Die Nachtmalerin

  • HarperCollins
  • Erschienen: Februar 2020
  • 1

Sabine Schilasky (Übersetzung)

Die Nachtmalerin
Die Nachtmalerin
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Carola Krauße-Reim
701001

Histo-Couch Rezension vonMär 2020

Ein Roman über die niederländische Malerin Judith Leyster

Carrie Callaghan widmet sich in ihrem Debütroman einer Frau, deren Werk lange als verschollen galt und fälschlicherweise Frans Hals zugeschrieben wurde – Judith Leyster, eine der wenigen weiblichen Malermeisterinnen während dem Goldenen Zeitalter der Niederlande.

Gelungene Verknüpfung von Realität und Fantasie

Judith Leyster wurde in Haarlem geboren, absolvierte ihre künstlerische Ausbildung bei Frans Pieter de Grebber, gründete ihr eigenes Atelier und wurde Mitglied in der Haarlemer Malerzunft, was im gesamten 17. Jahrhundert nur zwei Frauen schafften. Ihre Sujets waren Genrebilder und Portraits. Das ist das Gerüst, um das Callaghan ihren Roman spinnt. Gekonnt verknüpft sie historische Tatsachen mit fiktiven Elementen. In allen Farben beschreibt sie das Leben in Haarlem zu Judiths Zeiten. Man kann sich gut den Dreck auf den Straßen vorstellen, die als Abwasserkanäle missbrauchten Grachten, das vom Blut fleckige Schafott auf dem Marktplatz und auch die Händler in den Gassen. Die Atmosphäre in der niederländischen Stadt ist greifbar und zieht den Leser schnell in das Geschehen.

Neben Judith spielt die Tochter de Grebbers, Maria, ein große Rolle im Roman. Sie ist das Gegenstück zu der tatkräftigen, zielstrebigen und protestantischen Judith. Anders als diese hadert die katholische Maria mit ihrer Schuld, die sie sich wegen jeder nur so kleinen tatsächlichen oder eingebildeten Verfehlung gibt. Die unterschiedlichen Charaktere der beiden historisch belegten Frauen sind gut herausgearbeitet, lediglich ihr äußeres Erscheinungsbild kommt bei den Beschreibungen etwas zu kurz und hätte durchaus ausführlicher sein dürfen und mit mehr Informationen zur bildlichen Veranschaulichung. Dennoch schafft es Callaghan Interesse beim Leser zu wecken und so begleitet man Judith auf ihrem realen Weg zur Malermeisterin mit eigenem Atelier, der fiktiv ergänzt und fantasievoll ausgeschmückt ist mit finanziellen Schwierigkeiten, familiären Problemen und Intrigen der Malergilde Haarlems. Auch Maria war Malerin, aber sie ging einen anderen Weg als Judith. Ihre Freundschaft mit Judith und ihr Wille gottgefällig zu leben wird sehr anschaulich erzählt, hat aber wohl wenig mit dem Leben der tatsächlichen Maria zu tun.

History meets Krimi

Die Autorin begnügt sich nicht mit einem historischen Roman über das Leben von Judith Leyster, sondern würzt diesen mit einer gehörigen Portion Kriminalgeschichte. In einer von Männern geprägten Gesellschaft wie der des 17. Jahrhunderts, ist es nicht verwunderlich, dass sich die Malergilde mit einem weiblichen Mitglied schwer tut. Zwar wird Judith aufgenommen, doch dann beginnen die Schwierigkeiten und sehr schnell wird klar, dass Frans Hals und seine anderen berühmten Gildenmeister nichts Gutes im Schilde führen. Judith wird zur Detektivin und muss herausfinden, warum es auf einmal kaum noch Leinöl gibt, was mit einem ihrer männlichen Modelle passiert ist und, welche Intrigen die Gilde spinnt. Diese Ermittlungen würzen die interessante Geschichte noch zusätzlich, führen aber in eine Katastrophe für Judith.

Kleine Mängel trüben das Lesevergnügen

Leider wird das Lesevergnügen dieser durchaus spannenden und interessanten Geschichte durch zu viele Wiederholungen geschmälert. Ständig werden die vielen getragenen Kleiderschichten im Winter (noch ein Mieder und noch ein Rock) und die Schweißperlen auf dem Rücken im Sommer erwähnt, bis auch der letzte Leser verstanden hat, dass es im Winter kalt und im Sommer heiß ist. In jeder Jahreszeit hat Judith mit Geldsorgen zu kämpfen, kann sich aber trotzdem eine Haushälterin und ein eigenes Haus leisten. Es wird nie erklärt, wie sie es trotz Absatzschwierigkeiten ihrer Bilder immer wieder schafft, nicht bankrott zu gehen. Anscheinend ist die Lösung finanzieller Probleme der künstlerischen Freiheit zum Opfer gefallen. Bedauernswert ist auch, dass manche Passagen sehr, fast zu sehr, ausführlich erzählt werden, während andere zu kurz kommen. So ist Judiths Lebensweg nachdem sie Haarlem verlassen hat nur angedeutet und hätte durchaus mehr Raum einnehmen dürfen, während ihre Suche nach einer eigenen Werkstatt sehr ausführlich dargelegt ist.

Fazit:

Mit „Die Nachtmalerin“ ist Carrie Callaghan ein durchaus gelungenes Debüt gelungen. Die Verbindung von historischen Roman und Kriminalgeschichte lässt den Leser tief eintauchen in die Zeit der großen Maler in den Niederlanden. Wenn man sich durch kleine Mängel nicht aufhalten lässt, sind die über 370 Seiten schnell gelesen und, wer wissen will, wie Judith Leyster tatsächlich aussah, sollte einmal ihr berühmtes Selbstportrait betrachten.  

Die Nachtmalerin

Carrie Callaghan, HarperCollins

Die Nachtmalerin

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