Feuer im Elysium
- Emons
- Erschienen: Januar 2020
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Verschwörung um Beethovens Neunte
April/ Mai 1824. Bei Schloß Sonnberg bei Wien kommen der Baron von Sonnberg und sein Schloßverwalter Reiser bei einer Kutschfahrt ums Leben, als eine Brücke einbricht, über die sie fahren. Zurück bleiben des Schloßherren Tochter Theresia und des Verwalters Sohn Sebastian. Die beiden hätten nach Plänen ihrer Väter heiraten sollen und wollen, trotz Standesunterschieden, doch fehlte eine Unterschrift unter das entsprechende Dokument, und so wird Sebastian vom Bruder des Barons, der die Nachfolge antritt, des Hofes verwiesen. Der ebenfalls am Hof lebende Baron von Walseregg nimmt sich seiner an und nimmt ihn mit nach Wien, wo er sich schnell eine Arbeit suchen soll und will.
Laut einer alten Geschichte war sein Vater irgendwie mit dem Komponisten Beethoven verbunden und nun hat er Gelegenheit, dieser alten Geschichte nachzugehen. Gleichzeitig bemüht er sich bei einem alten Studienkollegen Hänsel, der inzwischen für den Staat als Beamter arbeitet, um eine Arbeit. Zudem trifft er seinen alten Geigenlehrer Piringer, der gerade mit vielen anderen Musikern die Uraufführung der neuen Sinfonie von Ludwig van Beethoven in einer Akademie vorbereitet, in Anwesenheit des komplett ertaubten Komponisten, und da noch Mitwirkende gesucht werden, bekommt Reiser eine Bratsche geliehen und darf mitproben.
Zeitgleich betrauert der Student Kreutz den Tod seines Mitbewohners Wellendorf, die sich eine Kammer teilten. Wellendorf hinterlässt einen Zettel mit einer geheimen Botschaft, und nach denn Tor übernimmt Kreutz dessen Identität und reist an seiner statt nach Wien, nicht wissend, was auf ihn zukommen wird. Er gerät in die Fänge eines Geheimbundes, doch alles ist sehr mysteriös und undurchsichtig. Die Stadt ist nervös, denn die Aufführung einer neuen, schweren und nie dagewesenen musikalischen Darbietung steht bevor…
Spannende Geschichte
Der Autor Oliver Buslau ist studierter Musikwissenschaftler und Musikjournalist und hat schon einige Musikkrimis geschrieben, sowohl im historischen als auch im nicht-historischen Bereich. Mit „Feuer im Elysium“ widmet er sich der Uraufführung der Neunten Sinfonie von Ludwig van Beethoven in Wien und strickt darum eine Geschichte um Verschwörungen, Morde und Revolutionen. Im Jahr 1824 ist Wien noch nervös, Napoleon ist gerade seit drei Jahren tot, doch seine Taten sind immer noch präsent, und auch die Revolution in Frankreich hat noch deutliche Spuren hinterlassen. Fürst von Metternich regiert als Staatskanzler und hat ein Kontrollsystem in Wien installiert mit Spionen und Polizisten, wo niemand niemandem traut und jeder jeden bespitzelt, durch alle Stände hinweg. Es gibt Bestrebungen, dass Adel und Bürger gleichgestellt werden sollen, was besonders dem Adel nicht passt. Da kann eine Sinfonie mit dem Text des in Österreich verbotenen Friedrich Schiller „Alle Menschen werden Brüder“ nur verdächtig sein.
In diese Situation hinein lässt Buslau seine Protagonisten agieren. Schon von den äußeren Umständen her ist Brisanz gegeben, da entwickelt sich die Geschichte fast von allein, und daher soll hier auch nicht mehr über den Inhalt verraten werden, da dies nicht möglich ist, ohne zu viel über den Plot zu verraten. Diesen nämlich hat Buslau geschickt konstruiert und man fragt sich, wie er die Geschichten um Reiser und um den Revolutionär Kreutz miteinander verweben wird. Dass er dies tut, dürfte keine Überraschung sein. Bis zu einem bestimmten Punkt werden beider Geschichten gleichberechtigt erzählt, bis er sich auf Reiser konzentriert und man sich irgendwann fragt, ob er Kreutz vergessen hat. Hat er nicht, soviel kann verraten werden.
Gut recherchiert
Buslau fährt in seinem Roman ein hohes Tempo. Der Roman handelt in einem Zeitraum von zwei Wochen, die zwischen dem Unfall und der Uraufführung der Sinfonie vergehen. Gerade nach hinten raus verdichtet sich die Geschichte immer mehr wie ein Countdown. Die wenigen Proben, die Reiser für die Aufführung der als schwer und fast unspielbar geltenden Musik hat, geben anhand derselben Situation die Dringlichkeit an, mit der sich Reiser den Geschehnissen widmen muss. Und immer wenn man denkt, man könnte einen Moment Luft holen, ist es dann doch nicht so…
Höhepunkte des Romans sind sicherlich die Begegnungen Reisers mit Beethoven, dessen Silhouette man auch auf dem düsteren Cover des Buches erkennen kann. Beethoven soll ein schwieriger Charakter gewesen sein, was sich auch im Roman zeigt, der von Buslau von vorne bis hinten hervorragend recherchiert zeigt. Gerade durch das lesenswerte Nachwort wird das klar. Buslau ist gut vorbereitet und kennt sich im damaligen Wien aus, kennt die Berufseigenheiten der Menschen und da er selbst Bratsche spielt und Reiser eben dies auch tun lässt, kann man den Gedankengängen über die Musik und die Proben und die Musiker genau mitverfolgen und nachvollziehen. Kenntnisse der Neunten Sinfonie sind nicht vonnöten, erleichtern aber das Verständnis an einigen Stellen. (Hinweis d. Red.: Die Sinfonie dauert ca. 80 Minuten, der Chor singt erst im vierten Satz, der eine knappe halbe Stunde dauert.)
Durch Buslaus klare Sprache gibt es keine Längen, und alle Personen sind standesgemäß gezeichnet und dargestellt. Neben Beethoven lässt Buslau weitere Prominenz des damaligen Wien auftauchen, natürlich die historischen Beteiligten der Aufführung, aber auch andere wie den Komponisten Franz Schubert, Beethovens Neffen Karl, den Geiger Piringer und Fürst Lechnowsky. Alle Figuren machen Sinn und sind nicht nur dabei, um erwähnt zu werden. Und an Ende ist auch der Titel treffend gewählt.
Fazit:
Oliver Buslau hat einen spannenden, temporeichen Kriminalroman um die Uraufführung von Beethovens Neunter Sinfonie in Wien entwickelt, der die Handlung natürlich sein lässt und nicht aufgesetzt, nur um die Sinfonie und Beethoven irgendwie mit einzubetten. Die 490 Seiten aus dem Hause Emons vergehen wie im Fluge und wurden verdientermaßen als Hardcover mit passendem Lesezeichen produziert. Ein gelungener Beitrag zum Beethovenjahr 2020, in dem man des Meisters 250. Geburtstages gedenkt.
Oliver Buslau, Emons
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