Der Limonadenmann
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2018
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- Gmeiner, 2018, Titel: 'Der Linomadenmann oder Die wundersame Geschichte eines Goldschmieds, der der Frau, die er liebte, das Leben retten wollte und dabei die Limonade erfand', Originalausgabe
Von der Erfindung des Mineralwassers mit Geschmack
Mit seinem aktuellen Roman Der Limonadenmann oder Die wundersame Geschichte eines Goldschmieds, der der Frau, die er liebte, das Leben retten wollte und dabei die Limonade erfand hat Autor Günther Thömmes wohl nicht nur einen aussichtsreichen Kandidaten um den längsten Buchtitel des Jahres abgeliefert, sondern auch die interessante Lebensgeschichte von Jacob Schweppeus in Romanform niedergeschrieben, die nicht unbedingt geradeaus verlaufen ist.
Unter dem Namen Schweppeus 1740 im hessischen Witzenhausen geboren, sprach anfangs nicht viel für eine erfolgreiche Karriere. Doch da der Junge Jacob einiges Talent in Filigranarbeit zeigte, gelang es seinem Vater, ihm eine Lehrstelle beim Goldschmied Wiskemann zu beschaffen, mit dem Jacob eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. Jacob stellte sich geschickt an und durfte bald schon schwierigere Dinge fertigen als normalerweise üblich. Nach fünf Jahren hat er mit achtzehn Jahren seinen Titel als Goldschmied mit Brief und Siegel in der Tasche, als Isabella Freiin von Poppy den Laden betritt und ein besonderes Schmuckstück mit Diamanten in Auftrag gibt.
Jacob ist sofort Feuer und Flamme für die Dame und er ihr auch nicht unsympathisch. Jacob will das Schmuckstück fertigen, hat jedoch keine Ahnung davon, wie man mit Diamanten umgeht, und so schickt ihn Wiskemann parallel zur Arbeit in seinem Laden zu einem Bijoutier, bei dem er das Setzen und behandeln von Edelsteinen lernt und so eine Ausbildung zum Juwelier macht.
Der Skarabäus, den er für die Freiin fertigen sollte, kommt gut an, doch muss sie zurück nach London und so trennen sich nach einer kurzen Liaison die Wege der beiden, zumal eine langfristige Beziehung nicht standesgemäß wäre. Jacob entwickelt mehr aus Zufall eine Methode, wie man Wasser mit Kohlensäure versetzen kann und verkauft dies schließlich als Medizin. Das Geschäft brummt, und Jacob zieht nach Genf, wo er sich niederlässt und das Verfahren verfeinert und weiter patentieren lässt. Eines Tages steht seine Tochter Colette vor der Tür, das Ergebnis seiner Liaison mit der Freiin von Poppy. Durch sie wird er ermutigt, in London sein Glück zu versuchen und vielleicht wieder mit Isabella in Kontakt zu kommen. Doch ist diese verheiratet mit einem unfreundlichen Militär, den sie ins ungeliebte Ausland begleiten soll.
Vom Goldschmied zum Ingenieur
Warum er nun daher die Limonade erfindet, soll hier nicht verraten werden, aber da der Titel des Buches diesen Clou der ganzen Geschichte leider schon verrät, mag man zumindest nicht überrascht sein. Dennoch ist es ein erstaunlicher Werdegang, den Jacob Schweppe, wie er sich seit seinem Umzug nach Genf nennt, gemacht hat. Der Weg vom Goldschmied zum Millionär durch Mineralwasser ist nicht unbedingt geradeaus, aber Jacob hat Glück gehabt und verlässliche Freunde, und man kann erstaunt sein, wie glatt eine Erfolgsgeschichte doch laufen kann.
Jedenfalls, wenn man den Erzählungen des Autors glauben darf. Im Nachwort berichtet Thömmes, dass der Roman "ganz, ganz lose" auf der Biografie von Jacob Schweppe beruht, allerdings kennzeichnet er nicht, was tatsächlich überliefert ist (wohl nicht so viel), und was seiner Fantasie entspricht, schließlich sei es ein Roman und keine Biografie. Nun denn, sehen wir es also als Roman. Auch dann ist es erstaunlich, wie wenige Steine Schweppe als Unternehmer in den Weg gelegt werden. Er scheint fast nur Glück zu haben, die Wahl seiner Geschäftspartner ist bis auf eine Ausnahme immer richtig, und auch die eine ist schnell vergessen. Hier geht es doch etwas zu glatt zu im Leben, da hätte etwas mehr Würze der Handlung gut getan.
Recht oberflächlich
Leider bleibt die Erzählung auch auf langen Strecken an der Oberfläche. Man wird nie richtig warm mit Jacob, Platz für ausgedehnte Gefühle oder Blicke ins Innerste bleibt wenig, und so staunt man eher über seine steile Karriere als seinen menschlichen Wandel. Daher mag man ihm auch die glückliche Beziehung zu Isabella nicht so abnehmen. Man nimmt sie zur Kenntnis, aber dass er sich über Jahrzehnte nach ihr verzehrt, ist dann doch überraschend. Auch dass eines Tages seine Tochter Carlotta vor ihm steht, wird in ein paar Zeilen abgehandelt - relativ emotionslos, nicht nur hier hätte man sich mehr Tiefgang in dem Roman gewünscht.
Allerdings bemüht sich der Autor, dem Leser die technischen Errungenschaften Schweppes näher zu bringen, immerhin begründet sich ja hierauf auch sein Weltruhm. Die Erfindung des besten Mineralwassers der Welt ist ein interessanter Prozeß, dem man als Leser gerne beiwohnt, und wenn hier verständlicherweise nicht jede bürokratische Hürde ausgewalzt wird. Sich in dem Fall auf das nötigste zu beschränken, ist hier sinnvoll und teilweise sogar spannend. Wer hätte gedacht, was aus einem kleinen Goldschmied aus Hessen-Kassel werden kann?
Königlicher Rahmen
Jedes Kapitel des knapp 250 Seiten starken Romans ist mit einem Namen überschrieben, was auch schon zeigt, dass Jacob viele Bekanntschaften hatte, die sich mehr oder weniger nachhaltig durch sein Leben ziehen. Die 39 Kapitel bettet Thömmes in eine Rahmenhandlung ein, in der die Tochter Isabellas dem britischen König Wilhelm IV. die Lebensgeschichte Schweppes erzählt. Das wäre nicht nötig gewesen, hier hätte man gerne mehr aus Schweppes Leben erfahren, aber immerhin bedeutet die Rahmenhandlung, dass er königlicher Hoflieferant wurde und 1836 die königliche Empfehlung erhielt.
Unterm Strich ist Günther Thömmes ein Roman gelungen, der persönlich an der Oberfläche bleibt, inhaltlich aber interessant ist und einen ungewohnten Blick auf das britische Empire wirft. Wie die Nation beginnt, sich für Mineralwasser zu interessieren und was es damit überhaupt auf sich hat, das ist immerhin in historischen Romanen noch nicht behandelt worden. Mögen Herrn Thömmes gerne noch mehrere Kuriositäten der Weltgeschichte vor die Füsse fallen - dann aber gerne mit mehr Tiefgang.
Günther Thömmes, Gmeiner
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