Rheinlandbastard

  • Heyne
  • Erschienen: August 2019
  • 1
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Jörg Kijanski
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Histo-Couch Rezension vonAug 2019

„Mordserie erschüttert die Besatzungstruppen“

Coblenz am Rhein, Spätsommer 1924. Zuerst erwischt es den Offizier Francois Desforges, nur eine Nacht später den Caporal Claude Soiné. Beide werden mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden. General Alphonse Betancourt, Festungskommandant von Ehrenbreitstein, ist außer sich. Sein bester Ermittler, der Militärpolizist Didier Anjou, soll die Mordfälle aufklären. Zu dessen Verdruss muss er dabei auf die Hilfe des Rechtsmediziners Hans von Hohenstetten zugreifen, da der französische Arzt nach Paris abberufen wurde. Anjou hasst die Deutschen, gibt ihnen indirekt die Schuld am Tod seiner Frau. Doch Ergebnisse müssen her und siehe da, ganz so schlimm ist von Hohenstetten dann doch nicht. Seit über zwanzig Jahren ist der Pazifist mit einer Französin verheiratet, spricht die Sprache fließend.

Dennoch rennt Anjou die Zeit davon, die Stimmung wird zunehmend aufgeheizt, wobei nicht wenige Deutsche hinter vorgehaltener Hand den Mörder bewundern, da sie die Besatzer verachten. Betancourt greift zum äußersten Mittel, fordert Amtshilfe an und so muss Anjou mit einem weiteren Deutschen zusammenarbeiten; Adalbert Wicker, seit einigen Wochen mit seiner Ausbildung fertig und als Kommissar in Coblenz tätig. Die Mordserie geht indessen weiter und während Anjou auf Widerständler unter den Deutschen tippt, wagt Wicker die Aussage, dass der Mörder womöglich ein Soldat aus den eigenen Reihen sein könnte, was das ohnehin nicht ganz unbeschwerte Verhältnis zu Anjou weiter belastet.

Gelungene Darstellung der angespannten politischen Lage

Aus dem jungen Wicker wird Anjou nicht ganz schlau, denn dieser spricht ebenfalls fließend Französisch und entpuppt sich zudem als Liebhaber französischer Literatur. Dass er allerdings auch eine französische Geliebte hat, die junge Krankenschwester Babette, geht Anjou denn doch entschieden zu weit, zumal der Kontakt zwischen Franzosen und Deutschen eigentlich verboten ist. Überhaupt ist die Beziehung zwischen Einheimischen und Besatzern alles andere als unbelastet. Waren die Amerikaner im Rheinland einigermaßen anerkannt, werden die Franzosen, die die Besatzung im Januar 1923 übernahmen, überwiegend verachtet. Was freilich auf Gegenseitigkeit beruht, denn im Gegensatz zu den Amerikanern haben fast alle französischen Soldaten im Ersten Weltkrieg viele Familienangehörige und Freunde verloren.

So ist auch Adalbert Wicker entsetzt, als er einen alten Freund in einem Wirtshaus wiedertrifft. Dieser prahlt geradezu damit, dass er unlängst einige Monate im Gefängnis saß, nachdem er 1923 bei einem Aufmarsch in München an der Seite eines gewissen Adolf Hitler dabei war. Sollte er gar der gesuchte Mörder sein?

Fazit:

Der Krimiplot wird mit den historischen Hintergründen gut verwoben. Das angespannte Verhältnis zwischen Deutschen und Franzosen, die Nachwehen der Kriegsereignisse, aber auch ein verheerender Umgang innerhalb der französischen Truppen zwischen weißen und dunkelhäutigen Soldaten werden beleuchtet. Als „Rheinlandbastarde“ bezeichnete man damals die Kinder weißer Frauen, die sie freiwillig oder oft unfreiwillig von aus Afrika stammenden Soldaten der französischen Armee bekamen. Die Beziehung zwischen Adalbert und Babette wird angemessen und glaubwürdig dargestellt, wobei die Krankenschwester gleich in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle spielt.

Rheinlandbastard

Dieter Aurass, Heyne

Rheinlandbastard

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