Das Erbe der Päpstin
- Rütten und Loening
- Erschienen: September 2020
- 6
Kommt nicht aus dem Schatten des Romans „Die Päpstin“ heraus
Dorstadt im Jahre 837: Die Dänen fallen in die Stadt ein, morden, rauben und brandschatzen. Die junge Gisla wird verschleppt und im Heimatdorf des Wikingeroberhaupts Björn als Sklavin gehalten. Siebzehn Jahre später hat sie zwei Töchter von ihm und wird bei dem Versuch, diese zu schützen, von ihm ermordet. Freya muss die Tat mit ansehen und ersticht ihn in Notwehr. In Panik flieht sie mit ihrer Schwester Asta und weiß keinen anderen Ausweg, als ihre Familie in Dorstadt zu suchen. Dort kennt man ihren Großvater Gerold allerdings nicht mehr; zu viele Jahre sind vergangen.
Nach einem Hinweis wendet sich Freya nach Rom, während ihre Schwester in Dorstadt bleibt. Tatsächlich findet sie ihren Großvater, der Superista bei der päpstlichen Garde und dem neu gewählten Papst Johannes, der niemand geringerer als Päpstin Johanna ist, treu ergeben ist. Gemeinsam schmieden sie einen Fluchtplan, der allerdings scheitert. Freya kann nur mit Hilfe des Kommandanten Aristid entkommen und muss erneut fliehen, als ihr Leben durch Hugo Abbas, einem grausamen Attentäter, gefährdet ist.
Immer wieder kreuzt sich ihr Weg mit dem Hugo Abbas‘, aber auch Aristid wird ein fester Bestandteil ihres Lebens, der sie nicht nur ins Frauenkloster im Chiemsee führt, sondern bis nach Paris.
Brutal-blutige Beschreibungen, der Zeit angemessen
Die Wikinger haben niemanden verschont, die Autorin Helga Glaesener tut es ihnen auf dem Papier gleich. Die Zeit war gewalttätig und bestialisch, weshalb es nicht verwunderlich ist, wenn die beschriebenen Szenen dies widerspiegeln. Dennoch bleibt man als Leser außen vor und kann nicht richtig in die Geschichte eintauchen, was an den episodenhaften Erzählungen liegen mag, die zu schnell vorbei sind.
Hinzu kommt, dass die Sprache steril wirkt, die Personen unnahbar erscheinen. Man fremdelt mit den Charakteren, weil zu wenig über sie berichtet wird. Beispielsweise werden die Monate der Flucht in wenigen Sätzen abgehandelt. Da bleiben einige Fragen offen.
Nachvollziehbarkeit der Handlungen fehlt
Manche Szenen scheinen willkürlich aus dem Leben der Protagonisten herausgepickt zu sein, so dass man nicht weiß, warum sie überhaupt erzählt werden. Als ein Mädchen bei einer wichtigen Rede Aristids auf die Bühne tritt, hält man die Luft an, weil man etwas Ungeheuerliches oder Aufregendes erwartet, aber die Szene verpufft bedeutungslos.
Wieso lässt Aristid Freya unbeaufsichtigt im päpstlichen Palast zurück? Warum erzählt die Amme Paullas Freya, die sich widerrechtlich Zugang zu dem Haus verschafft hat, von den Komplikationen? Durch diese eher verwirrenden Aktionen und Reaktionen ist es kaum möglich, die Schritte der Personen nachzuvollziehen oder sich mit ihnen zu identifizieren.
Dennoch ist die Epoche interessant und die Eigensinnigkeit und der Lerneifer Freyas bewundernswert, denn so kann sie den Menschen mit ihren medizinischen Kenntnissen helfen, auch wenn ihr Argwohn und Aberglaube entgegenschlagen.
Fazit
Der Hinweis „inspiriert von dem Roman „Die Päpstin“ von Donna W. Cross“ trifft es gut, denn messen kann sich „Das Erbe der Päpstin“ mit der Vorlage leider nicht. Es gibt spannende Momente und faszinierende Szenen, vor allem wenn Freya als Medizinerin tätig ist, aber sowohl die Handlung als auch die Charaktere kommen einfach zu kurz. Mehr Details, um die Personen greifbarer zu machen, sie besser einschätzen zu können und besser kennenzulernen, wären wünschenswert gewesen.
Helga Glaesener, Rütten und Loening
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