Drudenholz
- Emons
- Erschienen: Oktober 2018
- 0
- Emons, 2018, Titel: 'Drudenholz', Originalausgabe
Viel Potential verschenkt
Nürnberg 1920: Kaum haben Kriminalassistent Max Reinhardt und Hauptkommissar Paul Ebertz einen Fall erfolgreich abgeschlossen, werden sie schon zum nächsten eingeteilt. In einem kleinen Dorf im Pegnitztal wurden ein Bauer und sein Sohn brutal ermordet. Während ihrer Ermittlungen stoßen sie auf unheimliche, mystische Geschehnisse, die die Dorfbewohner in Zusammenhang mit dem hinter dem Bauernhof gelegenen Wald bringen, den sie furchtvoll „Drudenholz“ nennen. Verbirgt sich dort ein Teufel, der die beiden Männer umgebracht hat?
Max kämpft unterdessen mit seinen eigenen Dämonen, die ihn seit dem Weltkrieg verfolgen. Wenn seine Kollegen davon erfahren, wäre seine berufliche Laufbahn gefährdet.
Die Ausgangslage Deutschlands zu Beginn der 1920er Jahre ist alles andere als rosig. Der Krieg und vor allem die mit der Niederlage verbundenen Reparationen und Auflagen machen dem Land schwer zu schaffen. Darunter leiden besonders die ehemaligen Soldaten, die traumatisiert und entwurzelt verzweifelt einen Halt, einen Anschluss an ihr altes Leben suchen.
Dies wird hier schon auf den ersten Seiten anschaulich dargestellt: Soldaten, die an Körper und Seele versehrt aus dem Krieg zurückgekommen sind, kämpfen um eine normale Daseinsberechtigung in der Gesellschaft. Auch Max wird von schrecklichen Halluzinationen gequält, die ihm das Arbeiten bei der Polizei erschweren, aber in Paul hat er einen Mentor, der zu ihm hält.
Bevor sie von der Ermordung des Bauern und seines Sohnes erfahren, muss Max den Bericht eines abgeschlossenen Falls beenden. Dieser stellt einen besonders ekligen Einstieg dar, erinnert sehr an die Geschichte von Sweeney Todd, macht aber auch deutlich, wie hart und bitter die Lebensgrundlage mancher Menschen ist.
Sehr gut sind die vielen Details herausgearbeitet, die die technischen Möglichkeiten der Polizei schildern, zum Beispiel die Ausstattung der Automobile (S. 14f.). Ob allerdings ein einfacher Kriminalassistent wie Max es ist schon über einen privaten Telefonanschluss verfügen kann, darf bezweifelt werden.
Die trostlose Stimmung überträgt sich durch die düstere und graue Atmosphäre, in der unablässig und unangenehm Regen fällt, auf den Leser, der nicht zimperlich sein sollte, wenn die Verletzungen brutal und bildlich beschrieben werden.
„Er fühlte sich verloren und spürte, wie sich Furcht in seinem ganzen Körper ausbreitete.“ (S. 58) Die unheimliche Wirkung des Drudenholzes auf die Dorfbewohner ist nachdrücklich wiedergegeben. Allerdings wären mitunter ein paar Varianzen in der Wort- und Bildwahl abwechslungsreicher gewesen, denn zuweilen werden innerhalb weniger Seiten dieselben Sätze verwendet (zum Beispiel auf S. 25 und direkt wieder auf S. 26: fahles Licht fällt in den Raum).
Leider bleiben auch die Charaktere etwas blass. Dass beispielsweise Paul verheiratet ist und seine Frau Gisela heißt, erfährt man erst in der zweiten Hälfte des Buches. Die persönlichen Lebensumstände werden nur rudimentär angerissen. Hier hätte der Autor gerne mehr investieren können, so dass man als Leser deutlicher vor Augen hat, wer die Figur eigentlich ist und wie sie dorthin gekommen ist, wo sie gerade steht. Mit der Verwendung leichter Dialekte hat Dominik Heinz schon mal einen Anfang gemacht.
Auch die gesamten Umstände, die sich im Laufe der Geschichte ergeben, hätten gerne detaillierter und ausführlicher beschrieben werden können. So bleibt alles etwas oberflächlich, obwohl das Thema und die Situation durchaus Potential gehabt hätten.
Das Ende bietet Raum für einen weiteren Teil mit Max Reinhardt. Wenn Dominik Heinz seinen Schreibstil beibehält, sind Spannung und keine Angst vor erbarmungslosen Wendungen garantiert.
Dominik Heinz, Emons
Deine Meinung zu »Drudenholz«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!