Im Zeichen des Löwen - Friesen-Saga 1

  • Goldmann
  • Erschienen: Februar 2020
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Alexandra Hopf
951001

Histo-Couch Rezension vonApr 2020

Fulminanter Auftakt der neuen Friesen-Saga

Jann Osinga ist der Bastard des großen Wilke Tammen aus Warfstede. Er ist ein talentierter und leidenschaftlicher Schiffsbauer. Doch aufgrund seiner unehelichen Abstammung darf er dieses Handwerk offiziell nicht erlernen. Aber weil der Schiffsbaumeister Folkmar den Jungen gern hat und dessen Talent erkennt, darf er auf dem Schiffsbauplatz mithelfen.

Wenn er nicht auf der Lastadie beschäftigt ist, kümmert er sich um die Deichpflege, welche für das Dorf sehr wichtig ist. Um den Handel kümmert sich allein Wilke mit seinen beiden ältesten Söhnen. Dabei ist er sehr erfolgreich und Warfstede gehört zu den wohlhabendsten Kirchspielen. Doch eines Tages im Jahre 1350 verändert sich das Leben in Warfstede. Unicke Tammen, der älteste Sohn von Wilke, wird auf einer Handelsfahrt von Enne Rycken, dem Familienoberhaupt des benachbarten Kirchspiels Duvelslond erschlagen. Blind vor Schmerz und Zorn beginnt der gewalttätige Wilke eine unerbittliche Blutfehde, die noch viele Opfer fordert. Eines davon ist der Zweitgeborene Here Tammen. Nun bleiben Wilke nur sein verhasster drittgeborener Sohn Abbe und der Bastard Jann. Für beide hat das Familienoberhaupt nichts übrig. Abbe ist von Geburt an körperlich missgebildet. Doch trotz der offensichtlichen Behinderungen ist Abbe sehr intelligent. Er ist der Einzige der Lesen und Schreiben kann und führt die Bücher der Familie. Die beiden verhassten Söhne leiden unter dem Jähzorn und Hass des Vaters. Als Wilke selbst bei den Fehdekämpfen in Gefangenschaft von Enne Rycken gerät, hängt es an Jann und Abbe den Vater zu befreien. Wird es den beiden gelingen?

Friesland im 14. Jahrhundert

Eindrucksvoll gelingt es dem Autor Daniel Wolf, den Leser in das Leben der Friesen im 14. Jahrhundert zu entführen. Wie man es bereits von der Fleury-Saga kennt, schildert der Autor ausführlich und bildhaft die Schauplätze. Man kann sich beim Lesen perfekt vorstellen, wie so ein Dorf oder besser Kirchspiel in Friesland aufgebaut war. Mit seinem gefälligen und lebendigen Schreibstil taucht man komplett in die Geschichte ein und mag das Buch gar nicht aus der Hand legen. Der Eröffnungsband dieser neuen Saga ist mit über 900 Seiten doch ein gewaltiges Werk. Darin werden viele verschiedene Themen angesprochen, doch sind alle Handlungsstränge so geschickt miteinander verwoben, dass ein abgerundetes Gesamtwerk entsteht. Die verschiedenen Themen greifen wie Zahnräder ineinander und funktionieren tadellos miteinander. So erfährt der Leser, wie sich das Leben der Friesen gestaltet hat. Etwas Liebe kommt auch vor. Jann ist in seine Jugendfreundin Jorien verliebt. Doch die beiden können nicht zueinander finden.

Sehr intensiv erklärt Daniel Wolf das Handwerk des Schiffbaus. Gut verständlich erklärt er, wie im 14. Jahrhundert der Bau einer Kogge vonstatten ging. Dazu findet man am Buchende ein Glossar mit spezifischen Worterklärungen. Auch sehr hilfreich war das Bild einer Kogge und den dazugehörigen Beschilderungen im Innern des Buchumschlages.

Aufstieg der Hanse

Doch der Roman spielt nicht nur in Friesland. So kann man die Protagonisten auch auf See und in verschiedene Hansestädte begleiten und etwas über den damaligen Handel erfahren.

Natürlich sind die Familien Frieslands rein fiktiv. Trotzdem ist der Roman meisterlich recherchiert. So kommen historische Personen und Ereignisse vor, die korrekt wiedergegeben werden und wunderbar ins Romangeschehen eingebaut sind. So begegnet man hier dem Dänenkönig Waldemar Atterdag und den berühmten Waldemarkriegen genauso wie dem bekannten Bremer Bannerlauf. Und neben der friesischen Geschichte kann man auch noch den Anfängen und der Gründung der Hanse beiwohnen.

Überzeugende Protagonisten

Trotz des enormen Buchumfanges bleibt die Anzahl der beteiligten Personen doch überschaubar, so dass das Personenregister am Anfang des Buches kaum kontaktiert werden muss. Die männlichen Hauptprotagonisten sind beide auf ihre Art liebenswert. Man kann die Gefühle der beiden sehr gut verstehen und nachvollziehen. Beide bekommen vom Vater stets zu fühlen, nichts wert zu sein und trotzdem gelingt es ihnen aufgrund ihrer tollen Charaktere, ihren Weg zu gehen. Beide brauchen eine sehr dicke Haut, um die Schmähungen der Leute zu verkraften.

Auf Jann wird stets hinabgeblickt, denn er ist ja nur ein wertloser Bastard. Nur die Menschen, die ihn besser kennen, wissen ihn zu schätzen. Er hat eine wunderbare Willensstärke und man kann den jungen Mann im Romanverlauf wirklich bewundern. Auch sein Halbbruder Abbe kennt das Gefühl, nichts wert zu sein. Er hat noch viel mehr mit den boshaften Seiten und Blicken seiner Mitmenschen zu kämpfen. Sein Leben lang wird er gehänselt, verspottet und beschimpft. Doch Abbe macht eine bemerkenswerte Entwicklung im Lauf der Geschichte durch. Mit unermesslicher Willensstärke erkämpft er sich seine Stellung in der Gesellschaft, auch wenn er leider aufgrund seiner offensichtlichen Handicaps in gewisser Weise immer isoliert bleiben wird.

Der weibliche Hauptcharakter Jorien entwickelt sich ebenfalls im Lauf der Jahre. Auch wenn sie nicht die Präsenz hat wie etwa Abbe oder Jann, ist ihre Geschichte doch auch lesenswert. Aber nicht alle Protagonisten sind derart sympathisch. Für das krasse Gegenteil ist die Person des Wilke Tammen zuständig. An seiner furchteinflößenden und gewalttätigen Persönlichkeit kann man nichts Gutes finden. Er ist kaltherzig und böse.

Fazit:

Auch wenn das Buch drei Jahrzehnte im Leben von Jann erzählt, findet das Buch leider sein Ende im Jahr 1383. Doch der Epilog und auch die Aussagen des Autors geben Hoffnung auf die Fortsetzung. So kann man sich freuen, dass die Geschichte von Warfstede vielleicht mit der nächsten Generation weitergeht.

Auch wenn das Buch einen gewaltigen Umfang hat, kommen doch einzelne Erzählstränge gefühlt etwas zu kurz. So hätte man gerne noch mehr über den damaligen Handel erfahren und auch die Entstehung der Hanse wird nur in groben Zügen gestreift. Trotz dieser kleinen Kritikpunkte liefert Daniel Wolf mit „Im Zeichen des Löwen“ einen beeindruckenden historischen Roman der gehobenen Klasse ab. Das Buch ist an keiner Stelle langweilig und pikante Wendungen sorgen immer wieder für Spannungsmomente.

Im Zeichen des Löwen - Friesen-Saga 1

Daniel Wolf, Goldmann

Im Zeichen des Löwen - Friesen-Saga 1

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