Die Schwarzkünstlerin

  • Rowohlt
  • Erschienen: April 2019
  • 1
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Karin Speck
901001

Histo-Couch Rezension vonMai 2019

Faust, zwischen Wahrheit und Lüge

Margarete steht ein Leben als Nonne bevor. Doch die junge Frau ist Wissbegierig, sie will die Welt sehen und noch viel mehr. Niemand steht ihr zur Seite, auch ihr Beichtvater Trithemius will ihr nicht helfen. Sie soll im Kloster bleiben. Aber Margarete will das nicht. Sie flieht aus dem sicheren Kloster in die Welt hinaus.

In Heidelberg lernt sie einen geheimnisvollen Alchemisten kennen. Georg Helmstetter, so nennt er sich, hat es ihr angetan. Gemeinsam mit ihm zieht sie durch die Lande. Schnell ist ein Künstlername gefunden und so treten sie als Zauberkünstler unter dem klangvollen Namen Doktor Faustus auf. Doch es ist alles nicht so voller Freude und Zuversicht, wie die junge Frau es sich vorgestellt hat. Sie muss einen hohen Preis für ihre Freiheit zahlen.

Gretchen und ihr Zauberer

Roman Rausch erzählt die Geschichte von dem legendären Doktor Faust aus der Perspektive Margaretes/Gretchens. Sie verliebt sich als junges Mädchen in den Zauberer und beschließt mit ihm zu gehen. Aber Georg Helmstetter hat andere Pläne als eine Zweisamkeit mit einer jungen Frau. Als Gretchen Zweifel an der Aufrichtigkeit ihres Geliebten kommen, ist es eigentlich schon fast zu spät. Ihre Leichtgläubigkeit, ihre Sehnsucht nach Freiheit und Wissen, muss sie teuer bezahlen.

In den Anfängen des 16. Jahrhunderts war es üblich, Nachrichten als Flugblätter zu verkaufen. Auf diesen Blättern wurden Geschichten erzählt und mit aussagekräftigen Bildern untermauert. Leider ist es nun so, dass hier nicht immer die Wahrheit erzählt wird. Es bleibt dann auch nicht aus, dass Margarete Schriften zu Gesicht bekommt, die ihren Faust beschuldigen, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben. Und ist es nicht auch so, dass Georg immer wieder zu unredlichen Mitteln greift, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen? Gretchens Zweifel wachsen von Jahr zu Jahr.

Der Erzählstil ist sicherlich nicht so einfach zu lesen. Aus der Ich-Perspektive erzählt Margarete ihre Geschichte selbst. Somit erfährt der Leser nur, wie das Leben auf die junge Frau wirkte, was sie erlebt hat und wie sie mit dem erlebten umgegangen ist. Sicherlich eine interessante Form der Darstellung, aber auf diese Weise bleibt der eigentliche Schwerpunkt auch bei Gretchen. Rausch hat es scheinbar spielend geschafft, eine Welt zu erschaffen in der nicht sicher ist, wer und was Faustus eigentlich war. Wahrheiten und Lügen vermischen sich.

Wahrheit und Fiktion vermischen sich

Der historische Hintergrund erzählt von den Anfängen der Neuzeit. Von Martin Luther und von der Spaltung der Kirche. Die Menschen waren dabei ihren Halt zu verlieren. Chaos drohte auszubrechen oder war sogar schon dabei. Die Bauernaufstände waren Bestandteile des Lebens. Die Schriften dieser Zeit, die im Umlauf waren, zeugen davon. Was ist Wahrheit und was Lüge? Die Übergänge verschwimmen. So wie Gretchen sich immer wieder fragen muss, wer ist ihr Georg Helmstetter wirklich, wer ist Faust wirklich, so blickt auch der Leser so manches Mal verwirrt von den Seiten auf. Rausch hat es geschafft, die Wahrheit mit der Lüge verschmelzen zu lassen. Wer diesen Roman gelesen hat und dann immer noch der Meinung ist, die sogenannten Fake-News wären eine Erfindung unserer Zeit, sollte vielleicht noch mal zu dieser Geschichte von Gretchen und Faustus greifen.

Fazit:

„Die Schwarzkünstlerin“ ist eine beeindruckende Geschichte aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Sie erzählt von Lug und Betrug, von Liebe und Unschuld, von Leid und Hass, aber auch von dem Glauben und der Hoffnung. Der Autor gewährt einen Einblick in eine Epoche, die zum Teil noch an dem Althergebrachten hängt, aber auch in die Zukunft blicken lässt. Der Glaube spaltet sich und die Menschen beginnen zu hinterfragen, was ist Wirklichkeit und was nur vorgetäuscht. Die Geschichte von Gretchen und Faust steht für diese Zeit.

Die Schwarzkünstlerin

Roman Rausch, Rowohlt

Die Schwarzkünstlerin

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