Arrowood - In den Gassen von London
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- Erschienen: Januar 2018
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- , 2017, Titel: 'Arrowood', Originalausgabe
Sherlock Holmes hat Konkurrenz
London 1895: William Arrowood ist Privatdetektiv, arbeitet in London und hat einen Assistenten, der sein aktuelles Abenteuer erzählt. Erinnert an Sherlock Holmes? Richtig! Aber damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Arrowood sieht nicht wie ein Gentleman aus und kann sich seine Klienten nicht aussuchen: er muss nehmen, was kommt. Als eine junge Frau um seine Hilfe bei der Suche nach ihrem Bruder bittet, müssen Arrowood und sein Assistent Norman Barnett ihre persönlichen Animositäten einem involvierten Pubbesitzer gegenüber beiseite räumen, wenn sie den Fall annehmen wollen. Dieser entpuppt sich als komplexer als zunächst vermutet und bringt nicht nur die beiden in höchste Gefahr.
Der mächtige Schatten des Sherlock Holmes
Arrowood verfolgt gereizt die Abenteuer seines Kontrahenten im Strand-Magazin, ebenjener Zeitung, in der Arthur Conan Doyle seine Geschichten veröffentlichte. Sehr amüsant ist seine Reaktion, wenn andere Holmes lobend oder verehrend erwähnen. Er selber versucht eher, in den Gesichtern der Menschen zu lesen und ihre wahren Gefühle darin zu entdecken, als investigativ zu arbeiten. Dabei helfen ihm die Veröffentlichungen von Charles Darwin.
Sein Charakter ist zwar gänzlich anders als der von Sherlock Holmes, aber dennoch interessant ausgelegt. Vor allem die Vergleiche, die der sherlockerfahrene Leser heranziehen kann, sind sehr gelungen. Die größte Parallele ist, dass Arrowoods Erlebnisse von seinem Assistenten erzählt werden, ebenso wie Dr. Watson es macht. Und so berichtet Norman Barnett von dem neuesten Fall, der bei Arrowood hereinschneit: eine junge Französin, die ihren Bruder sucht. Aufgrund seiner guten Menschenkenntnis und Beobachtungsgabe vermutet Arrowood, dass die Klientin lügt. Neugierig geworden nimmt er den Fall an.
Zahlreiche, ausgefeilte Charaktere
Kurz darauf bekommen die beiden Detektive Besuch von Arrowoods Schwester Ettie, die sich bei ihm zu Hause einquartiert. Sie ist eine engagierte und couragierte Frau, die ihrem Bruder sogar in einer kniffligen Situation aushilft. Weitere Unterstützung erhält er von dem Jungen Neddy, der sich nicht nur einmal in große Gefahr begibt, um seinem Idol nachzueifern. Natürlich gibt es in diesem Roman ebenfalls einen Inspector wie bei Sherlock Holmes, der ermittlungstechnisch ähnlich dargestellt ist wie Lestrade.
Der Leser erfährt nicht nur von der vertrackten Gegenwart, sondern auch von der abwechslungsreichen Vergangenheit der Privatermittler, allerdings bleibt manches noch verborgen, so dass man vermuten könnte, ein möglicher zweiter Fall werde mehr Licht ins Dunkel bringen. Der Fall selbst wird immer komplexer: es treten nicht nur immer mehr Personen auf, die es zuzuordnen und zu unterscheiden gilt, sondern es entwickelt sich auch eine umfangreiche Handlung, die teilweise in Sackgassen führt, teilweise erst später zu der Aufklärung beiträgt. Hier heißt es ständig aufmerksam zu bleiben.
Vielschichtige Handlung, aber weniger pfiffig
Manche Anwandlungen und Handlungen Arrowoods sind etwas merkwürdig, wenn er beispielsweise seinen Assistenten mit einem Rohr schlägt, nur um ihn an einer Verfolgung zu hindern. Die anschließende Diskussion sorgt zumindest beim Leser für Lacher.
Die historische Einbindung ist gut gelungen. Das London des ausgehenden 19. Jahrhunderts entsteht fast mühelos vor dem geistigen Auge. Auf einem Stadtplan kann man die Wege Arrowoods und Barnetts nachverfolgen, denn die erwähnten Straßen und Plätze gibt es (oder gab es) tatsächlich. Die Ermittlungsmethoden, die angewendet werden, sind ähnlich ungewöhnlich wie bei Sherlock Holmes, allerdings fehlt zum Ende hin der letzte Pfiff, der den Leser staunend und verblüfft zurücklassen würde.
Sherlock-Holmes-Kenner werden ihren Spaß mit diesem ungewöhnlichen Konkurrenten haben, aber auch historisch interessierte London-Liebhaber kommen auf ihre Kosten.
Mick Finlay, -
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