Als die Hoffnung uns gehörte
- Pendo
- Erschienen: Februar 2019
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Ein Schmetterling im Kopf
New York, 1924: Sie sind glücklich und voller Hoffnung, der junge gutaussehende Philipp Korff und seine wunderschöne Verlobte Scarlett. Beide sind reich, beiden steht die Welt offen. So scheint es jedenfalls wenn sie durch die Nachtclubs der amerikanischen Metropole ziehen. Doch Scarlett ist schwer krank, nur wenige Menschen wissen das. Trotzdem hat Philipp um ihre Hand angehalten, denn sie ist die Liebe seines Lebens. Philipp beschließt, mit Scarlett nach Europa zu fahren, vielleicht gibt es dort Ärzte, die ihr helfen können. Und er will ihr Wien zeigen, seine Heimatstadt, die für die junge Frau aus dem Land mit der kurzen Geschichte geradezu sagenumwoben erscheint.
Währenddessen hat Maxim Korff, schwer krank, die Führung seiner Firma in Philipps Hände gelegt und genießt in Wien seinen Ruhestand. Aber genießen ist relativ. Das Leben langweilt ihn. Immer mehr zieht er sich zurück. Als er die Bekanntschaft eines jungen Politikers mit radikalen Ideen macht, ist Maxim fasziniert. Dieser Österreicher, der in Bayern in Festungshaft sitzt, ist zwar ein übler Antisemit, aber das stört Maxim nicht wirklich. Österreich hat seine einstige Größe verloren, die Politik braucht frischen Wind und da kommen Leute wie dieser Hitler gerade recht, um den Laden wieder zum Laufen zu bringen.
Agonie und Aufbruch
„Als die Hoffnung uns gehörte“ ist der zweite Band der Familiensaga über die Wiener Industriellenfamilie Korff. Naturgemäß knüpft die Handlung immer wieder an Geschichten aus dem ersten Band an, bezieht sich auf Geschehnisse aus diesem Roman. Allerdings liefert Autor Michael Wallner immer auch Erklärungen dazu mit, so dass auch jene Leser, die den ersten Teil nicht kennen, problemlos Zusammenhänge verstehen und der Handlung folgen können. In diesem zweiten Teil der Saga finden sich natürlich alle wieder zusammen, die auch im ersten Teil ihre Rollen spielten. Nur wenige neue Protagonisten kommen dazu, viele von ihnen tauchen auch nur kurzzeitig auf. Erzählt wird mit wechselnden Handlungsorten und –schwerpunkten. New York und Wien sind die wichtigsten Zentren des Geschehens. Mit den Orten wechselt dann auch der Fokus der Erzählung von Philipp zu Maxim, gelegentlich auch zu Philipps Cousine Alexandra und immer wieder zur schwer kranken Scarlett. Und wenn dabei auch die ganz privaten Dramen im Vordergrund stehen, so ist doch umso beklemmender, mit welcher Beiläufigkeit der aufkommende Nationalsozialismus als möglicher Bündnispartner in Betracht gezogen und als Quell der Erneuerung für das geradezu in Agonie vor sich hin dümpelnde politische System in Österreich hofiert wird. Nur nebenbei wird über den Aufbruch in der Wirtschaft berichtet, über dringend notwendige Veränderungen. Aber für den Leser wird deutlich, wie sich politische und wirtschaftliche Interessen miteinander verweben, und auch, wie es geschehen konnte, dass gebildete Menschen mit gutbürgerlichen Werten sich mit einem menschenfeindlichen System wie dem Faschismus verbandeln konnten.
Und wieder die Frauen
Hat man den ersten Teil der Saga gelesen, dann freut man sich zu erfahren, wie es mit den Protagonisten weiter geht. Zwar sind Maxim und Philipp ganz offensichtlich die wichtigsten Personen im Roman, allerdings ist Scarlett ihnen zumindest gleichgestellt. Und die Frauen schaffen es wieder mal, den Männern den Rang abzulaufen, auch im zweiten Teil der Romanreihe. Alexandra bekommt wesentlich weniger Raum, aber sie und Scarlett sind eindeutig die interessantesten Figuren. Spannende Nebenhandlung ist Ludwigs Geschichte. Der sensible Künstler findet in Amerika etwas, womit er niemals gerechnet hätte, und alle anderen wohl auch nicht.
Michael Wallner sind spannende Charaktere gelungen, deren Geschichte man gerne verfolgt. Maxim legt nicht unbedingt an Sympathiepunkten zu, aber auch er ist ein Protagonist, dem man Interesse entgegen bringt. Schade, dass ausgerechnet die dubiose Gestalt, die Philipp auf Kuba kennen lernt, den Namen eines bekannten deutschen Widerstandskämpfers gegen die Nazis trägt. Das verwirrt. Ebenso verwirrend ist, dass die Wiederaufnahme der Mordermittlungen im Fall von Pankau anfänglich eine nicht unwichtige Rolle spielt, aber irgendwann im Verlauf des Romans genauso sang- und klanglos verschwindet wie jene Dame, die auf dieser Wiederaufnahme bestanden hat. Das fällt zunächst nicht weiter auf, aber am Ende des Romans fragt man sich dann doch, wie die Sache eigentlich ausgegangen ist.
Fazit:
„Als die Hoffnung uns gehörte“ ist ein interessanter und über weite Strecken auch spannender Rückblick in die österreichische Geschichte, die gelungene Fortsetzung eines ebenso gelungenen ersten Bandes. Der Roman wirkt authentisch und gewährt dem Leser eine besondere Perspektive beim Blick auf die noch junge Republik, von der es scheint, dass sie irgendwie wohl keiner wollte und mit der man nach dem Verlust einstiger Macht und Größe nichts Rechtes anfangen konnte, damals, in den zwanziger Jahren in Wien.
Michael Wallner, Pendo
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