons in der Rolle des Mörders scheint alles nahtlos zusammenzupassen."

"Aber solche nahtlosen Schlussfolgerungen sind Ihnen suspekt, nicht wahr?"

"Unglücklicherweise, ja."

"Gut für Sie, Chief Inspector. Als Mathematiker kann ich Ihnen bescheinigen, dass es auf unsere profundesten Rätsel selten einfache Anworten gibt."

 

Auch DI Harry Rivers ist wieder mit dabei, der nach einer Strafversetzung im Vorjahr widerwillig zu Lambs Team versetzt wurde. Die beiden waren an der Somme und Rivers warf seinem damligen Vorgesetzten Lamb vor, den Tod eines befreundeten Kameraden verschuldet zu haben. Inzwischen erkennt Rivers die Qualitäten von Lamb jedoch an, es zeichnet sich womöglich sogar ab, dass hier doch noch eine Art Freundschaft entstehen könnte. Bis dahin sind allerdings einige Todesfälle aufzuklären, in denen sich manche Verdächtige höchst seltsam verhalten. So verstricken sich Pfarrer Wimberly und dessen Frau Wilhelmina schnell in Widersprüche, ein damaliger Ermittler hat offenbar gar nicht oder nur sehr oberflächlich ermittelt und auch ein sonderbares Brüderpaar macht sich (gegenseitig) verdächtig.

 

"Er schreibt mir, ich solle mir keine Sorgen machen, aber ich weiß, dass er mich nur beruhigen möchte. Ich lese Zeitung. Ich weiß, was dort passiert. Die Deutschen gewinnen."

"Bei welcher Waffengattung ist er?"

"Bei der Infanterie ... die, die immer erschossen werden."

 

Wie schon beim Debüt packt Autor Stephen Kelly viel englische Atmosphäre und ungezählte Teeportionen in seine Geschichte, in der erneut die Landschaft als heimlicher Star nicht zu kurz kommt. Wer englische Landkrimis mag, der macht hier wenig falsch. Gekonnt schließt der Autor an seinem Erstling an und erzählt die Geschichte des Ermittlerteams grandios fort. Einmal mehr recht geheimnisvoll ist Marjorie, die Ehefrau von Lamb, die eine ähnliche Rolle spielt wie seinerzeit  Madame Maigret; immer wieder erwähnt und dennoch nie präsent.

Der Erzählstil ist flüssig, allerdings gibt es einige Wiederholungen (Handlungsabläufe, Gedankengänge) zu viel, so dass es in wenigen Sequenzen zu einem erzählerischen Bruch kommt. Auch die mitternächtlichen Ausflüge einer Zwölfjährigen sind zumindest gewöhnungsbedürftig. Dennoch überwiegt der positive Eindruck wie beim Debüt, so dass man gerne auf die Fortsetzung der Serie warten darf. Und wer weiß, vielleicht spielt dann ja sogar die IRA eine wichtige Rolle.

Die Lügen der Toten

Stephen Kelly, Lübbe

Die Lügen der Toten

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