Commissaire Le Floch und das Gift der Liebe
- Blessing
- Erschienen: Juni 2019
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Michael von Killisch-Horn (Übersetzung)
Der Commissaire unter Verdacht
Paris, Anfang Januar 1774. Nicholas Le Floch muss auf einer Feier bei seiner Geliebten Julie de Lastérieux mit ansehen, wie sie mit einem anderen Mann kokettiert. Wütend verlässt er die Wohnung und kehrt nach einiger Zeit zurück, nachdem er sich beruhigt hat. Doch dort hat sich nicht viel geändert, und nachdem er eine Flasche Wein erobert hat, verlässt er wiederum das Haus und begibt sich zu seinen Freunden. Diese teilen ihm am nächsten Morgen mit, dass seine Geliebte tot aufgefunden wurde, vermutlich vergiftet, und er, Nicholas, ist aufgrund seines Verhaltens am Vorabend verdächtigt, der Täter zu sein.
Glücklicherweise glaubt keiner seiner Freunde an seine Schuld, allerdings muss er aufgrund seiner Stellung erst einmal aus der Schusslinie genommen werden. Sein Assistent Pierre Bourdeau übernimmt die Ermittlungen, und er wird nun verkleidet dessen Assistent, und sie untersuchen die Wohnung des Opfers. Hier findet Le Floch Hinweise, die nur er als nahestehender Geliebter erkennen kann. Nun erst recht schicken ihn seine Freunde nach Versailles, um ihn von den Ermittlungen fernzuhalten.
König Ludwig XV. schickt ihn auf eine geheime Mission nach England, wo er einen Mann stellen soll, der mittels eindeutiger Briefe Adelige in Frankreich erpresst. Auf dem Weg dorthin wird Le Floch beinahe Opfer mehrerer Anschläge, und es steht zu vermuten, dass diese mit dem Giftmord in Verbindung stehen. Doch wer will unbedingt, dass Nicholas Le Floch sein Leben lässt?
Mehr Privatleben
In seinem bereits vierten Fall ist Commissaire Nicholas Le Floch erstmals selber Verdächtiger einer Gewalttat und muss zunächst zusehen, wie gegen ihn ermittelt wird, kurioserweise muss er es zum Teil sogar selbst tun. Unterstützung bekommt er von seinem Assistenten Bourdeau und von seinem Vorgesetzten Sartine, und auch weiß er den Hof von Versailles auf seiner Seite, was gute Voraussetzungen sind, letztlich muss er trotzdem seine Unschuld beweisen. Geschickt streut der Autor die Hinweise, die erst nach und nach gefunden und erfahren werden und die über einen längeren Zeitraum andauern, als es Le Floch eigentlich lieb sein kann. Zumal es neben seiner Geliebten weitere Opfer zu beklagen gibt.
Da kommt es ihm auf der anderen Seite recht, dass der König ihn persönlich auf eine Mission nach England schickt, sein erster Ausflug auf die Insel, in höchst geheimer Mission und doch wird er noch einmal von Madame du Barry, der Favoritin des Königs aufgehalten, damit sie ihm viel Glück wünschen kann. Sie ist wie mehrere andere auch Opfer von Erpressungsbriefen geworden, und man hat herausgefunden, dass sich der Verfasser der Schriften in London befindet. Nicholas soll versuchen, ihn umzustimmen und ihn zum Einlenken bewegen. Doch auf der Fahrt nach England geschehen mehrere Anschläge auf ihn. Wer weiß von seinem Ausflug, und woher wusste die du Barry davon, vor der es eigentlich geheim gehalten wurde?
Der König ist tot – es lebe der König
Mit Le Flochs Rückkehr nach England beginnt eine Phase des Romans, in dem er viel unterwegs ist, wo aber nicht viel passiert und man gewissermaßen auf der Stelle tritt. Man kann sich nicht beklagen, dass es langweilig ist, aber irgendwie geht es nicht weiter. Ein weiterer Stillstand ist Anfang Mai des Jahres zu verzeichnen, allerdings steht hier ganz Versailles still, denn Ludwig XV. liegt im Sterben und Nicholas wacht neben der engsten Familie an seiner Seite. Diese Tage ist beeindruckend geschildert, die letzten Tage des Königs gut protokolliert, sowohl die Begebenheiten um ihn selbst als auch um den Hof um ihn herum. Man bringt sich in Stellung, Vertreter von Adel und Klerus warten auf neue Nachrichten, man streitet sich um die Verabreichung der Sterbesakramente oder auch nicht, und die Zeit steht still. Als der König tot ist, kommt ein interessanter Mechanismus in Gang, wer wem folgt, wer nicht, welche Stühle gerückt werden, Madame du Barry muss Versailles verlassen und Posten werden neu besetzt. Das ist interessant und flott zu lesen und verständlich beschrieben.
Jean-François Parot versteht es wie in den Vorbänden, den Leser in die Zeit der 1770er zu entführen und die Verhältnisse zwischen Paris und Versailles, Hof und Volk, wunderbar zu beschreiben, angereichert mit einer Prise Humor und einer gewissen sprachlichen Delikatesse schifft er sich durch das Geschehen und hält den Leser mühelos bei Laune. Wer es schafft, die französischen Adelsnamen und die zahlreichen Straßen- und Ortsnamen fehlerfrei im Tempo auszusprechen, sollte selbst mit einem Orden belohnt werden.
Sprachlich wundervoll
Insgesamt ist der vierte Le Floch-Roman leichter und flüssiger als seine Vorgänger. Das Personal ist bekannt und muss nicht mehr vorgestellt werden, im Gegenteil, man kann sich auf persönliche Eigenarten wie die Sammlung von Perücken von Le Flochs Chef Sartine beziehen und es somit ein wenig mehr menscheln lassen. Auch Nicholas‘ Privatleben wird weiter durchleuchtet und immer wieder Teile seiner Vergangenheit dargestellt, so dass man sich in der Le Floch-Welt immer heimischer fühlt. Doch der König ist tot, es lebe der König, und man wird sehen, wie sich in den folgenden Bänden die Personalien verschieben, die, wie im 40seitigen Anhang dargestellt wird, tatsächlich real waren und somit den Lauf der Zeit beschreiben.
Fazit:
Nicholas Le Flochs vierter Fall ist vielleicht nicht so spektakulär wie die Vorgänger, daher aber geschlossener und intensiver. Da er selbst als Verdächtiger dasteht, wird es automatisch persönlicher, was der Kompaktheit zugutekommt. Die letzten Tage des Königs sind intensiv und beeindruckend beschrieben, man wird sehen, wie es mit dem bekannten Personengefüge unter der neuen Krone von Ludwig XVI. weitergeht. Daher darf man auf sich auf weitere Bände am Vorabend der Französischen Revolution freuen. Noch sind es 15 Jahre, aber wie schnell vergeht die Zeit…
Jean-François Parot, Blessing
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