Vater und Sohn

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2016
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  • Heyne, 2015, Titel: 'House of the Rising Sun', Originalausgabe
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Christina Wohlgemuth
951001

Histo-Couch Rezension vonDez 2017

Sterbender, wilder Westen

Amerika, im Wechsel vom 19. ins 20. Jahrhundert. Texas Ranger Holland, der im Krieg in Mexiko Dinge getan hat, die ihn auf ewig verfolgen werden, sucht seinen Sohn - die Familienbande sind vor vielen Jahren zerrissen. Auf der Suche gerät er in die Hände einer Bande von  mexikanische revolutionären. Holland kommt mit dem Leben davon, doch die Beute, die er an sich nimmt, erweist sich schnell als verräterisch, denn hinter dem Stück ist ein Mann her, der keine Grenzen kennt und auch nicht vor Hollands Familie halt macht ...

Unser Bild vom Wilden Westen ist geprägt von Ennio Morricone, von Sergio Leone, von Clint Eastwood. Es ist eine Welt, die zwischen Pathos, Kitsch und Zynismus pendelt, der aber immer noch ein gewisser schmutziger Charme anhaftet. Mit diesem Charme bricht James Lee Burke gandenlos - Vater und Sohn ist desillusioniert, schmutzig, düster, ohne Moral - ein Abgesang auf eine anachronistische Zeit und gleichzeitig der Start in ein Jahrhundert, in dem die Menschheit die Grausamkeit untereinander zu neuer Perfektion bringen wird.

Dunkle Episode, breit erzählt

Wer eine chronologische, lineare Geschichte sucht, wird hier nicht fündig werden - der Autor erzählt die Geschichte um Hollands Suche nach seinem Sohn (und vielleicht auch nach dem Sinn des Lebens) in Episoden, deren großer Zusammenhang sich erst nach und nach erschließt. Das verlangt dem Leser einen etwas längeren Atem ab, die Mühe lohnt sich jedoch, denn erst mit dem Gesamtzusammenhang erschließt sich die nahezu epische Breite der Erzählung.

Ähnlich fordernd ist die Figurenzeichnung - Holland ist schwierig, sperrig, kein Sympathieträger. Dem Leser fällt es nicht immer leicht, Zugang zum Protagonisten zu finden - bei einer Geschichte, die sich so massiv um den Protagonisten und seine Gedankenwelt dreht, wird das den ein oder anderen verprellen. Doch haftet diesem schwierigen Charakter, gerade verglichen mit den Nebenfiguren, noch eine (mehr oder weniger) starke menschliche Note an, denn Hollands Geschichte ist eine zutiefst tragische und berührende. Und bei allen Defiziten des Protagonisten geht ihm doch ein gewisser moralischer Kompass nicht verloren, ganz im Gegensatz zum Antagonisten und vielen Nebenfiguren, deren moralischer Verfall einem teilweise die Haare zu Berge stehen lässt. Dennoch verliert die Geschichte darüber nicht an Glaubwürdigkeit.

Brutalität anspruchsvoll erzählt

Nach dem Vorgesagten wird es niemanden überraschen, dass die Geschichte sich durch einige brutale Szenen auszeichnet - nicht umsonst ist das Buch in der "Heyne Hardcore" Sparte des großen Verlagshauses erschienen. Körperliche Gewalt, Verrohung, moralischer Verfall, der Autor hält mit nichts hinterm Berg. Das trägt entschieden zur Authenzität der Geschichte bei und wirkt gleichzeitig weder voyeuristisch noch ordinär: Denn James Lee Burke hat einen ganz eigenen, besonderen Schreibstil, dem es gelingt, inmitten menschlicher Abgründe und großer Grausamkeit einen Sonnenuntergang in solcher Schönheit zu beschreiben, dass man als Leser glatt geneigt ist, den Absatz nochmal zu lesen.

Vater und Sohn ist beileibe nichts für jederman - dazu ist es zu böse, zu düster und teilweise auch zu sperrig. Die Figuren laden nicht zum Anfreunden ein und die Brutalität wird viele abstoßen. Unterhaltungslektüre ist es nicht, doch das will es auch gar nicht sein. Es ist ein anspruchsvoller, fordernder und teilweise beklemmender Abgesang auf eine romantisierte Zeit, die selbst zu ihren besten Zeiten eines nicht wahr: romantisch.

Vater und Sohn

James Lee Burke, Heyne

Vater und Sohn

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