Das Fest der kleinen Wunder
- Rütten und Loening
- Erschienen: September 2018
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- Rütten und Loening, 2018, Titel: 'Das Fest der kleinen Wunder', Originalausgabe
Weihnachten und das liebende Vieh
Ostpreußen 1925: Als der Herbst auf Gut Fennhusen Einzug hält, weiß Frederike schon, dass dies ihr vielleicht letztes Weihnachten auf dem Gut sein wird. Sie wird auf die Schule nach Bad Godesberg gehen, weit fort von Ostpreußen. Hier jedoch fühlt sie sich mittlerweile zuhause und das vornehm-behäbige Potsdam vermisst sie schon lange nicht mehr. Und so genießt sie den Wandel der Jahreszeiten besonders intensiv, nimmt die vielen Eindrücke besonders tief in sich auf. Und alles wäre gut, wenn da nicht Caramell wäre, eine Stute, zu der Frederike eine besondere Beziehung hat. Aber Caramell scheint es nicht gut zu gehen. Sie lässt sich nicht mehr reiten und findet nur noch Trost, wenn sie mit Glumse zusammen ist, dem arbeitswilligen Wallach, der neben ihr in der Box steht. Als Caramell verkauft werden soll, versucht Frederike alles, um das zu verhindern. Doch die Entscheidung des Stiefvaters steht fest und Caramell muss gehen. Was für ein trauriges Weihnachten für Glumse! Und auch für Frederike.
Leben mit den Jahreszeiten
„Das Fest der kleinen Wunder“ entstand im Nachgang der Ostpreußen-Reihe von Ulrike Renk. Hier fanden, wie auch in „Frühling auf Gut Fennhusen“, Rechercheergebnisse Eingang, die in der eigentlichen Romanreihe nicht so stark zum Tragen kommen konnten. Entstanden ist eine leichte, flüssige Beschreibung des Lebens auf einem ostpreußischen Gut, angereichert mit witzigen Geschichten und Lausbübereien. Hier spielen die Jahreszeiten die Hauptrolle, alles richtet sich nach ihnen. Das betrifft das Leben der Angestellten, aber auch das der Gutsbesitzerfamilie. Niemand kann hier einfach mal so machen was er will, jeder muss sich einfügen.
In diese Erzählung fanden nicht nur die Schilderung des Erntedank- oder des Weihnachtsfestes Eingang, sondern auch die kleinen Alltagsverrichtungen, die jedem auf dem Gut oblagen, ganz egal ob Herrschaft oder „Leute“. Das hat nichts mit nostalgisch verklärter Romantik zu tun. Die Erzählung bietet stattdessen eine authentische Atmosphäre und einen realistischen Blick auf die Welt eines ostpreußischen Landgutes. Im Mittelpunkt steht dabei eine tierische Liebesgeschichte, eine, die in der ökonomisch geprägten Realität einer bäuerlichen Wirtschaft eigentlich keine Rolle spielen dürfte, die aber – wie es sich für eine ordentliche Weihnachtsgeschichte gehört – ein gutes Ende findet.
Ein liebevoller Blick auf Mensch und Tier
Die Autorin hat ihre Geschichte mit den aus der Ostpreußen-Reihe bekannten Protagonisten bevölkert. Viele der kleinen Anekdoten haben sich tatsächlich zugetragen, wenn auch nicht unbedingt in Ostpreußen und auf jenem Gut, welches die Vorlage für Gut Fennhusen bildet.
Beim Lesen spürt man die Zuneigung, welche die Autorin für die menschlichen und tierischen Protagonisten verspürt, für die in den Hauptrollen ebenso wie für die mit den kleinen Auftritten. Und das ist durchaus ansteckend, denn diese Sympathie empfindet man am Ende als Leser durchaus mit.
Und selbst wenn man die Ostpreußen-Reihe bisher nicht gelesen hat, so findet man doch schnell einen Draht zu den Menschen und Tieren in dieser kleinen, dafür aber feinen Geschichte. Und vielleicht bekommt man ja dann auch Lust, all die anderen Bücher zu lesen, die Ulrike Renk über diesen Themenkreis geschrieben hat.
Fazit:
Lesenswert, sowohl als einzelnes Buch als auch im Rahmen der Ostpreußen-Reihe. Eine kleine Kostbarkeit, unsentimental und trotzdem ein Seelenwärmer, nicht nur zu Weihnachten, aber da ganz besonders!
Ulrike Renk, Rütten und Loening
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