Raffael - Das Lächeln der Madonna
- Droemer-Knaur
- Erschienen: März 2020
- 5
Die Schönheit, das Glück und die Spiele der Macht
Urbino, 1494: Raffael Sanzio ist noch ein Kind als sein Vater stirbt. Der Vater, Meister einer von Herzog Guidobaldo da Montefeltro geschätzten Malerwerkstatt, hat den Sohn schon früh in die Lehre genommen. Dennoch ist der Elfjährige noch weit davon entfernt, selbst Meister zu sein, um die Bottega, die Werkstatt, allein führen zu können.
Aber er hat Glück: Die Werkstatt wird nicht verkauft und unter Anleitung eines ehemaligen Gesellen seines Vaters kann der begabte Junge weiter das Malen lernen. Doch es zieht ihn auch hinaus in die Welt, nach Rom, nach Florenz, weg aus dem eher kleinen Urbino. Und als sich die Chance bietet, mit einem Freund seines Vaters nach Siena zu gehen und dort zu arbeiten, stürzt er sich in das Abenteuer. In Siena begegnet er jener Frau, die seine große Liebe wird und deren Gesicht noch heute tausende Menschen von seinen Madonnenbildern kennen: La Fornarina, die schöne Bäckerstochter Margharita Luti. Doch inmitten einer Welt, die von Machthunger, Kriegen und unsäglichen Grausamkeiten geprägt ist, scheint das Glück der beiden jungen Leute nicht von Dauer zu sein.
Panoramabild
Schreibt man einen Roman, so muss man bei einem großen Künstler wie Raffael ganz sicher Schwerpunkte setzen. Dies bringt allerdings auch mit sich, dass dabei einzelne Aspekte vielleicht weniger Beachtung finden. Noah Martin legt seinen Schwerpunkt auf die Persönlichkeit Raffaels, nicht unbedingt auf den kunsthistorischen Aspekt, obwohl das Schaffen des Malers – insbesondere im Vatikan- natürlich eine wesentliche Rolle im Roman spielt. Und dem interessierten Leser kann es durchaus passieren, dass er dann doch den Roman beiseitelegt und erst einmal nach den beschriebenen Gemälden googelt, schließlich weiß man gern, wovon man da liest. Aber es geht nur wenig um die Entstehung des großen Künstlers, seine Arbeit an sich selbst, sein Ringen um Perfektion. Vielleicht hätte sich der eine oder andere Leser auch gewünscht, mehr über jene Künstler zu erfahren, die Raffaels Lebensweg begleitet haben. Der Autor hat sich jedoch für ein großes Panorama entschieden, in welchem eben auch die Kirchenpolitik und die kriegerischen Auseinandersetzungen innerhalb Italiens eine große Rolle spielen. Dabei geraten dann einige Protagonisten eher flach. Ein Michelangelo zum Beispiel, der immer nur schlechte Laune hat und andere Leute mies behandelt, der offenbar auch gar keine guten Tage kennt. Oder Sebastiano del Piombo (Luciani), bei dem man nicht wirklich nachvollziehen kann, warum er so handelt und denkt wie er es im Roman tut und auch in der Realität getan hat. Hier hätte ein wenig mehr Tiefe dem Roman nicht geschadet.
Recherche und Phantasie
Mit „Raffael - Das Lächeln der Madonna“ legt Noah Martin ein wahres Schwergewicht als Erstlingswerk vor. Das darf man sowohl wörtlich nehmen, 627 Seiten wiegen ganz schön, als auch im übertragenen Sinne, denn unter den Großen der Renaissance stellt Raffael eine gewichtige Persönlichkeit dar. Und solche Persönlichkeiten haben im Regelfall viele Facetten, denen man gerecht werden muss. Der Autor nutzt die dramatische Liebesgeschichte zwischen Raffael und Margharita als roten Faden, der sich durch das gesamte Buch zieht, stellt jedoch diese Liebesgeschichte in den politischen und gesellschaftlichen Rahmen der Zeit. Immer wieder merkt man, dass Noah Martin hier eine enorme Recherchearbeit geleistet hat, sowohl wenn es um das Leben Raffaels geht als auch dann, als die Kriegszüge Cesare Borgias geschildert oder politische Kabalen im Vatikan dargestellt werden. Der Autor hat sich der Herausforderung gestellt und es geschafft aus den vielen zusammengetragenen Fakten kein Lehrbuch, sondern einen anspruchsvollen und interessanten Roman zu machen; gewürzt mit einer gehörigen Portion Phantasie.
Denn über Margharita Luti ist nur wenig bekannt. Wer ihre Liebe zu Raffael zum Thema eines Romans machen will, dem bleibt nichts weiter übrig, als sich seine eigene Geschichte auszudenken und sie mit den bekannten Fakten zu verknüpfen. Noah Martin äußert sich dazu ausführlich in seinem Nachwort. Wer also diesen Roman zur Hand nimmt, der liest – trotz all der vielen Fakten, die hier mit eingeflossen sind- keinen Tatsachenbericht, sondern eine Geschichte, die der Autor erdacht hat. Allerdings ist das ja letztendlich bei jedem historischen Roman so und wichtig ist dabei eigentlich nur die Frage, ob es tatsächlich so gewesen sein könnte. Das muss dann jeder Leser für sich entscheiden. Ich fand die Geschichte jedenfalls in den meisten Punkten glaubhaft.
Fazit:
Ein opulenter Roman, der hoffentlich dazu geeignet ist, einem breiten Lesepublikum die Persönlichkeit eines genialen Künstlers nahe zu bringen und sich ein wenig mehr mit einer großartigen Zeit zu beschäftigen, der Renaissance. Nicht unbedingt etwas für studierte Kunsthistoriker, für interessierte Laien allemal eine Einstiegshilfe!
Noah Martin, Droemer-Knaur
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