Die Kinder von Nebra
- Lübbe
- Erschienen: März 2020
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Markus Weber (Illustrator)
Die Macht des Wissens
Rana zweifelt. Das junge Mädchen wird von Ihrer Mutter, einer Priesterin der Göttin Destarte, dazu animiert, sich ebenfalls zur Priesterin weihen zu lassen. Doch noch fühlt sich Rana den Anforderungen nicht gewachsen. Viel lieber streift sie durch die Wälder und geniesst ihre Freiheiten. Erst als sie in die Hände des Fürstensohns Arrak und seiner Freunde gerät, ahnt sie, dass die Kindheit vorbei ist.
Zwar wird sie von Egill und Toki, zwei Alben, aus der brenzligen Situation gerettet, doch Arrak hat an der jungen Nebroni-Frau Gefallen gefunden und will sie um jeden Preis haben. Arrak verzehrt sich ausserdem nach der Anerkennung seines Vaters, des Fürsten Orkon, der mit eiserner Hand über die verschiedenen Klans der Ruotinger herrscht. Orkon wünscht sich von seiner Ehefrau Morgana einen Sohn, um ihn anstatt des Bastards Arrak zu seinem Erben zu machen. Um Rana habhaft zu werden, überfällt Arrak mit seinem Gefolge Ranas Dorf Altorp und richtet dort Tod und Verwüstung an. Durch eine von ihrem Vater – dem Schmied von Altorp – hergestellte Scheibe, auf der der Zeitenverlauf am Himmel zu sehen ist, versucht die junge Priesterin Rana verzweifelt, die Klans auf ihre Seite zu bringen und sich gegen Orkon und damit die Helminger aufzulehnen. An ihrer Seite kämpft Hakun, Sohn des Klanherrn der Harruner. Doch die Übermacht der Helminger ist gewaltig.
Den Sinn erfassen
Hat wirklich ein Schmied namens Utrik aus Altorp die berühmte Himmelsscheibe von Nebra gefertigt? Nach dem Roman „Die Kinder von Nebra“ von Ulf Schiewe ist man geneigt daran zu glauben. Denn der Autor hat es verstanden, der geheimnisvollen Bronzescheibe eine spannende und schlüssige Geschichte zu verpassen. Unabhängig davon, wer der tatsächliche Urheber der Scheibe ist, vermag der Leser nach dieser Lektüre den Sinn der Scheibe und ihre historische Bedeutung zu erkennen. Dass jede einzelne der Figuren, die in diesem Roman vorkommen, eine Überzeugungskraft und Vielschichtigkeit mit sich bringt, macht das Buch zu einem echten Lesegenuss. Das, obwohl die Einteilung der Charaktere in „gut“ und „böse“ von Anfang an klar ist und damit wohl als einer der wenigen kleinen Schönheitsmakel etwas stark das gängige Klischee bedient.
Ulf Schiewe hat die Welt der Ruotinger gut aufgearbeitet und erklärt. So fällt es leicht, sich auf die eigentliche Erzählung einzulassen und für ein paar höchst unterhaltsame Stunden in eine völlig unbekannte Welt einzutauchen, um wie benebelt schliesslich wieder daraus aufzutauchen – nicht ohne den Wunsch in sich zu verspüren, die Himmelsscheibe mit eigenen Augen zu sehen.
Überzeugender Service
Es bleibt nicht bei einem spannenden und aufschlussreichen Roman – auch der Service, der dazu geboten wird, ist überzeugend. Ulf Schiewe macht es seinen Lesern mit einigen Glossars leicht, die vielen Figuren einzuordnen und hilft mit Hintergrundinformationen, etwa über die verschiedenen Götter, das Gesamte zu sehen. Damit hält der Leser einen aussergewöhnlich facettenreichen Roman in Händen, der ganz unterschiedliche Anforderungen erfüllt und einen nachhaltig positiven Eindruck hinterlässt. Dazu gehört auch eine leicht gängige Sprache und die geschickte Mischung von Information und Fiktion.
Fazit:
„Die Kinder von Nebra“ gehört zu jenen Werken, die sich im Genre der historischen Romane im Spitzenfeld behaupten können. Unterhaltsam geschrieben, überzeugend aufgebaut und mit allem versehen, was einen guten Roman ausmacht, bietet Ulf Schiewe mit diesem Buch hohen Lesegenuss.
Ulf Schiewe, Lübbe
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